Kindertotenlied: Thriller (German Edition)
hervor, um nachzusehen, ob Lucie auch fest schlief. Keine Sorge - ihre Schnarchgeräusche hätten als Tonspur für einen Katastrophenfilm über das große Erdbeben in Los Angeles dienen können.
[Dann müssen wir damit anfangen.]
[Und wie gehen wir vor?]
[Der Kreis soll sich am 17. treffen. Lassen sie nicht aus den Augen.]
[Ok. Und bis dahin?]
[Überwachen sie weiter. Pass auf. Haben dich entdeckt.]
Wieder wurde ihr unbehaglich, als sie diesen letzten Satz las. Sie erinnerte sich, was Sarah gesagt hatte: „Wir müssen sie im Auge behalten. Ich trau ihr nicht über den Weg“. Sie wollte gerade antworten: „Ok, bis morgen“, als ihr Handy erneut vibrierte und sie eine letzte Nachricht empfing:
[Sei echt vorsichtig. Im Ernst. Wenn einer von ihnen der Täter ist, sieht’s übel aus. Gute Nacht.]
Margot betrachtete eine ganze Weile den Satz dem leuchtenden Display. Schließlich schaltete sie das Gerät aus und legte ihn auf den Nachttisch. Dann tat sie etwas, was sie noch nie getan hatte: Sie verriegelte die Tür zu ihrem Zimmer.
24
Die Quelle
Es war 7:30 Uhr, Zlatan Jovanovic beobachtete die anderen Gäste des Café Richelieu, während er seinen Milchkaffee austrank und sein Croissant aufaß. Aus der alten Juke-Box sang Bruce Springsteen unterdessen Hungry Heart. Jovanovic erzählte jedem, der es hören wollte, dass er einen untreuen Ehemann, einen Gerichtsvollzieher, eine leichtfertige Ehefrau, einen Polizisten, einen kleinen Taschendieb oder einen Dealer im Handumdrehen erkannte. Der etwa fünfzigjährige Gast an der Theke zum Beispiel, in Begleitung zweier jüngerer Kollegen und in Anzug und Krawatte. Er hatte gerade eine SMS bekommen und lächelte beseelt. Keine berufliche Info und keine Nachricht von einer langjährigen Ehefrau zauberte einem Mann so ein Lächeln aufs Gesicht. Dabei trug der Mann einen alten Trauring am Finger. Nach der Art, wie sich der Mann anschließend straffte und seine Nachbarn mit überlegener Miene musterte, wäre Zlatan jede Wette eingegangen, dass seine Geliebte viel jünger war als er und ziemlich bombig. Jovanovic nahm einen weiteren Schluck von seinem Milchkaffee, wischte sich die Oberlippe ab und sah wieder auf den Typen. Er tippte eine schnelle Antwort. Ziemlich versiert , sagte er sich. Weniger als eine Minute später hörte man den doppelten Piepton einer SMS. Hm, sah ganz nach einer glatt laufenden Affäre aus … Dann sah er das kurze verärgerte Funkeln in den Augen des Mannes und wie er anschließend an den Nägeln kaute. Oh, oh! Hatte das Fräulein beschlossen, in die nächste Phase überzugehen? Vielleicht setzte sie ihn unter Druck, seine Frau zu verlassen. Das wollte der Typ mit Sicherheit nicht … Immer dieselbe Geschichte: Entgegen einem weitverbreiteten Vorurteil waren bei 70 Prozent der Scheidungen die treibende Kraft die Frauen, nicht die Männer. Die Männer waren feige. Jovanovic zuckte mit den Achseln, legte fünf Euro auf den Tisch und stand auf. Das war nicht sein Bier – aber es war nicht ausgeschlossen, dass die Ehefrau dieses Typen in naher Zukunft in seinem Büro auftauchen würde. Marsac war eine kleine Stadt.
Er grüßte den Barkeeper, ging über die Straße und betrat ein gelb gestrichenes Gebäude. Ein einziges Schild, aus vergoldetem Metall, am Eingang - seines: „Z. Jovanovic, Privatdetektei. Observationen/Überwachungen/Ermittlungen. Täglich rund um die Uhr für Sie da. Amtlich registriert.“ Das Wort ‚Detektei‘ war eine Übertreibung, denn Jovanovic war der einzige Detektiv in dieser Detektei, er hatte lediglich eine Sekretärin, die zwei Tage in der Woche etwas Ordnung in sein Chaos brachte. Das große Schild an der Tür im dritten Stock informierte umfassender: Ermittlungen wegen unlauteren Wettbewerbs, Beweislieferung, Ermittlungen über Kundenabwerbung, Überprüfung von Krankschreibungen, Überprüfung von Lebensläufen, Bonitätsprüfungen, Überprüfung von Dokumentenechtheit, Vermisstensuche, Unternehmensdiebstahl, Lauschabwehr, Sicherheitsaudits, Überwachung von Ehepartnern, Untreue-Ermittlungen, Kontakte Ihrer Kinder, Honorar je nach Komplexität der Ermittlungen und des personellen, technischen und logistischen Aufwands für unsere Teams. Wir unterliegen dem Berufsgeheimnis (Paragraph 226 Abs. 13 des neuen Strafgesetzbuchs), Ermittlungen in Frankreich und weltweit in Zusammenarbeit mit unseren bewährten Partneragenturen, unsere Berichte sind gerichtsverwertbar, unsere Detektive
Weitere Kostenlose Bücher