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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Martin.“
    Servaz aber dachte überhaupt nicht an den Schmerz noch an all die Jahre, die er gebraucht hatte, um sie zu vergessen. Er wurde sofort steif. Sie zog das Laken weg und legte sich auf ihn. Mit einem wohligen Druck rieb sie sich an seinem Bauch. Küsste ihn. Dann sah sie ihm tief in die Augen; ihre Pupillen waren geweitet, ein Lächeln stand auf ihren trocknen Lippen, und er fragte sich, ob sie im Bad nicht irgendetwas genommen hatte.
    Sie beugte sich nach unten und biss ihm plötzlich so fest in die Unterlippe, dass es blutete. Sie drückte ihre Hände fest an seinen Kopf, während er sie im Kreuz massierte und an einer Brustwarze saugte, die sich wie eine Knospe aufgerichtet hatte. Schließlich hockte sie sich rittlings auf ihn, umfasste seinen Schwanz mit den Fingern und stieß in dem Moment, in dem sie ihn in sich hineindrückte, ein sonderbares Röcheln aus. Das war früher ihre Lieblingsstellung, erinnerte er sich plötzlich, und kurz überfiel ihn eine verheerende Traurigkeit.
    War es die Nacht, der Mondschein, die Uhrzeit? Sie verausgabten sich beide derart, dass er sich ausgepowert und ratlos fühlte. Als sie wieder ins Bad ging, tastete er seine aufgebissene Lippe ab. Er hatte Kratzer am Rücken, und sie hatte ihn auch in die Schulter gebissen. Er spürte noch das Feuer unter seiner Haut, das Brennen ihrer Liebkosungen – und er lächelte ernst und triumphierend zugleich, ernst, weil er wusste, dass sein Triumph nicht von Dauer sein würde. Aber war es überhaupt ein Sieg? War es nicht ein Rückfall? Was sollte er davon halten? Wieder fragte er sich, ob Marianne vor dem Sex nicht etwas genommen hatte. Sein Unbehagen wuchs. Wer war die Frau in seinem Bett? Jedenfalls icht die, die er gekannt hatte …
    Sie kam ins Schlafzimmer zurück und warf sich aufs Bett. Dann küsste sie ihn völlig unvermittelt und mit einer Zärtlichkeit, die sie heute noch nie gezeigt hatte. Ihre Stimme war heiserer und tiefer als gewöhnlich, als sie sich auf die Seite wälzte.
    „Du solltest aufpassen: Mit allen Leuten, die ich liebgewinne, nimmt es ein böses Ende.“
    Er sah sie an.
    „Was meinst du damit?“
    „Du hast schon verstanden …“
    „Wovon redest du?“
    „Mit allen, die ich liebe, nimmt es ein böses Ende“, wiederholte sie. „Mit dir, damals … Mathieu … Hugo …“
    Ihm war, als würde eine Schar Ameisen seinen Bauch zerfressen.
    „Das stimmt nicht. Du vergisst Francis. Er scheint es ganz gut wegzustecken.“
    „Was weißt du schon über Francis‘ Leben?“
    „Nichts, außer dass er dich sitzengelassen hat, kurz nachdem du mich wegen ihm verlassen hast.“
    Sie durchforschte sein Gesicht nach einem Vorwurf.
    „Das glaubst du. Das glauben alle. In Wirklichkeit habe als Erste ich ‚stop‘ gesagt. Dann hat er überall herumposaunt, er hätte Schluss gemacht, es sei seine Entscheidung gewesen.“
    Er sah sie erstaunt an.
    „Und stimmte das nicht?“
    „Eines Tages, nachdem wir uns zum x-ten Mal angebrüllt hatten, habe ich ihm einen Zettel geschrieben, dass es aus ist ist …“
    „Und warum hast du dann das Gerücht nicht richtiggestellt?“
    „Wozu? Du kennst ja Francis … Es muss sich immer alles um ihn drehen …“
    Ein Punkt für sie. Sie sah ihn durchdringend an, und da war er, der Blick der Marianne von früher, voller Aufmerksamkeit, Scharfsichtigkeit und Zärtlichkeit.
    „Weißt du … als sich dein Vater umgebracht hat, war ich nicht überrascht … Fast als hätte ich schon gewusst, was passieren würde, diese ganzen Schuldgefühle, an denen du getragen hast - als wäre es schon passiert … Das stand irgendwo geschrieben …“
    „Senecas Ducunt volentem fata, nolentem trahunt “, sagte er düster.
    „Du und deine lateinischen Sentenzen. Verstehst du, deshalb bin ich gegangen. Du dachtest, ich hätte dich wegen Francis verlassen? Ich habe dich verlassen, weil du immer woanders warst. Abwesend, verfolgt von deinen Erinnerungen, deiner Wut und deinen Schuldgefühlen … Mit dir zusammen zu sein, das war, als müsste ich dich mit Gespenstern teilen, ich wusste nie, wann du bei mir warst und wann …“
    „Müssen wir wirklich jetzt darüber reden?“, sagte er.
    „Wann denn sonst? Natürlich habe ich danach gemerkt, was Francis wollte“, fuhr sie fort. „Als mir klar wurde, dass es nicht um mich ging, sondern um dich – dass er durch mich dir wehtun wollte –, habe ich ihn verlassen … Er wollte dich mit deinen eigenen Waffen schlagen, dir zeigen, wer von euch

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