Kinder Des Nebels
sie auszuräuchern.«
Weher runzelte die Stirn. »Wenn wir das tun, legen wir unsere Karten auf den Tisch.«
»Denk doch einmal an den Schaden, den sie anrichten«, wandte Kelsier ein. »Marsch sagt, in diesen Stationen gibt es jeweils mindestens drei Besänftiger und einen Sucher. Das macht zusammen hundertunddreißig Nebelinge aus dem Ministerium. Um eine solche Zahl zusammenzubekommen, müssen sie im gesamten Zentralen Dominium rekrutiert worden sein. Wenn wir sie alle gleichzeitig ausschalten könnten ...«
»Wir sind niemals in der Lage, so viele zu töten«, gab Docksohn zu bedenken.
»Wir könnten es, wenn wir dazu den Rest unserer Armee einsetzen«, sagte Hamm. »Die Soldaten sind allesamt irgendwo in den Elendsvierteln untergebracht.«
»Ich habe eine bessere Idee«, verkündete Kelsier. »Wir heuern andere Diebesbanden an. Wenn wir zehn Mannschaften zusammenbekommen und jeder von ihnen drei Stationen zuteilen, können wir die Stadt innerhalb weniger Stunden von den Besänftigern und Suchern des Ministeriums befreien.«
»Dann müssten wir den einzelnen Banden aber einen engen Zeitrahmen setzen«, meinte Docksohn. »Weher hat Recht. Es ist ungeheuer schwierig, so viele Obligatoren an einem einzigen Abend zu töten. Es würde nicht lange dauern, bis sich die Inquisitoren rächen.«
Das stimmt, Dox. Die zeitliche Abstimmung ist das Wichtigste dabei.
»Würdest du dich darum kümmern? Such dir passende Banden aus, aber warte, bis wir uns über den zeitlichen Ablauf geeinigt haben, bevor du ihnen die Lage der Besänftigungsstationen mitteilst.«
Docksohn nickte.
»Gut«, freute sich Kelsier. »Da wir gerade von den Soldaten sprechen: Hamm, wie geht es ihnen?«
»Eigentlich besser, als ich erwartet hatte«, antwortete Hamm. »Sie haben ihre Ausbildung in den Höhlen hinter sich gebracht und sind jetzt ziemlich gut. Und sie halten sich für die ›loyalere‹ Abteilung der Armee, da sie nicht gegen unseren Willen Yeden in die Schlacht gefolgt sind.«
Weher schnaubte. »Das ist eine passende Art und Weise, die Tatsache zu übersehen, dass sie drei Viertel ihrer Armee in einem taktischen Fehler verloren haben.«
»Es sind gute Männer, Weher«, verteidigte Hamm sie fest. »Und die Toten waren es auch. Rede nicht schlecht über sie. Ich mache mir aber Sorgen über das Versteck der Armee. Es wird nicht mehr lange dauern, und die eine oder andere Gruppe wird entdeckt werden.«
»Aus diesem Grund weiß keine Gruppe, wo die anderen sind«, sagte Kelsier.
»Ich will noch etwas über die Männer sagen«, fuhr Weher fort und setzte sich auf einen von Renoux' Stühlen. »Ich sehe ein, dass es wichtig ist, Hammond zu ihnen zu schicken, damit er sie weiter ausbilden kann. Aber warum werden Docksohn und ich gezwungen, sie ebenfalls zu besuchen?«
»Die Männer müssen wissen, wer ihre Anführer sind«, erklärte Kelsier. »Falls Hamm einmal verhindert sein sollte, muss schließlich jemand anderes das Kommando übernehmen.«
»Warum nicht du?«, fragte Weher.
»Du musst mich leider noch ein wenig ertragen«, meinte Kelsier lächelnd. »Es ist das Beste so.«
Weher rollte mit den Augen. »Dich ertragen ... das tun wir doch andauernd.«
»Gibt es Neuigkeiten aus dem Adel, Vin?«, fragte Kelsier. »Hast du etwas über das Haus Wager herausgefunden?«
Sie zögerte und sagte schließlich: »Nein.«
»Aber der Ball der nächsten Woche findet in der Festung Wager statt, nicht wahr?«, fragte Docksohn.
Vin nickte.
Kelsier betrachtete das Mädchen eingehend.
Würde sie es uns sagen, wenn sie etwas wüsste?
Sie erwiderte seinen Blick, und er konnte nichts in ihren Augen lesen.
Dieses verdammte Mädchen ist eine zu gute Lügnerin.
»In Ordnung«, meinte er. »Halt die Augen offen.«
»Das werde ich«, versprach sie.
*
Trotz seiner Müdigkeit konnte Kelsier in jener Nacht nicht schlafen. Leider konnte er auch nicht hinausgehen und die Korridore entlangwandern, denn nur gewisse Bedienstete wussten, dass er sich im Haus aufhielt, und er musste unbedingt in Deckung bleiben, nun da sein Ruf immer gewaltiger wurde.
Sein Ruf. Er seufzte, lehnte sich gegen das Balkongeländer und beobachtete den Nebel. In gewisser Weise ängstigten die Dinge, die er tat, sogar ihn selbst. Die anderen stellen ihn nicht mehr offen infrage, so wie er es sich von ihnen erbeten hatte, aber er wusste, dass sie sich an seinem wachsenden Ruhm störten.
Es ist gut so. Vielleicht werde ich das alles nicht brauchen, aber wenn doch, dann werde ich
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