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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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alleinerziehenden Mütter verwiesen, die jeden Abend auf dem Sofa eine Flasche Rotwein leerten.
    »Ich werde es Oliver ausrichten. Gib den beiden Energiefressern einen Kuss von mir!«

    Die Reisen, die Niklas in Olivers Stadt unternahm, liefen nie ohne Komplikationen ab, und auch heute erging es ihm nicht besser. Zuerst verpasste er fast die richtige Ausfahrt, dann ließ man ihn auf dem Ring ewig bei dem Versuch versauern, die Spur zu wechseln. Und schließlich musste er sich noch an einer roten Ampel eines rastalockigen Gelegenheitsarbeiters erwehren, der ihm gegen seinen erklärten Willen die Scheibe putzte und dabei auch noch seinen Wischer abbrach.
    Niklas fluchte. Kein Wunder, dass er nie mit Köln warm wurde. Er hatte die allergrößte Sympathie für die jahrhundertealte Fehde zwischen den beiden Städten, auch wenn er nicht genau wusste, worauf die sich gründete.
    Nach einer Dreiviertelstunde erreichte er endlich das Café, in dem sich Oliver mit Eva treffen wollte. Doch sie waren nicht mehr da. Er versuchte seinen Freund anzurufen, doch der ging nicht dran. Niklas lief verzweifelt den Ring zwischen Friesenplatz und Rudolfplatz auf und ab; die Menschen, die ihm begegneten, erschienen ihm heute Abend noch unsympathischer als sonst. In drei Tagen war Rosenmontag, und entweder waren sie albern verkleidet oder betrunken; meistens beides.
    Nach einer Viertelstunde kam endlich der erlösende Rückruf. Olivers Stimme klang euphorisch, als hätte er einen Schatz gehoben. Er und Eva hätten sich so gut verstanden, dass sie noch essen gegangen waren.
    »Komm doch auch, du wirst sie lieben!« Er nannte ein Lokal in einer Seitenstraße; Niklas war keine fünf Minuten von ihnen entfernt.
    »Ich muss noch was arbeiten«, log Niklas, der nicht zugeben mochte, dass er bereits in Köln war. »Wir sehen uns morgen.«
    Danach lief er zu dem Restaurant und spähte vorsichtig durchs Fenster. Es dauerte eine Weile, bis er seinen Freund entdeckt hatte. Er trug die blaue Baseballkappe, die die Farbe seiner Augen aufnahm. Eva saß mit dem Rücken zu ihm. Die beiden plapperten unaufhörlich; wenn Eva etwas erzählte, lachte Oliver so laut, dass es bis auf die Straße zu hören war. Plötzlich sah er zum Fenster. Niklas duckte sich schnell. Hatte er ihn gesehen? Er lief ein paar Meter die Straße hinauf und verschwand in einem Hauseingang. Von dort hörte er Olivers Stimme.
    »Niklas, bist du das? Hey, Nikki!«
    Er wartete in seinem Versteck, bis er die Tür des Restaurants sich öffnen und wieder schließen hörte. Dann lief er einen Umweg zu seinem Auto, um nicht nochmal an dem Fenster vorbeizumüssen, und fuhr mit hochrotem Kopf heim.
    Mattis, der vorübergehend bei Niklas wohnte, vergrub schnell seinen Joint in einem Blumentopf, als er hörte, wie der Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde. Breitbeinig saß er auf dem alten Louis-Philippe-Sofa, das mit seinen geschwungenen Formen und dem geschweiften Schnitzwerk nicht nur einen klaren Kontrast zur schlicht und kantig gehaltenen Biedermeier-Schreibkommode bildete, sondern auch zu Mattis selber. Seit der Zeit im Gefängnis wuchs seine blonde Mähne nur langsam wieder nach, und die dunklen Schatten unter seinen Augen wollten offenbar gar nicht mehr verschwinden.
    »Und wie war sie?«, fragte er, ohne den Blick vom blanken Busen der Quiz-Moderatorin im Sportfernsehen zu nehmen.
    »Kannst du den reparieren?« Niklas ließ sich mit seinem kaputten Scheibenwischer neben Mattis aufs Sofa fallen und versuchte den süßlichen Geruch, der im Wohnzimmer lag, zu orten.
    »Wow, Alter! Hat sie den abgebrochen?«
    »Quatsch! Eva ist … ganz nett.«
    Mattis grinste. »Du kannst die Olle nicht ausstehen!«
    Niklas konnte ihm nichts vormachen, dafür kannten sie sich zu lange. Er trank einen Schluck von Mattis’ Bier und suchte ein Programm, das um diese Uhrzeit noch angezogene Frauen beschäftigte. Die Nachrichten brachten einen Beitrag von einem vernachlässigten Kind aus Niedersachsen, das die Eltern in einem Kellerraum hatten verdursten und verhungern lassen. Ein zu Hilfe gerufener Notarzt konnte das Mädchen nicht mehr retten.
    »Manche Leute dürften echt keine Kinder kriegen.« Niklas schaltete zurück zur barbusigen Moderatorin und wünschte seinem Freund eine gute Nacht.

2 : Eva
    Die Männer lagen in einem fremden Bett, das an ihr Wiener Hotelzimmer erinnerte. Oliver hatte sich an Niklas angekuschelt und nuckelte an seiner Brustwarze, während der seinem Freund übers Haar strich.

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