Kinderfrei
wäre ein Silberstreif am Horizont im Dunkel der Bevölkerungsmisere, wie etwa die Studie Global demographic trends and future carbon emissions belegt. Demnach könnten nämlich 16–29% der bis 2050 notwendigen Emissionsverringerung durch eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums erreicht werden. 88
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Gleichzeitig würde diese Methode den bei Weitem kostengünstigsten Weg zur Emissionsverringerung darstellen. 89
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Es hat wenig Sinn zu beklagen, dass Menschen in diesem Zusammenhang nur noch als Verbraucher von Ressourcen und Verursacher von Emissionen wahrgenommen würden. Natürlich sind sie viel mehr als das, nur eben nicht »aus Sicht« der Natur. Ein früher häufig benutzter Slogan der Umweltschutzbewegung bringt das sehr schön auf den Punkt: »Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur.« Wenn wir folglich davon sprechen, dass Menschen natürliche Ressourcen ausbeuten und für schädliche Emissionen verantwortlich sind, erkennen wir lediglich die schlichte Wahrheit an, dass jeder Mensch essen, trinken und atmen muss, mithin von funktionierenden ökologischen Systemen abhängig ist. Nur wenn diese grundlegenden Bedürfnisse erfüllt sind, hat der Mensch überhaupt erst die Chance, sein volles Potenzial zu entfalten und »so viel mehr« zu sein als eine Belastung für die Natur. Was müssen wir also tun, um das zu gewährleisten, welche Maßnahmen sind nötig?
Erstens muss dafür Sorge getragen werden, dass alle Frauen und Männer weltweit uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung und Familienplanung haben. Diese Forderung entspricht den Empfehlungen der Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen. In den am wenigsten entwickelten Ländern übersteigt der Bedarf an Verhütungsmitteln das Angebot bei Weitem. Die Anzahl der Frauen, die irgendeine Form der Verhütung anwenden, ist zwischen 1990 und 2007 zwar von 17 auf 31% gestiegen. Darüber hinaus haben jedoch nach wie vor 24% (1990: 26%) der Frauen ungedeckten Bedarf, d. h. sie wollen ihre nächste Schwangerschaft hinausschieben oder keine weiteren Kinder bekommen, können jedoch keine Verhütungsmittel verwenden. 90
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Weltweit haben mehr als 200 Millionen Frauen, die in einer sexuellen Beziehung leben, keinen Zugriff auf Verhütungsmittel, obgleich groß angelegte Studien zeigen, dass mindestens die Hälfte dieser Frauen keine weitere Schwangerschaft wünscht. 91
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Uneingeschränkten Zugang zu Verhütungsmitteln sicherzustellen, ist also auch eine Frage der Menschen- und insbesondere Frauenrechte, denn eine Verbesserung der Situation von Frauen, sowohl was ihre Gesundheit als auch ihre Rechte angeht, lässt sich nicht erreichen, ohne dass die Frauen zuerst die Kontrolle über ihren Körper und ihre Fruchtbarkeit erlangen. Auch die dramatischen Schäden, die das HI-Virus insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent anrichtet, sind ein gewichtiges Argument dafür, verstärkt den Einsatz von Verhütungsmitteln voranzutreiben. Damit allein ist es jedoch nicht getan. Die Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln hilft wenig, wenn Paare sich dennoch, ob aus kulturellen oder individuellen Gründen, große Familien wünschen. Ebenso wichtig ist es daher, die Menschen über die ökologischen Folgen des Bevölkerungswachstums aufzuklären und zu ermutigen, sich auf ein oder maximal zwei Kinder zu beschränken. Nun mögen Sie denken: schön und gut, doch was helfen ökologische Argumente dort, wo Menschen zur Altersversorgung auf Kinder angewiesen sind, weil es keine oder nur unzureichende Sozialversicherungssysteme gibt? Die Aufgabe, sich um alte Eltern zu kümmern, wurde und wird traditionsgemäß jedoch von nur einem Kind übernommen, etwa dem ältesten Sohn oder einer Tochter, die zu genau diesem Zweck unverheiratet bleiben muss. Und auch die wirtschaftliche Bedeutung von Kindern als Arbeitskräfte verkehrt sich aufgrund des Ungleichgewichts zwischen wachsender Bevölkerung einerseits und Land- und Wasserknappheit andererseits zunehmend in ihr Gegenteil.
Mit solchen Forderungen nach Geburtenkontrolle macht man sich nicht gerade beliebt. Bevölkerungspolitik ist immer ein heikles Thema. Dabei betreiben alle Staaten, die in irgendeiner Form die Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet regulieren, nichts anderes als Bevölkerungspolitik, denn diese wird definiert als staatliche Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die Größe und die Struktur der Bevölkerung zu beeinflussen. Was jedoch die konkrete
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