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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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überlegt?«
    »Sag das nochmal!«, bat Niklas ihn.
    »Hast du’s dir überlegt?«
    »Nein, was du davor gesagt hast!«
    »Was?«
    »Den letzten Satz«, erklärte er ungeduldig. »Ich muss ihn nochmal hören.«
    »Dass weniger mehr ist?«
    Sie waren inzwischen bei den Umkleidekabinen angekommen, und Oliver schloss seinen Schrank auf.
    »Genau!« Niklas spürte das Feuerwerk in seinem Magen. »Sag es einfach nochmal, im ganzen Satz.«
    »Was bist du denn für ein Spinner? Erst trittst du mir in die Eier, und dann soll ich Sachen sagen!«
    Ein Sauna-Besucher, der in Unterhosen vor dem Spiegel stand und seine Haare stylte, starrte neugierig herüber.
    »Tu mir den Gefallen!«, flehte Niklas ihn mit unterdrückter Stimme an. »Ich lade dich zum Abendessen ein und erkläre dir dann alles. Sag es einfach nochmal, genauso wie eben.«
    »Weniger ist manchmal mehr«, sagte Oliver und ließ grinsend sein Handtuch fallen, »aber oft ist auch mehr mehr.«
    Niklas versuchte, ihn nicht anzustarren, obwohl kaum zu übersehen war, dass Olivers Körperfunktionen nicht dauerhaft unter dem Tritt gelitten hatten.
    »Etwas schneller, bitte, und ohne den Zusatz.«
    Niklas spürte dieses Kribbeln, wie immer, wenn er glaubte, den richtigen Claim für eine Kampagne gefunden zu haben. Dieses Mal fiel das Kribbeln besonders stark aus, und ihm kam es fast wie ein Orgasmus vor, als er Oliver seinen Chips-Slogan sagen hörte: »Vinegar ist manchmal mehr.«

    Als sich die beiden damals kennenlernten, hatte Oliver erst kurz zuvor herausgefunden, dass er eigentlich Männer liebte, und war umso entschlossener, nachzuholen, was er bis dato verpasst hatte. Da er im Gegensatz zu seinem Freund allzu langen Grübeleien nicht viel abgewinnen konnte, hatte er sein neues Leben schneller akzeptiert als Niklas das seine in zwanzig Jahren. Das sorgte anfangs für viel Frust auf beiden Seiten. Oliver wollte sein neues Leben mit allen Menschen teilen, doch Niklas war kein Freund von öffentlichen Knutschereien. Seine Bereitschaft zum Händchenhalten hatte sich auf wenige Kölner Hauptstraßen beschränkt, wo sie allerdings auch bald endete, weil sie jedes Mal einer Truppe von Halbstarken begegneten, die sich über das Paar lustig machten.
    »Wenn wir uns jetzt verstecken, haben die anderen gewonnen«, sagte Oliver, doch sein Freund ließ die Hände in den Hosentaschen verschwinden.
    »Tut mir leid, aber ich eigne mich nicht als Revoluzzer«, entgegnete Niklas mit großem Bedauern und zog Oliver in einen dunklen Hauseingang, um ihn zu küssen.
    Anfangs konnte er nicht genau sagen, ob oder warum er sich in Oliver verliebt hatte, wenn Nadja oder Inken danach fragten. Dafür, dass er ihn hin und wieder bei seiner Arbeit inspirierte, war Niklas dankbar. Er nannte ihn zärtlich seinen Muserich, manchmal auch sein Musenwunder, aber reichte das als Antwort?
    Auf seine Gegenfrage erhielt er verwirrende Auskünfte. Nadja behauptete, sie habe sich noch nie wirklich verliebt, wenigstens nicht in die Männer, mit denen sie Beziehungen hatte. Inken dagegen gab an, Wolfram verfallen zu sein, kurz bevor sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hätten, als sie nämlich beim Ausziehen das Loch in seinen Strümpfen entdeckt hätte und er versucht hatte, es vor ihr zu verbergen.
    Als sich auch sein Freund ein halbes Jahr nach der Sauna-Episode nach dem Stand seiner Gefühle erkundigte, begann Niklas zu zweifeln, ob er überhaupt verliebt war, und rettete sich wiederum mit der Gegenfrage. Oliver hatte sich gleich am ersten Tag verliebt, noch in der Umkleidekabine, als Niklas nach dem Anziehen seinen Schal genommen und auf den Millimeter genau geprüft hatte, ob die beiden Hälften auch gleich lang wären, bevor er die Enden verknotet hatte. So viel Sorgfalt fand er süß.
    Niklas verstand nicht, wie man sich ausgerechnet die peinlichsten Augenblicke aussuchen konnte, um sich zu verlieben, bis zu jenem Abend, kurz vor ihrem zweiten Jahr, als die Monster-AG ins Kino kam. Obwohl Niklas sonst kein Freund von »Kinderfilmen« war, ließ er sich dazu überreden, den Film anzusehen. Er war nicht nur überrascht, wie gut er sich amüsierte. Als Sulley, das gütig-grüne Monster, sich für immer, wie es schien, von der süßen Boo verabschieden musste, beobachtete er, wie Oliver sich verstohlen die Tränen aus dem Gesicht wischte. Niklas hatte eine Antwort gefunden.

    Magda Tiedemann konnte in die Freude über das junge Familienglück nicht recht einstimmen. Sie hatte sich im Laufe der

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