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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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kleinen weißen Freunde aus Leverkusen.
    »Ich musste mitten in der Nacht zu den Kindern fahren«, entgegnete Mutter Tiedemann.
    »Welche Kinder?«
    »Die Kinder deiner Schwester, Niklas.«
    Erst jetzt hörte er im Hintergrund die Stimme seiner Nichte Lotte, die ihren Bruder herumkommandierte. »Was ist mit ihnen?«
    »Den Kindern geht es gut.«
    Es mochte daran liegen, dass Niklas zu viel getrunken hatte, aber die Worte seiner Mutter ergaben keinen Sinn. Er massierte seine pochenden Schläfen, und Oliver winkte wieder mit der offenen Wasserflasche.
    »Die ist noch halbvoll! Genauso wie du!«, stichelte er.
    »Überlass die Sprüche mir«, maulte Niklas, »ich werde dafür bezahlt.«
    »Inken ist im Krankenhaus«, schaltete sich seine Mutter wieder ein.
    »Was ist denn passiert?« Niklas blinzelte durch die Lamellen der Jalousien; draußen wurde es gerade erst hell.
    »Das kann ich dir jetzt nicht sagen. Es war ein Notfall.«
    »Okay, wir sind in einer halben Stunde da.« Niklas spürte, wie seine Knie weich wurden. Er sank aufs Bett und rieb sich die Augen.
    »Was ist los?«, wollte Oliver wissen.
    Niklas nahm die Wasserflasche und kippte sie sich über den Kopf.

3 : Rosenmontag
    »Bestimmt ist es K.r.e.b.s!« Magda Tiedemann empfing das Paar in Inkens Wohnung. Ihr dunkelgraues Haar war wie immer tadellos gescheitelt, aber sie wirkte müde. Sie trug einen der viel zu großen Pullover, in denen sich ihre Tochter seit der Scheidung vor den Männern versteckte. Frau Tiedemann, eine stämmige Frau, der die eigenen Kinder früh über den Kopf gewachsen waren, reichte er bis zu den Knien.
    »Quatsch!« Niklas hatte genug von ihren Andeutungen, doch er musste sich noch etwas bis zur Aufklärung gedulden, da das Paar nun begeistert von den Kindern umstürmt wurde. Lotte kicherte wie üblich, wenn Oliver sie küsste, weil sein 3-Tage-Bart sie kitzelte. Ihr Haar war frisch gewaschen und duftete nach Erdbeer-Shampoo. Hannes wollte heute nicht geküsst werden, denn seine Großmutter hatte ihm bereits einen Bart angemalt; dazu trug er ein Kopftuch, das ihn zum Piraten machte. So wie im letzten Karneval und im Jahr davor. Hannes hatte sich den Grund für das Verschwinden seines Vaters so zusammenphantasiert, dass er ein Seeräuber sei, der geschäftlich auf den sieben Weltmeeren zu tun hatte – aber eines Tages würde er zurückkehren und ihn holen.
    Das Geschrei der Kinder erinnerte Niklas an seine Kopfschmerzen, und so steuerte er geradewegs auf das Badezimmer zu, wo er zu seiner hellen Freude eine jungfräuliche Packung Aspirin entdeckte. Er spülte zwei Tabletten mit heißem und viel zu starkem Kaffee herunter. Oliver trank Kakao, den die Kinder glücklich mit ihm teilten, als machte ihn die Ablehnung von Koffein zu einem der Ihren.
    »Was ist jetzt mit Inken?« Niklas nahm am Frühstückstisch Platz. Die Wand vis-à-vis schmückte ein Poster von den St.-Pauli-Landungsbrücken bei Sonnenuntergang. Inken hatte eine unerklärliche Sehnsucht nach ihrer Heimatstadt. »Sie war doch sicher regelmäßig bei der V.o.r.s.o.r.g.e.«
    »So ist das nun mal.« Frau Tiedemann richtete ihren Scheitel, dabei hatte sich in den letzten Minuten nicht ein Haar von der Stelle bewegt. »Wer zwei kleine Kinder hat, um die er sich sorgen muss, der denkt als Letztes an sich selbst. Wir Mütter sind immer zum Schluss dran.«
    Alles, was seine Mutter an diesem Morgen sagte, klang für Niklas wie ein Vorwurf, aber das mochte daran liegen, dass er nur drei Stunden geschlafen und seine Dusche im Bett genommen hatte.
    Dass etwas mit ihr nicht stimmte, ahnte Inken – wie ihre Mutter nun erzählte – offenbar schon länger. Aus Angst hatte sie es immer wieder verschoben, sich untersuchen zu lassen. Erst als sie am Abend auf dem Höhepunkt eines Streits vom kleinen Hannes in die Brust gekniffen wurde, hatte sie plötzlich unerträgliche Schmerzen bekommen, und als auch die dritte und vierte Tablette nicht gegen das Stechen halfen, hatte sie sich von Mattis ins Krankenhaus bringen lassen.
    »Nach dem Anruf bin ich sofort zu ihr gefahren, damit jemand bei den Kindern ist, wenn sie aufwachen. Ihr wart ja spurlos verschwunden.«
    Das zynische Zucken ihrer Mundwinkel, das Niklas nur zu gut kannte, dazu der tadelnde Blick ihrer unbeweglichen kleinen Augen – es schien bereits ausgemacht, dass seine Mutter ihm bis in alle Ewigkeit vorhalten würde, dass er dieses eine Mal nicht erreichbar war, als seine Schwester ihn brauchte.
    »Wir haben gefeiert«, erklärte

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