Weinflasche aus dem Kühler, die eiskalt zu sein schien, denn auf der Oberfläche waren unzählige Wassertropfen zu sehen. »Schorle?«
»Gerne!«
Elke erzählte von ihrem Tag in der Firma und von Problemen mit den Kolleginnen, die sich an verheiratete Männer in der Firma ranmachten.
Markus hörte nur mit einem Ohr zu. Er dachte daran, wie oft er auf dieser Terrasse ge meinsam mit Lori gesessen hatte. Ob seine Frau sich mit Becky verstanden hätte? Schwer zu sagen, wahrscheinlich schon. Beide waren offene und freundliche Frauen und hatten ähnliche Interessen. Kunst, Politik, Natur. Er seufzte. Manchmal war es für ihn, als ob Lori wiederkäme. Als ob er nur lange genug warten müsste, dann würde alles gut werden. Aber es wurde nicht mehr gut. Sie kam nicht wieder.
»Meine Lieben«, Louise gähnte mit weit aufgerissenem Mund, »ich horche jetzt mal die Matratze ab. Wünsche euch noch einen netten Abend!« Sie stand auf, zwinkerte Elke zu und ging ins Haus.
»Ich werde auch besser heimfahren«, bemerkte Markus.
»Bleib doch noch ein bisschen, es ist gerade so nett hier!«
»Ja, richtig idyllisch!«
»Was ist eigentlich mit dieser Frau von neulich? Wirst du sie wieder treffen?«
Markus starrte in den dunklen Garten hinaus und dachte nach. Der lauernde Blick seiner Schwägerin fiel ihm ebenso wenig auf, wie ihre angespannte Körperhaltung.
»Ich weiß nicht, ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich unfreundlich zu ihr gewesen bin und sie im Unklaren gelassen habe. Das war nicht fair von mir. Nicht sie hat den Fehler gemacht, sondern ich.«
»Mag sein, trotzdem ist sie die Falsche für dich. Markus, verrenne dich da bloß in nichts!«
Er betrachtete sie. Ihr Gesichtsausdruck war ernst und ihre Augen hart. Im Mondlicht wirkte sie verführerisch, fast wie Lori damals. Wer beide Schwestern kannte, würde niemals glauben, dass sie so grundverschieden waren.
Markus roch ihr penetrant blumiges Parfum und dachte an den Geruch von Loris Haar, den er geliebt hatte. Oft hatte er sich abends darin vergraben und nie wäre ihm in den Sinn gekommen, dass ihm dieser Duft genommen werden könnte. Er hoffte, dass Elke in der Dunkelheit seine feuchten Augen nicht erkennen konnte.
»Ich werde immer für dich und Emmi da sein, das weißt du doch, oder?«
Elke nahm seine Hand und drückte sie. Ihre Finger waren kalt und schweißnass. Irgendwie unangenehm, aber er mochte ihr das nicht sagen; sie wäre beleidigt gewesen.
»Klar weiß ich das, ich bin dir auch dankbar dafür. Sehr sogar!«
Er stand auf, beugte sich zu ihr und drückte ihr rasch einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht und schlaf gut!«
Sie antwortete laut: »Gute Nacht, Markus!« Elke zog einen Schmollmund und schaute ihm lange nach.
Markus schlenderte gedankenversunken zu seinem Fahrrad. Lori und Rebecca geisterten in seinem Kopf herum; er war sich nicht sicher, was sie ihm sagen wollten. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass seine Frau mit der Amerikanerin einverstanden wäre.
22.
Rebecca versuchte seit zwei Stunden zu arbeiten, aber sie war zu aufgeregt. Heute sollte der Privatdetektiv seinen Bericht schicken. Sie blickte durch die hohe Glasfront ihres Büros auf den Charles River hinab, ihre Firma residierte an einer der besten Geschäftsadressen in Boston.
Immer wieder guckte sie nervös auf ihr iPhone. Plötzlich poppte das Zeichen auf, dass sie eine neue Mail auf die mittlerweile von der Sekretärin Jenny eingerichtete Webmail-Adresse bekommen hatte. Sie sah den Absender, Tottenham − Private Investigations. In wenigen Sekunden würde sie die Wahrheit über Markus erfahren.
Wollte sie das wirklich? Ihr Bauch schmerzte ; sie fühlte, wie ihr schlecht wurde. Los, mach die Nachricht auf! Abigail, die ernste innere Stimme, drängte sie, um dieses leidige Kapitel endlich abschließen zu können.
Sie atmete tief durch. Die blauen Augen des Deutschen waren eine Woche lang ihre Begleiter gewesen. Egal , wo sie war, überall schauten sie diese Augen an, verschmitzt, verliebt und sanft. Rebeccas Zorn war seit mehreren Tagen verflogen.
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Von : »Peter Tottenham«
An : »R. Roseman« < [email protected]>
Betreff : Special Investigations Markus Amrust
Dear Mrs. Roseman,
Bitte transferieren Sie die restlichen siebentausend Dollar auf mein Bankkonto, dann sende ich Ihnen, wie vereinbart, das komplette File über die Zielperson. Prüfe in einer Stunde meinen Account,