Kinder Des Nebels
erschreckend viele, welche die Blüte ihrer Jugend schon lange hinter sich gelassen hatten. Es waren Männer, die weise genug gewesen waren, den Wahnsinn von Yedens Plan zu erkennen - und die anderen waren noch so jung, dass sie genug Angst davor gehabt hatten.
Kelsier schüttelte den Kopf.
Das ist meine Schuld.
Er hatte ihnen übernatürliche Hilfe versprochen. Er hatte sich selbst glorifiziert, hatte Yeden in die Mannschaft aufgenommen und ganz beiläufig darüber geredet, das Unmögliche möglich zu machen. War es da ein Wunder, dass Yeden geglaubt hatte, er könne das Letzte Reich frontal angreifen, wo Kelsier ihm doch ein solches Selbstvertrauen geschenkt hatte? War es ein Wunder, dass die Soldaten diesem Mann gefolgt waren, wenn man bedachte, welche Versprechungen Kelsier ihnen gemacht hatte?
Nun waren sie tot, und Kelsier war dafür verantwortlich. Der Tod war nichts Neues für ihn - genauso wenig wie das Versagen. Aber er konnte das Zucken in seinen Eingeweiden nicht vermeiden. Die Männer waren zwar im Kampf gegen das Letzte Reich gestorben, was für jeden Skaa ein guter Tod war, aber der Gedanke, dass sie in der Hoffnung gestorben waren, irgendeinen göttlichen Beistand von Kelsier zu erhalten, war für ihn höchst beunruhigend.
Du hast gewusst, dass es hart wird,
sagte er zu sich selbst.
Du hast begriffen, welche Bürde du auf dich nimmst.
Aber mit welchem Recht hatte er dies getan? Sogar Mitglieder aus seiner eigenen Mannschaft - Hamm, Weher und die anderen - waren der Ansicht, das Letzte Reich sei unbesiegbar. Sie folgten ihm, weil sie an ihn glaubten und weil er seine Pläne in einen Diebesauftrag eingebettet hatte. Nun aber war ihr Auftraggeber tot. Ein Späher, den er zum Schlachtfeld geschickt hatte, hatte Yedens Tod bestätigt. Die Soldaten hatten sein Haupt auf einen Speer neben der Straße gesteckt, zusammen mit den Köpfen von einigen Offizieren.
Den Auffrag gab es nicht mehr. Sie hatten versagt. Die Armee existierte nicht mehr. Es würde keine Rebellion und keine Eroberung der Stadt geben.
Schritte näherten sich. Kelsier hob den Blick und fragte sich, wer hier noch die Kraft hatte, aufrecht zu stehen. Vin lag zusammengerollt neben Kelsiers Baumstumpf und schlief auf der harten Erde; nur ihr Nebelumhang diente ihr als Kissen. Das andauernde Verbrennen von Weißblech hatte das Mädchen ausgelaugt, und sie war buchstäblich in den Moment zusammengebrochen, in dem Kelsier den Befehl zum Anhalten für die Nacht gegeben hatte. Er wünschte, er könnte dasselbe tun. Doch er war erfahrener als sie, was das Weißblech anging. Auch sein Körper würde irgendwann erschöpft sein, aber er konnte ihn noch ein wenig wach halten.
Eine Gestalt trat aus dem Nebel und humpelte in Kelsiers Richtung. Der Mann war alt - älter als alle, die Kelsier rekrutiert hatte. Er musste schon seit langem den Rebellen angehören und war vermutlich einer der Skaa, die in den Höhlen gelebt hatten, bevor Kelsier diese für sich beansprucht hatte.
Der Mann suchte sich einen großen Stein neben Kelsiers Baumstumpf aus und setzte sich seufzend darauf. Es war erstaunlich, dass ein so alter Mensch mit dem Soldatenzug hatte mithalten können. Kelsier hatte die Gruppe schnell vorwärtsgetrieben, weil er so viel Raum wie möglich zwischen sie und das Höhlensystem hatte bringen wollen.
»Die Männer werden unruhig schlafen«, sagte der alte Mann. »Sie sind es nicht gewöhnt, draußen im Nebel zu sein.«
»Es bleibt ihnen nichts anderes übrig«, erwiderte Kelsier.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Vermutlich nicht.« Er saß eine Weile schweigend da; der Ausdruck seiner alten Augen war undeutbar. »Du erkennst mich nicht, oder?«
Kelsier dachte nach und verneinte schließlich. »Es tut mir leid. Habe ich dich rekrutiert?«
»In gewisser Weise. Ich war einer der Skaa auf Graf Trestings Plantage.«
Überrascht öffnete Kelsier den Mund und bemerkte schließlich, dass ihm das kahle Haupt und die müde, aber dennoch starke Gestalt irgendwie vertraut vorkamen. »Der alte Mann, bei dem ich in jener Nacht gesessen habe. Dein Name war ...«
»Mennis. Nachdem du Tresting getötet hattest, haben wir uns in die Höhlen zurückgezogen, wo uns die Rebellen aufgenommen haben. Die meisten von uns sind irgendwann weitergezogen und zu anderen Plantagen gegangen. Aber einige sind geblieben.«
Kelsier nickte. »Du steckst dahinter, nicht wahr?«, sagte er und deutete auf das Lager. »Hinter den Vorbereitungen.«
Mennis zuckte die
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