Kindheit bei Scientology: Verboten (German Edition)
Kopenhagen 1998, S. 290)
Hat eine »Org«, also eine in Deutschland so bezeichnete »Kirche« eine bestimmte Größe erreicht (will heißen, sie bringt genug ein für die Gesamtorganisation), dann kann es passieren, dass dieser »Org« der Status »Saint Hill« verliehen wird.
Der verantwortliche Scientologe in dem jeweiligen Bereich wird dann natürlich besonders hervorgehoben und gefeiert. Doch welche internen Auszeichnungen und Rechte mit der so ausgezeichneten Saint Hill-Größe dann verbunden sind, das variiert in den Darstellungen etwas. Vielleicht kann man sich auf die Beschreibung in dem von der Organisation herausgegebenen Werk »Was ist Scientology?« verlassen. Danach wird in den Saint Hill-Einrichtungen neben den üblichen Angeboten eine höhere Auditorenausbildung ermöglicht, die von einer »Klasse V Org« (entspricht intern der so genannten Saint Hill-Größe) übernommen wird. Diese höhere Stufe bezeichnen die Scientologen als »Power-Prozessing«. Vor allem dürfen dort mindestens die Stationen erklommen werden, die bis zu den so genannten«OT-Stufen« führen. Gemäß Berichten von ehemaligen Scientologen werden auch dort nur bestimmte OT-Stufen möglich gemacht. Die Weg bis zum OT (Operierenden Thetan) ist der Wunschtraum vieler, wenn nicht aller aktiven Mitglieder der Organisation. (Ausführlich nachzulesen im »Schwarzbuch Scientology«). Entsprechend viele Scientologen streben also gerade nach den Kursen in England.
So ist es nur allzu verständlich, dass Edwins Mutter so etwas wie Stolz empfunden haben muss, als ihr Sohn bereits in jungen Jahren in das Allerheiligste, die »Sea-Org« in Saint Hill, aufgenommen werden sollte. Saint Hill gilt als Teil der Elite- Einheit der gesamten Organisation. Dort tätige Scientologen haben natürlich auch besondere Ansprüche zu erfüllen:
»Die Kennzeichen eines jeden Mitglieds der Sea-Org sind Kompetenz und professionelle T ea marbeit, ganz gleich, wie vielfältig oder herausfordernd die zugewiesene Aufgabe auch sein mag. Neue Mitglieder werden einer gründlichen Ausbildung unterzogen, um ihre Fähigkeit zu steigern, ihre Umgebung zu konfrontieren und zu meistern.«
(Hubbard, Lafayette Ronald: Was ist Scientology? Kopenhagen 1998, S. 323)
So erfuhr auch Edwin bei seiner Ankunft in der »Sea-Org«, was auf ihn bei dieser besonderen gehobenen Ausbildung zukam. Ein nicht ganz unwesentliches Detail ist, dass die aufgenommenen »Sea-Org«-Mitglieder eine Art Arbeitsvertrag »für die nächsten Millionen Jahre« in der Organisation unterzeichnen. Die Vertragsverpflichtung sieht folgendermaßen aus:
»Auch wenn sie bindende Mitarbeiterversprechen eingehen und den Vorständen und Führungskräften der Kirchen unterstehen, in der sie tätig sind, ist das Ewigkeitsgelübde gegenüber der Scientology-Religion als Mitglied der Sea-Organisation eine grundlegende Voraussetzung für die Tätigkeit.«
(Hubbard, Lafayette Ronald: Was ist Scientology? Kopenhagen 1998, S. 323)
Die oben genannte »gründliche Ausbildung« für unseren neuen zwölfjährigen Mitarbeiter in England heißt »Estate Project Force« (EPF) und zeichnet sich dadurch aus, dass die in diesem Aufnahmeprojekt tätigen Mitglieder körperliche Arbeit verrichten müssen – nicht selten über 12 Stunden am Tag. Hubbards Schriften bezeichnen auch dieses als »Studium«. Darüber hinaus ist eine Einheitskleidung (zunächst ein Overall, dann nach Absolvierung des Aufnahmeprojektes die »Sea-Org«-Uniform) prägend für diese Elitetruppe.
Von dieser Zeit der Aufnahme gibt es aus allen der »Sea-Org« zuzurechnenden Einheiten ähnlich lautende Berichte, ob aus den USA, England oder Dänemark. Kinder und Jugendliche werden während der gesamten Zeit hart herangenommen. So erlebt auch Edwin z. B. das, was andere schon vor ihm mitgemacht haben. Aus seinem Kulturbeutel werden sein Deodorant, die parfümierte Seife und auch sein Duschgel entfernt. Grund: Wer parfümierte Produkte verwendet, hat wohl etwas zu verheimlichen. Hinter dem Schleier eines aufgelegten Duftes kann man anscheinend böses Gedankengut verbergen.
Edwins Tag beginnt früh. Er ist eingeteilt, eine Terrasse mitzubauen, also hat er Steine und auch schwere Müllsäcke zu tragen. Dagegen empfindet er die Arbeit im Garten, das Umgraben und Ähnliches eher als leichtere Aufgabe. Von der Beteiligung an einem Saunabau – wie von einer anderen Jugendlichen in den 90er-Jahren öffentlich in den deutschen Medien berichtet wurde –
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