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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Menschheit, Gesegneter und Verkannter«, sprach der Mann am Kopfende wie bei einem Gebet.
    »Ewige Ehre gebühre ihm«, riefen die Männer und Frauen mit geschlossenen Augen.
    »Wir wissen um deine Größe, Judas Ischariot, und wir tragen dein Erbe in uns, auf dass du ewig lebst und wir den Menschen Heil und Rettung bringen, so wie du es von uns verlangst.«
    »In deinem Geiste werden wir handeln«, murmelte die Cognatio. »Das schwören wir.«
    Ischariot schloss ebenfalls die Augen. Schweigen senkte sich über die Versammlung. Scylla wagte kaum zu atmen.
    Es dauerte einige Zeit, bis alle zwölf gleichzeitig die Lider hoben. Auf ein Zeichen Ischariots setzten sie die Perücken wieder auf. »Damit erkläre ich die Zusammenkunft der Cognatio für beendet«, verkündete er. »In einem Vierteljahr sehen wir uns wieder, wie es die Tradition unserer uralten und ewigen Gesellschaft verlangt. Ich erwarte neue Ergebnisse von Euch.«
    Die Versammlung erhob sich, Bücher wurden zusammengeklappt, Dokumente raschelnd eingesammelt; die Männer und Frauen strebten nacheinander der Treppe zu.
    »So, wie er darauf drängt, könnte man meinen, dass seine Zeit bald abläuft«, kommentierte Baronin Metunova, ohne die klare Stimme auch nur ein bisschen zu dämpfen, und lächelte dabei hinter ihrem weißen Fächer. Sie hatte sich noch nicht bewegt und die Schriften um sich herum nicht angerührt.
    Ischariot schritt an ihr vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Im Vorbeigehen sagte er: »Eure Sorge um mein Wohl berührt mich sehr, liebe Baronin.« Er versuchte, gleichmütig zusein, aber man hörte deutlich, wie sehr ihn die Worte reizten. »Aber ich versichere Euch, dass ich Euch überleben werde.«
    »Dann solltet Ihr selbst bald Ergebnisse bringen, Ischariot. Soweit ich weiß, seid Ihr viel, viel älter als ich.« Sie fächerte betont langsam.
    Scylla hielt den Atem an. Sie glaubte, dass Ischariot sich jeden Augenblick umdrehen und zuschlagen würde, die Wut sprang ihm förmlich aus den Augen. Doch er ging weiter und verließ den Raum; im Vorbeischreiten winkte er einen der Barone zu sich. Der Auserwählte raffte seine Bücher zusammen, nickte in die Runde und eilte hinterher. Auch für Scylla wurde es Zeit, in ihre Kammer zurückzukehren. Sie wartete einen günstigen Augenblick ab, rutschte an dem Pfeiler nach unten, eilte in die Mühle und rannte die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Weil sie ahnte, dass Karol bald nach ihr sehen würde, warf sie sich mitsamt der Kleider am Leib auf ihr Lager und deckte sich zu.
    Was hatte es mit dem Wortwechsel über das Alter des Umbra auf sich? Nach welchem Ergebnis suchte Ischariot so dringend? Welches Spiel mochte er spielen? So viele Fragen huschten durch ihren Kopf, die sie ihrem Vater nicht stellen konnte, ohne sich zu verraten!
    Es dauerte wirklich nicht lange, da fiel Karols Schatten auf sie; anhand der Schritte wusste sie, dass er nicht allein gekommen war. Sie spürte die zärtliche Hand ihres Vaters auf der Stirn und murmelte leise, um ihn glauben zu machen, dass sie wirklich schlummerte. Nur gut, dass weder er noch seine Begleitung hören konnten, wie laut ihr Herz schlug.
     
    »Das ist sie also?«, sagte Baronin Metunova, die mit Karol an Scyllas Bett getreten war. Sie klang sowohl neugierig als auch erstaunt.
    »Ja, das ist sie, Lydia.« Karol betrachtete das schlafende Mädchen,das entgegen seiner Angewohnheit das Laken bis an den Hals hochgezogen hatte. »Meine Tochter. Meine Elevin.«
    »Dreizehn Jahre und doch schon so gescheit, wie ich an den Arbeiten sah, die Ihr mir sandtet«, flüsterte die Baronin. »Wann wird sie der Cognatio vorgestellt?«
    »Ich muss sie erst auf das vorbereiten, was ihr bevorsteht. Und damit meine ich nicht das Fachliche.« Karol nahm die Augen nicht von seiner Tochter. »Ich werde es ihr noch nicht offenbaren, aber sie wird einmal eine bessere Gelehrte und Forscherin sein als ich. Ihre Auffassungsgabe ist unglaublich, und ihr Verstand ist in der Lage, jeden Ekel und jegliches Grauen abzuschalten, wenn sie präpariert oder seziert.« Stolz und Bewunderung schwangen in seiner Stimme mit. »Ihr hättet sie sehen sollen, als sie der Upirina gegenüberstand und sie angriff!«
    Lydia sah Karol an. »Dann kann ich mir berechtigte Hoffnung machen, dass wir endlich ein Mittel gegen die übelste aller Krankheiten finden.«
    Er nickte. »Das könnt Ihr. Ich hoffe nur, dass der nächste Ischariot kein einfältiger Idiot wie Jaminski sein wird.«
    »Ihr beschwert

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