Kindheit bei Scientology: Verboten (German Edition)
über ein Kind im RPF kam von Pat, die darauf beharrte, sie kenne ein sechsjähriges Kind (dessen Namen sie angab), das in das Programm in Los Angeles aufgenommen wurde, weil es »Out 2-D« sei – der Scientology-Ausdruck entweder für sexuelle Probleme oder Schwierigkeiten in der Familie (Kent-Interview mit Pat, 1997).«
(Gehirnwäsche im Rehabilitaton Project Force (RPF)
der Scientology-Organisation, Hamburg 2000, S. 46)
Diese dokumentierten Aussagen können als Beleg dafür gelten, dass es genau diese Strafmaßnahmen gibt. Dass es immer schwierig war und ist, von außen mehr Einblick gerade in die Vorgänge der »Sea-Org« zu bekommen, ist bei der Abschottungspolitik der Organisation nur allzu verständlich. Die trainierten Gehirne der Mitglieder – und das ist das wirklich Erschreckende – nehmen die Vorgänge nicht einfach nur hin, sondern sehen sie als völlig normal an. Wie soll man sonst den folgenden dokumentierten Bericht eines Mitarbeiters der »Cadet Org« werten, der einiges zu Papier gebracht hat, was ausgewertet werden konnte:
»[der entsprechende Mitarbeiter] schrieb, es gäbe ›verschiedene‹ Kadetten und ›abgehauene‹ Kadetten (d. h. Ausreißer, die Verf.), die in das Kinder-RPF gehören. Während die meisten der Kadetten sich besserten und ›produktiv‹ seien, gäbe es einen sehr kleinen Prozentsatz von Unruhe- und Störungsquellen, die die Bemühungen sabotierten, die Dinge in Ordnung zu bringen. (…) Um es zusammenzufassen: Einige der Kinder in der Cadet Org zeigten solche Störungen, dass sie davonliefen, und ein offensichtlich gestörter Jugendlicher hat sich selbst verstümmelt. [Seine] Reaktion bestand allerdings darin, dass er riet, den Jungen im Kinder-RPF-Programm streng zu überwachen, nicht jedoch die Empfehlung professioneller Beratung oder anderer professioneller Hilfe für ihn.«
(Gehirnwäsche im RPF, a. a. O., S. 47)
Nicht nur während der aktiven Zeit in der Organisation, sondern auch häufig danach haben viele Personen über einen langen Zeitraum kein Bewusstsein für das Unrecht, das dort Kindern und Jugendlichen geschieht. Es braucht Zeit in der realen Welt, um die übernommenen Maßstäbe in Denken und Verhalten wieder abzulegen. Es ist davon auszugehen, dass es einigen Aussteigern nie gelingen wird.
Abschließend sei gesagt, dass bei der Auswertung der Schriften und Aussagen von ehemaligen Mitgliedern zum Thema »Sea-Org« (und damit der formulierten Bedeutung für die Gesamtorganisation) keine Verwunderung darüber bestehen kann, dass Hubbard für kritische und ungehorsame Mitglieder besondere Strafen vorsah. Strafen, mit denen sich diese »rehabilitieren« können. Wer also aus scientologischer Sicht einen Fehler gemacht hat, soll wieder auf den rechten ideologischen Kurs gebracht werden. Demnach ist das von Hubbard geschaffene und nach wie vor existente RPF seiner Natur nach offenbar nichts anderes als ein »education camp«, ein Erziehungslager, wie es von totalitären Systemen bekannt ist.
Der Unterdrücker
Extremsituationen gibt es für Kinder immer dann, wenn sich die Eltern trennen wollen. So gibt es viele Berichte von gescheiterten Beziehungen, neuen Partnern und jeder Menge Patchwork-Familien aus der Scientology-Organisation. Aber das ist natürlich zunächst einmal nichts Außergewöhnliches. Solange sich die »Partnertauschbörse« innerhalb der Organisation abspielt und keine Probleme nach außen dringen, ist für die betroffenen Personen alles relativ »regelbar«.
Wenn es sich um die neue Beziehung zu einer Person innerhalb der Organisation handelt, ist es natürlich nicht gleichgültig, wer das im Einzelnen ist. Vertraulich bleibt ohnehin nichts – wie auch? Es gibt ja »Fallüberwacher« und »Ethikoffiziere«. So kann man davon ausgehen, dass es viele »Wissensberichte« gibt, in denen es um eine Schuldanerkenntnis auf der so genannten »Zweiten Dynamik«, der Ehe- und Sex-Dynamik, geht. Scientologisch ausgedrückt wird der entsprechende Ehebrecher oder die Ehebrecherin irgendwann formulieren, dass sie eine »Out 2-D« begangen hat, also eine außereheliche Beziehung eingegangen ist.
Natürlich bietet die Organisation auch Eheberatung an, das »Ehehandling«. Die »Sünder« werden befragt, und häufig spielt das Verfahren nach der Suche der »dritten Partei« eine Rolle: Wer hat die Situation verschuldet?
Diese »dritte Partei« gibt es jedoch nicht ausschließlich zu diesem Thema, denn Konflikte und Streitigkeiten
Weitere Kostenlose Bücher