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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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wirkte. »Ich habe sie aber ausfindig machen und vernichten können, ehe sie Schlimmeres anrichtete. Die Untersuchung des lebendigen Leichnams ergab leider nichts Neues, sonst hätte ich es in meinem Vortrag vorhin zur Sprache gebracht.«
    Ischariot beugte sich vor, nahm Tinte und Feder und machte sich einen Vermerk. »Somit haben wir so gut wie keine gravierenden Vorfälle in den letzten zehn Monaten zu verzeichnen. Abgesehen von dem Üblichen«, gab er nach einem langen Blick auf das Papier bekannt. »Ich bin sehr zufrieden mit der Cognatio.« Er sah, dass noch jemand seine Hand gehoben hatte. » Baron Illicz?«
    »Verzeiht mir, dass ich erst jetzt etwas zur Sprache bringe,was von großer Wichtigkeit sein könnte. In mein Haus ist ein Umbra eingedrungen, und ich habe den Verdacht, dass es nicht zufällig geschehen ist«, sagte Karol und blickte zu Carzic. »Ich wollte Euch die Möglichkeit geben, selbst davon zu berichten, Baron. Wollt Ihr nun etwas dazu sagen?«
    Carzic hüstelte in die angespannte Stille hinein. »Es könnte … nun … durchaus sein, dass es meiner war.«
    »Ist das etwa der Umbra, den Ihr schon vor der letzten Versammlung gefangen gehalten habt?«, donnerte Karol. »Der Umbra, den Ihr schon längst hättet töten sollen?«
    Carzic überhörte die Anklage, sondern sah zu Ischariot. »Er ist mir entkommen, als ich ihn für eine Untersuchung vorbereitete. Es tut mir leid. Aber bedenkt bitte, welche Ergebnisse ich erzielt habe! Es ist mir gelungen, ihn länger am Leben zu erhalten, als es bisher möglich schien.«
    »Ihr haltet Euch also einen regelrechten Haus-Umbra?«, merkte Metunova an. »Wie niedlich! Werdet Ihr eine Zucht eröffnen, Carzic?« Diesmal stimmte fast die gesamte Cognatio in das spöttische Gelächter ein. Nur Karols Ärger war noch lange nicht verflogen.
    »Ich dachte, es gäbe eine Abmachung, dass wir die Schattenkriecher nicht zur Forschung heranziehen. Weil sie
gefährlich
sind!«
    Carzic sah ihn böse an. »Aber sie sind für meine Untersuchungen perfekt. Auf diese Weise erfahren wir viel eher, ob wir dem Geheimnis auf der Spur sind oder nicht. Ich habe ihm bereits vier Monate mehr verschafft. Das ist die Verdopplung seiner normalen Lebenszeit.«
    »Die er genutzt hat, um in
mein
Haus einzudringen und
meine
Elevin in Gefahr zu bringen.« Karol starrte Carzic an. »Sie ist eine beherzte junge Frau und hat ihn in die Flucht geschlagen, aber es hätte ebenso gut sein können, dass die Cognatio mich in tiefer Trauer um meine Tochter vorgefunden hätte.«
    »Aber …«
    »Schweigt, Baron!«, unterbrach Ischariot die Verteidigungsrede. »Illicz ist im Recht. Ihr werdet keinerlei Experimente mehr mit diesem oder einem anderen Umbra anstellen.« Er zeigte mit dem Federkiel auf Carzic. »Ich gebe Euch eine Woche, ihn zu fangen und zu töten. Gelingt es Euch, so seid Ihr von Eurer Schuld befreit. Danach ist die Jagd für alle freigegeben – und Ihr, Baron Carzic, werdet mit schweren Folgen zu rechnen haben.«
    Der Gemaßregelte legte die linke Hand auf der Höhe seines Herzens an die Brust und verbeugte sich tief. Es sah sehr unterwürfig aus. Karol schnaubte verächtlich.
    Ischariot legte die Feder auf den Tisch. »Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, beende ich diesen Teil unseres geschätzten Zusammentreffens.« Als niemand sich meldete, nickte er befriedigt und hob die Hände zur Perücke. »Gedenken wir nun also dem Mann, dem wir unsere Existenz verdanken. Erheben wir uns zu Ehren des wahren Gläubigen, dem die Christenheit so viel schuldet«, sagte er und stand auf. »Er wird eines Tages den gerechten Lohn für seine heilige Tat erhalten.«
    Die Männer und Frauen, darunter auch Karol, folgten seinem Beispiel, erhoben sich und legten die Finger an den eigenen Kopfschmuck.
    »Lasst uns feierlich schwören, sein Andenken jetzt und für alle Zeiten zu bewahren!« Ischariot hob die Perücke an. Darunter kam kurzes, rotes Haar zum Vorschein, das verschwitzt am Schädel lag.
    Die Cognatio tat es ihm nach. Noch mehr Rot leuchtete auf, in allen Schattierungen von einem satten Kupferton und einer kräftigen Farbe, die an Blut erinnerte, bis hin zu rötlichem Blond.
    Scylla sah zu ihrem Vater und erkannte seinen dunklen, lockigen Rotschopf. Der Anblick irritierte sie immer wieder. SeitScylla in der Mühle lebte, hatte sie Karol höchstens zwanzig Mal ohne seine Perücke gesehen. Nur an ganz heißen Sommertagen legte er sie für ein paar Momente ab.
    »Judas Ischariot, Retter der

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