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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Haushofmeister aus Terris so vorlaut wie du?«
    »Nur die erfolgreichen.«
    Vin sah ihn abschätzend an, dann seufzte sie. »Tut mir leid, Saze. Ich will deinen Unterricht nicht vermeiden. Es ist nur so, dass ... die Nebel ... manchmal bin ich einfach abgelenkt.«
    »Zum Glück lernt Ihr sehr schnell. Aber die Leute bei Hofe hatten ihr ganzes Leben lang Zeit, die Etikette zu studieren. Auch wenn Ihr nur eine bäuerliche Adlige darstellen werdet, gibt es doch einige Dinge, die Ihr wissen müsst.«
    »Das ist mir klar«, sagte Vin. »Ich will ja nicht auffallen.«
    »Ach, das könnt Ihr gar nicht vermeiden, Herrin. Als Neuankömmling aus einem fernen Teil des Reiches wird man auf Euch aufmerksam werden. Wir wollen bloß niemanden misstrauisch machen. Es muss so sein, dass man Euch beäugt und sich dann nicht weiter für Euch interessiert. Wenn Ihr Euch allzu sehr wie eine Närrin benehmt, wird das Verdacht erregen.«
    Großartig.
    Sazed verstummte und hielt den Kopf leicht geneigt. Einen Augenblick später hörte Vin Schritte draußen im Korridor. Kelsier platzte in den Raum und trug ein selbstgerechtes Grinsen zur Schau. Er zog seinen Nebelmantel aus und hielt inne, als er Vin sah.
    »Was ist los?«, fragte sie und sank noch ein wenig mehr auf ihrem Stuhl zusammen.
    »Dieser Haarschnitt steht dir ausgezeichnet«, sagte Kelsier. »Gute Arbeit, Cosahn.«
    »Das war doch nichts, Meister Kelsier.« Vin hörte geradezu, wie sie errötete. »Ich arbeite nur mit dem, was mir zur Verfügung steht.«
    »Einen Spiegel«, forderte Vin und streckte die Hand aus.
    Cosahn reichte ihr einen. Vin hielt ihn hoch, und was sie sah, ließ sie erstarren. Sie wirkte ... wie ein Mädchen.
    Cosahn hatte Beachtliches geleistet. Sie hatte dem Haar einen gleichmäßigen Schnitt verliehen und die langen, wirren Strähnen entfernt. Wenn ihr Haar zu lang wurde, neigte es immer dazu, nach allen Seiten hin abzustehen. Nun reichte Vin das Haar kaum mehr bis über die Ohren, und es lag glatt an.
    Sie dürfen dich nicht als Mädchen ansehen,
warnte Reens Stimme in ihr. Doch zum ersten Mal verspürte sie den Wunsch, diese Stimme nicht weiter zu beachten.
    »Vielleicht können wir dich ja doch in eine Dame verwandeln«, meinte Kelsier lachend, was ihm einen bösen Blick von Vin einbrachte.
    »Zuerst müssen wir sie dazu bringen, nicht so oft die Stirn zu runzeln, Meister Kelsier«, merkte Sazed an.
    »Das wird schwierig«, sagte Kelsier. »Sie schneidet so gern Grimassen. Wie dem auch sei, das hast du gut gemacht, Cosahn.«
    »Ich muss noch ein wenig daran tun, Meister Kelsier«, sagte die Frau.
    »Dann tu es«, sagte Kelsier. »Ich werde mir Sazed kurz ausleihen.«
    Kelsier zwinkerte Vin zu und lächelte Cosahn an; dann verließ er zusammen mit Sazed den Raum - und wieder einmal war Vin nicht in der Lage, ihn zu belauschen.
    *
    Kelsier warf einen vorsichtigen Blick zurück in die Küche und bemerkte, dass Vin mürrisch auf ihrem Stuhl saß. Ihr Haarschnitt war wirklich gut, doch seine Komplimente hatten noch einen anderen, verborgenen Grund gehabt. Er vermutete, dass man Vin schon viel zu oft gesagt hatte, sie sei wertlos. Wenn sie etwas mehr Selbstvertrauen besaß, würde sie sich vielleicht nicht mehr so oft verstecken.
    Er schloss die Tür leise hinter sich und wandte sich an Sazed. Der Terriser wartete wie immer mit respektvoller Geduld.
    »Wie kommt ihre Ausbildung voran?«, fragte Kelsier.
    »Sehr gut, Meister Kelsier«, antwortete Sazed. »Sie wusste bereits einiges, was ihr Bruder ihr beigebracht hatte. Außerdem ist sie ein besonders kluges Mädchen; sie ist sehr aufnahmefähig und kann gut auswendig lernen. Bei jemandem ihrer Herkunft hätte ich das nicht erwartet.«
    »Viele Straßenkinder sind klug«, sagte Kelsier. »Diejenigen, die es nicht sind, sind tot.«
    Sazed nickte ernst. »Sie ist außerordentlich zurückhaltend, und ich spüre, dass sie den ganzen Wert meiner Lektionen noch nicht erkennt. Sie ist sehr gehorsam, findet aber schnell Fehler oder Missverständnisse heraus. Wenn ich ihr nicht genau sage, wann und wo wir uns treffen, muss ich oft das ganze Haus nach ihr absuchen.«
    Kelsier nickte. »Ich glaube, das ist ihre Art, ein wenig Kontrolle über ihr Leben zu behalten. Wie dem auch sei, eigentlich will ich von dir nur wissen, ob sie schon bereit ist oder nicht.«
    »Ich bin mir nicht sicher, Meister Kelsier«, erwiderte Sazed. »Reines Wissen ist nicht gleichbedeutend mit Fähigkeiten. Ich weiß nicht, ob sie schon die ...

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