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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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ihn?“ murmelte Eyjan.
    „Nicht so, wie ich Sven liebte“, erwiderte Bengta. „Aber Minik liebe ich auf andere Weise – für das, was er ist.“
    Es war nicht klar, wie gut ihr Mann dem Wasserfall von Worten hatte folgen können. Doch er errötete und sah auf verschämte Weise erfreut aus.
    „Meine Hoffnung und die Hallfrids liegt bei ihm“, fuhr Bengta fort. „Wo sonst ist Hoffnung für uns? Ich habe mit diesen Leuten mein ganzes Leben gesprochen, jede Stunde, die es mir möglich war. Wie euch ist auch mir klargeworden, daß der Fimbul-Winter auf dem Weg ist. Sie haben mir erzählt, wie sie Jahr für Jahr die Gletscher größer werden sehen, und das Meer friert jedes Jahr früher und taut später auf. Als ich endlich in einem schlechtgebauten Haus saß, ohne Feuer, zusammen mit drei Leichen, und mein Kind, schwach vor Hunger, in meinen Armen weinte, war ich überzeugt, wir müßten sterben. Wir in Vestri Bygd konnten uns an unser Elend klammern, bis es uns umbrachte, oder nach Süden ziehen, uns den beiden anderen Siedlungen – wenn die Bewohner aushalten – anschließen und Bettler sein. Die Inuit hingegen … Seht euch um! Sie haben etwas getan, wozu die Norweger immer zu stur sein werden, sie haben gelernt, wie man in diesem Land leben kann, das schließlich meine Heimat ist – und gut leben kann.
    Wenn du an meiner Stelle wärst, Eyjan, hättest du nicht freudig die Gelegenheit ergriffen, dich ihnen anzuschließen?“
    „Natürlich“, antwortete Eyjan. „Aber ich bin auch keine Christin.“
    „Was bedeutet mir die Kirche?“ rief Bengta. „Das Gefasel eines zittrigen Dummkopfes. Ich nehme das Risiko der Höllenflammen auf mich, ich, die ich durch das Eis der Hölle gegangen bin.“
    Ihr Stolz fiel von ihr ab. Plötzlich bedeckte sie die Augen und stöhnte: „Aber daß ich den Tod meines Vaters verschuldet habe … dafür werde ich lange Buße tun.“
    „Warum?“ fragte Eyjan. „Als du davonliefst, überfiel er unschuldige und hilflose Leute. Ich zweifle, ob du je geahnt hast, daß dieser strenge Mann eine so heftige Liebe für dich empfand. Als die Bluttat geschehen war – hatten die Verwandten der Erschlagenen da nicht das Recht, Rache zu nehmen und der Bedrohung ein Ende zu bereiten?“
    „Der Tupilak war mein Werk!“ schrie Bengta. „Mir ist das eingefallen, als sie mich, um Frieden zu haben, zurückschicken wollten. Ich habe Panigpak zugesetzt, bis er ihn machte. Ich war es!“
    Sie sank auf die Knie. „Ich habe ihm und allen anderen gesagt … was sie auch täten, das Kämpfen und Töten werde mit den schlechter werdenden Jahren immer schlimmer werden, solange die Norweger im Land blieben … aber wenn wir sie vertrieben, auch wenn es einigen von ihnen das Leben kostete – auch für diese würde es eine Gnade sein –, und ich glaubte es! Heilige Maria, Mutter Gottes, bezeuge, daß ich es geglaubt habe!“
    Eyjan hob sie auf und nahm sie von neuem in die Arme. Tauno sagte langsam: „Ich verstehe. Du wolltest, daß deine Verwandten, die du in deiner Jugend geliebt hast, das Land verließen, bevor es zu spät war. Und im nächsten Frühling hätte der Angakok, was auch geschehen mochte, sein Geschöpf zurückgerufen und auseinandergenommen, nicht wahr?“
    „J – j – ja“, stammelte sie an Eyjans Brust. „Doch dann tötete es meinen Vater!“
    „Wir sagten dir doch, er hat dich vor seinem Tod gesegnet“, erklärte Tauno. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Locken. „Und doch … seltsam … wie seltsam … daß der Tupilak nicht aus Haß, sondern aus Liebe gesandt wurde.“
    Schließlich hatte sich Atitak, Miniks zweite Frau, soweit beruhigt, daß sie bei der Zubereitung eines Festmahls helfen konnte. In dieser Nacht traten die Nordlichter in solchem Überfluß auf, daß sie die Hälfte des Himmels bedeckten.

 
11
     
    Der Sommer war vergangen, es war wieder Herbst. Das dänische Heidekraut blühte purpurn, die Beeren der Eberesche leuchteten, die Espen zitterten im Goldschmuck. Vom Mond der Jäger herab tönte das einsame Wanderlied der Gänse. Am Morgen dampfte der Atem, und gefrorene Pfützen knirschten unter den Füßen.
    Sonnenschein und Wolkenschatten jagten sich auf den Flügeln eines kalten Windes über das Land. Das Asmild-Kloster schenkte dem keine Beachtung. Viereckig, unter Eichen, deren letzte Blätter fielen, schienen seine Ziegelsteine vor der Heide, die sich dahinter erstreckte, doppelt rot zu sein. Das Kloster blickte über einen kleinen See auf Viborg

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