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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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erinnere. Aber wir sind … nun … von verschiedener Art, ich sterblich und … und du anders. Wie können wir uns jemals nahestehen?“
    „Ich habe bemerkt, daß deine Augen auf Tauno ruhen.“
    Hastig fragte Ingeborg: „Warum versuchst du es nicht bei Eyjan? Sie ist schön, während ich unscheinbar bin, sie gehört deiner Halbwelt an, und ich glaube, sie täte es gern – nicht, daß ich es bereue, Hauau, Lieber.“
    „Du wirst dich an den Geruch gewöhnen“, versprach er bitter.
    „Aber warum willst du mich haben?“
    Er blieb lange stumm. Schließlich wandte er sich ihr zu, die Fäuste geballt, und sagte: „Weil du eine wirkliche Frau und keine Angehörige des Feenreichs bist.“
    Sie hob die Augen zu ihm empor. Ihr Körper verlor seine Steifheit. „Mein Volks hat das deine erschlagen“, gestand sie wie bei einer Beichte.
    „Das ist Hunderte von Jahren her. Wir sind auf dem Land nahezu vergessen, und der alte Groll ist es mit uns. Ich lebe in Frieden, weit weg auf Sule Skerry – Wind, Wellen, Möwen sind die einzigen, die zu mir sprechen, Napfschnecken und Seepocken die einzigen Nachbarn –, in Frieden, ausgenommen tosende Stürme und Haie, während Winter auf Winter folgt – aber manchmal wird es eintönig, kannst du das verstehen?“
    „Nackter Fels, das leere Meer, ein Himmel über dir, aber kein Himmel, in den du gelangen kannst … Oh, Hauau!“ Ingeborg legte ihre Wange an seine Brust. Er streichelte sie mit unbeholfener Zartheit.
    „Aber warum hast du dich nicht anderswo umgesehen?“ fragte sie, nachdem sein Herz dreimal zwanzig langsame Schläge getan hatte.
    „Das habe ich, als ich noch jünger war, ich bin weit herumgekommen, und viel habe ich gesehen. Aber im allgemeinen wollten die Feenleute, denen ich begegnete, nicht viel mit mir zu tun haben. In ihren Augen war ich häßlich, und sie blickten nicht tiefer, denn für sie liegt nichts unterhalb der Haut.“
    Ingeborg hob den Kopf. „Das ist nicht wahr. Zumindest ist nicht jeder in der Halbwelt so. Tauno … Tauno und Eyjan …“
    „Aye, es hat den Anschein. Es ist gut von ihnen, daß sie für ihre Schwester sorgen. Trotzdem … in Menschen wie dir liegt mehr. Ich kann es nicht benennen. Eine Wärme, eine Art zu lieben … Liegt es daran, daß ihr wißt, ihr müßt sterben, und deshalb die kurze Spanne, die euch bleibt, nutzen wollt? Oder ist es ein Funke der Ewigkeit … eine Seele? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich es in einigen Männern und in mehr Frauen gespürt habe wie ein Feuer in einer kalten Nacht … Du hast es, Ingeborg, hell und stark, und es macht mich froher, als ich je gewesen bin. Schätze dich in all deinem Leid glücklich, weil du so lieben kannst, wie du es tust.“
    „Ich?“ fragte sie erstaunt. „Eine Hure? Nein, du irrst dich. Was weißt du schon von der Menschheit?“
    „Mehr als du glaubst“, erwiderte er ernst. „Von Zeit zu Zeit habe ich deine Welt betreten, und nicht immer bin ich sofort wieder hinausgeworfen worden. Denn obwohl mein Anblick und mein Geruch nicht angenehm sind, bin ich doch ein starker, beständiger Arbeiter. Wie sollte ich denn sonst die Sprache oder die Seemannskunst erlernt haben? Ich bin unter den Menschen herumgegangen, und manche Frauen haben mich in ihrem Heim willkommen geheißen, und einige wenige – kannst du es glauben? – einige ganz wenige haben mir Liebe geschenkt.“
    „Ich verstehe, warum sie es getan haben“, flüsterte sie.
    Schmerz verzog sein Gesicht. „Keine eheliche Liebe. Könnte denn ein Ungeheuer wie ich in einer Kirche getraut werden? Es ist immer nur für kurze Zeit gewesen. Länger haben die Reisen mit den Männern gedauert – es waren viele. Am Ende mußte ich natürlich auch sie verlassen, denn sie wurden alt, und ich nicht. Zehn Jahre sind auf meiner Insel vergangen, bis ich den Mut fand, mich wieder unter die Sterblichen zu mischen. Die Zeit wäre noch länger gewesen, hätte eine Frau mich geküßt.“
    „Muß ich dir also schließlich auch weh tun?“ Ingeborg stellte sich auf die Zehenspitzen und zog seinen Kopf zu sich herab. Mund legte sich auf Mund.
    „Das wäre es wert, Liebes“, antwortete er. „Was für Träume werde ich in den Wolken weben, welche Lieder wird der Wind von dir singen! Und jede stille, sternenerleuchtete Nacht wird mir die Erinnerung zurückbringen, bis zum Ende meiner Tage.“
    „Aber du wirst so allein sein.“
    Er versuchte, sie zu beruhigen. „Das ist nicht schlimm. Wenn mein Tod naht, wird es wegen

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