Kinderfrei
2009 erstmals mehr als eine Milliarde. 81
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Ein wichtiger Grund für den Rückgang der Ernteerträge liegt in dem Verlust fruchtbaren Bodens aufgrund von Übernutzung, Erosion und falschen Bewässerungsmethoden wie dem Fluten von Feldern; bei Verdunsten des Wassers lagern sich Salze im Boden ab, was diesen auf Dauer unbrauchbar macht. Ackerland geht jedoch nicht nur durch Erosion und Versalzung verloren, sondern auch aufgrund zunehmender Besiedlung und anderer Bebauung. Außerdem werden in dem Versuch, fossile Energieträger zu ersetzen, auf immer mehr Flächen Biomasse und Biotreibstoffe angebaut.
Und auch das Wasser wird knapper. Besonders beunruhigend ist, dass 18 Länder in den letzten Jahrzehnten ihre Nahrungsmittelproduktion durch Überpumpen ihrer Grundwasserspeicher erhöht haben, darunter die drei größten Getreideproduzenten Indien, China und die USA sowie viele Nahostländer. 82
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Ein dramatisches Beispiel ist Saudi-Arabien, das sich vor mehr als 20 Jahren von Getreideimporten unabhängig gemacht hat, indem es Wasser aus großen Tiefen aus einem fossilen Grundwasserspeicher gepumpt hat, um die Wüste zu bewässern. 2008 gab Saudi-Arabien bekannt, dass der Grundwasserspeicher größtenteils erschöpft sei und das Land seinen Getreideanbau verringern und 2016 ganz beenden würde. Im Irak, in Syrien und im Jemen führen sinkende Grundwasserpegel und austrocknende Bewässerungsgräben ebenfalls bereits zu verringerten Getreideernten. Besorgniserregend ist auch eine Studie der Weltbank, der zufolge in Indien 175 Millionen und in China 130 Millionen Menschen mit Getreide ernährt werden, das durch Überpumpen von Grundwasserspeichern produziert wird. 83
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Insgesamt lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in Ländern, in denen Grundwasserspeicher schneller entleert werden, als sie sich erneuern können. Zusätzlich werden durch extreme Wetterereignisse wie sintflutartige Regenfälle einerseits und Dürren andererseits Ernten vernichtet. Allein zwischen Oktober 2010 und Februar 2011 wurden Australien, Brasilien und Sri Lanka von verheerenden Fluten heimgesucht, während gleichzeitig Hitze und Dürre die Getreideernten in vielen Teilen Südamerikas erheblich beeinträchtigt haben. Hinzu kommt, dass die industrialisierte Landwirtschaft die Artenvielfalt bedrohlich reduziert hat. Nur sage und schreibe 15 Pflanzenarten liefern 90% der Nahrungsenergie, sprich Kalorien, die die Weltbevölkerung zum Leben braucht. Obendrein gibt es innerhalb der einzelnen Pflanzenarten immer weniger unterschiedliche Sorten. So sind beispielsweise seit 1960 90% aller alten Weizensorten verschwunden. Von den Problemen, die die Gentechnik auf den Feldern verursacht, etwa die zunehmende Resistenz gegenüber Pestiziden, mag ich jetzt gar nicht erst anfangen. Zudem ist mittlerweile auch klar, dass sich die Folgen des Klimawandels in der Summe eindeutig negativ auf die biologische Produktivität auswirken werden. 84
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Da bedarf es schon mehr als eines »vorsichtigen Optimismus«, um wie die FAO davon auszugehen, man könne die ca. 70% Ertragssteigerung erzielen, die nötig sein werden, um im Jahr 2050 9,1 Milliarden Menschen zu ernähren – vorausgesetzt, es bleibt überhaupt bei den 9,1 Milliarden. Vor allem, da circa 90% dieser Ertragssteigerung durch intensive Landwirtschaft erzielt werden sollen. Denn diese ist, was die Kunstdüngerproduktion, die Bewässerung, den Transport und den Betrieb der Maschinen anbelangt, massiv von billigen fossilen Energien abhängig, die sich jedoch dem Ende zuneigen.
Dabei stellt die Sicherstellung der Ernährung, so wichtig und dringend sie auch ist, wahrscheinlich noch nicht einmal das größte Problem dar. Die eigentliche Gefahr liegt nach Ansicht vieler Wissenschaftler in der Menge an Emissionen und Industrieabfällen, die wir der Biosphäre zumuten. Nicht nur CO2, das als ein Hauptverursacher des Klimawandels in aller Munde ist, auch der für Dünger verwendete Stickstoff ist hierfür ein beunruhigendes Beispiel, wie Karl Otto Henseling in seinem Buch Am Ende des fossilen Zeitalters erklärt: »Durch das exponentielle Wachstum von Industrie, Verkehr und industrialisierter Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg sowie veränderte Landnutzung haben die durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Stickstoffmengen die Größenordnung der im natürlichen biochemischen Stickstoffkreislauf umgesetzten Mengen bereits überschritten.« 85
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So sind etwa
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