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Kinder

Kinder

Titel: Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seibold
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um die Straßenecke
geschafft, da entdeckte Hype sie doch noch.
    »Da sind sie!«, rief er zu seinen Freunden, und schon rannten alle
vier den beiden anderen hinterher.
    Zwei Straßen weiter hatten sie sie eingeholt. Lukas war ohnehin
nicht der geborene Sprinter, aber er hatte es obendrein nicht übers Herz
gebracht, den furchtbar langsamen Kevin zurückzulassen.
    In der Einfahrt zu einer Tiefgarage wurden Kevin und Lukas
schließlich gestellt, und die vier anderen bildeten einen engen Kreis um sie.
    »So«, höhnte Marius, »da haben wir ja beide Chefloser beieinander!«
    Claas sah sich nervös um, aber Hype zischte ihn nur an: »Hast du
vorhin nicht aufgepasst?«
    »Hä? Aufgepasst? Wieso?«
    »Der Loserschutz ist aufgehoben!«
    »Äh … wie?«
    Hype verdrehte genervt die Augen.
    »Du hast die Moeller doch gehört, oder?«
    »Ja, da haben sich wohl ein paar Eltern beschwert – Tabeas Alte wohl
auch, das hat die Moeller ja mehr als nur angedeutet.«
    »Das hast du also schon mal mitgekriegt«, grinste Hype. »Und dann
hat sie noch gesagt, dass sie künftig etwas stärker darauf achten wird, nicht
mehr wie bisher jeden Schüler seinen Veranlagungen gemäß zu behandeln – sondern
dass von nun an alle gleich behandelt werden sollen, damit sich niemand mehr
beschweren kann.«
    »Ja, klar hab ich das mitbekommen. Und was hat das jetzt hier mit
unseren beiden Losern zu tun? Ich schau mich halt um – nicht, dass uns die
Moeller noch mit dem Dicken erwischt und uns die Hölle heiß macht deswegen!«
    »Na, überleg doch mal«, schaltete sich nun Benjamin ein. »Wenn alle
gleich behandelt werden, wird sie unseren Dicken hier künftig auch nicht mehr
in Watte packen, oder?«
    Ein Lächeln hellte das Gesicht von Claas auf.
    »Ah, du meinst, wir dürfen …?«
    »Genau.«
    Kevin sah Lukas an und schluckte. Es sah ganz danach aus, als würde
genau jetzt sein Albtraum von vor ein paar Tagen wahr werden.
    Rosemarie Moeller hatte das Ganze von der
gegenüberliegenden Straßenseite aus beobachtet. Sie war gleich nach Schulschluss
aus dem Gebäude, über den Hof und die ersten Meter ihres Heimwegs gegangen –
und hatte dann, vor Blicken aus dem Schulhof weitgehend geschützt, hinter einer
Mauer mit aufgesetztem schmiedeeisernem Zaun gewartet.
    Sie wusste, dass Kevin auf dem Nachhauseweg in Sichtweite vorbeikam.
Und sie wusste, dass Lukas seinen Klassenkameraden Kevin inzwischen begleitete,
weil er aus irgendeinem Grund Angst vor Marius, Hype und noch zwei anderen
Jungs aus der Klasse hatte. Nun wollte sie sehen, ob die Schüler ihre Botschaft
von heute Morgen auch in vollem Umfang begriffen hatten.
    Als Kevin zu Boden ging, gönnte sie sich ein zufriedenes Lächeln und
wandte sich zum Gehen. Ihr Mann schien doch recht zu haben.
    Sarah traf auf halbem Weg zur Bushaltestelle ihren Bruder
Michael. Er wirkte schlecht gelaunt.
    »Ist was mit dir, Michael?«
    Statt einer Antwort brummte er etwas Unverständliches und schlurfte
weiter auf die Haltestelle zu.
    »Ich hab zwar nichts verstanden, aber ich nehme mal an, du bist mies
drauf – richtig?«
    Michael nickte und trottete weiter.
    »Hattest du die Moeller heute?«, versuchte sie einen Schuss ins
Blaue.
    Michael nickte und presste die Lippen fest aufeinander.
    »Und warum nimmt dich das so mit, wenn die beiden eins auf den
Deckel bekommen?«
    Sie hatten den gläsernen Unterstand erreicht, vor dem in ein paar
Minuten der Bus halten würde. Michael setzte seinen Schulranzen ruppig in einer
Ecke ab und lümmelte sich auf die Holzbank. Das Wetter war sonnig, also standen
die anderen, die schon da waren, in Grüppchen verteilt um den Unterstand herum.
    Michael sah mürrisch zu seiner Schwester auf, die abwartend vor ihm
stand, sagte aber kein Wort.
    »Wenn du mitbekommen hättest, wie die in unserer Klasse den Sören
fertiggemacht hat … Der wollte sich aufhängen, stell dir das doch mal vor!«
    »Pfff …«, machte Michael und sah trotzig drein.
    »Spinnst du, Kleiner?«, brauste Sarah auf. »Wenn Sören nicht
rechtzeitig von jemandem geholfen worden wäre, dann … dann … wäre der jetzt … tot!«
    Sarah stand mit geballten Fäusten vor ihm, und offensichtlich
kämpfte sie mit den Tränen. Michael musterte sie: Hatte seine große Schwester
womöglich etwas mit diesem Sören?
    »Komm, setz dich her«, sagte er.
    Erst zögerte sie, doch dann ließ sie sich neben ihrem Bruder auf die
Bank sinken. Sie kratzte sich an der Nase und wandte den Kopf nach oben, um die
Tränen zu

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