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Kinderfrei

Kinderfrei

Titel: Kinderfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Huber
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Steuerung von Geburtenzahlen seitens des Staates angeht, wurde Bevölkerungspolitik in der Vergangenheit zu oft mit Zwang durchgesetzt, egal, ob sie auf die Verringerung oder auf die Erhöhung der Geburtenzahlen ausgerichtet war. Zu nennen wäre hier beispielsweise die 1980 eingeführte Ein-Kind-Politik in China oder Indien unter Indira Gandhi. Während des Nationalen Notstands (1975–1977) wurde dort im April 1976 ein restriktives Familienplanungsprogramm eingeführt, mit dem innerhalb von nur sechs Monaten Millionen Frauen und Männer zwangsweise sterilisiert wurden. Umgekehrt verfolgte Ceau ş escu in Rumänien während der 1980er-Jahre eine aggressiv pronatalistische Politik, zu der auch erzwungene gynäkologische Untersuchungen von Frauen am Arbeitsplatz gehörten, um sicherzustellen, dass keine Schwangerschaften abgebrochen wurden. Allerdings fordert heutzutage niemand mehr derartige Zwangsmaßnahmen. Es geht im Gegenteil vielmehr gerade darum, Millionen Menschen weltweit aus einer Zwangslage zu befreien, die darin besteht, dass sie keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben und dadurch von vorneherein jeglicher Entscheidungsfreiheit beraubt sind.
    Es hat sich immer wieder gezeigt, dass Zwangsmaßnahmen, ganz abgesehen davon, dass sie elementare Menschenrechte verletzen, kontraproduktiv sind. Deshalb muss es einen anderen Weg geben, den der Aufklärung und Freiwilligkeit. Programme, die auf diesen Prinzipien beruhen, funktionieren nachweislich hervorragend. Das bestätigt ausgerechnet ein so unwahrscheinlicher Kandidat wie der Iran. Dort gelang es innerhalb von nur acht Jahren, von 1988 bis 1996, die Geburtenrate von 5,2 Kindern pro Frau auf 2,6 Kinder pro Frau zu halbieren. Dies wurde zum einen dadurch erreicht, dass das Recht der Frauen, ihre Fruchtbarkeit zu kontrollieren, gestärkt wurde – unter anderem dadurch, dass die islamischen Geistlichen Fatwas erließen, in denen sie der Vorstellung, der Islam verbiete Empfängnisverhütung, entgegentraten. Darüber hinaus wurde durch ein landesweites Netzwerk aus sogenannten »Gesundheitshäusern« für eine effektive Versorgung mit einer großen Bandbreite an Verhütungsmitteln gesorgt. Wohlgemerkt, es handelte sich hier um eine freiwillige Politik, dennoch sank die Geburtenrate im Iran genauso schnell wie in China. Andere Beispiele für eine erfolgreiche, freiwillige Stop-at-Two-Politik sind etwa Thailand oder Sri Lanka. 92
› Hinweis
Die meisten Frauen, wenn sie erst einmal die Wahl haben, entscheiden sich gerne für kleinere Familien, da die Vorteile für sie selbst und ihre Kinder so offensichtlich sind.
    Trotz dieser positiven Erfahrungswerte sehen sich Organisationen ebenso wie Individuen, die sich besorgt über das rasante Bevölkerungswachstum äußern und sich für Gegenmaßnahmen einsetzen, immer wieder und schockierend schnell mit dem Vorwurf des Imperialismus und Rassismus oder gleich generell der Menschenfeindlichkeit konfrontiert. Das dürfte letztlich auch der Grund für das seltsame Schweigen sein, dass das Thema Bevölkerungskontrolle in der Öffentlichkeit umgibt. Selbst Aktivisten, die sich für Naturschutz, Menschenrechte oder Entwicklungshilfe engagieren, räumen privat und hinter vorgehaltener Hand zwar ein, dass das Bevölkerungswachstum ein echtes Problem darstellt, öffentlich jedoch vermeiden sie es, zu diesem Thema Stellung zu beziehen. Selbsterklärte Anti-Rassisten, die sich über eine regulierende Bevölkerungspolitik in armen Ländern mit starkem Bevölkerungswachstum entrüsten, übersehen im Eifer des Gefechts ganz gerne, dass es in erster Linie die Menschen in ebendiesen Ländern selbst sind, die am meisten unter den dadurch verursachten Problemen leiden. Gerade in den am wenigsten entwickelten Ländern, in denen die Bevölkerung nahezu doppelt so schnell wächst wie in den übrigen Entwicklungsländern, nämlich 2,3% gegenüber 1,2% jährlich, 93
› Hinweis
hält die hohe Geburtenrate die Menschen im Teufelskreis der Armut gefangen und erschwert das Erreichen der international vereinbarten Entwicklungsziele im öffentlichen Sektor, etwa in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung. Allein um das derzeitige Verhältnis von Schülern zu Lehrern aufrechtzuerhalten, müssten in den am wenigsten entwickelten Ländern (wie z. B. Äthiopien, Somalia, Ruanda, Sudan, Tschad, Niger, Jemen) aufgrund der steigenden Anzahl von Kindern zwischen 5 und 14 Jahren etliche neue Schulen gebaut und 25% mehr Lehrer eingestellt werden. Eine

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