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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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leise, fast gurrend, und strich mit den Fingerspitzen über den Deckel des Tagebuchs.
    »Das Ganze ist nur ein Spiel, und es geht um die Frage: Wer hat die meisten Trümpfe?« Sie durchblätterte die ersten Seiten, als handelte es sich um ein Daumenkino.
    »Und?«
    Der Kobold lächelte und fächerte sich mit dem Testament Luft zu. »Ich spiele ungern mit gezinkten Karten, Herr Tiedemann.«
    Niklas setzte sein Pokerface auf. »Ein gutes Gefühl, wenn einem die eigene Anwältin vertraut.«
    Sie musterte ihn einen Moment lang. Dann wanderten Tagebuch und Testament zusammen mit dem Kakao in ihre Aktentasche. Schließlich erhob sich Tita Parese. »Ich warne Sie vor zu großen Hoffnungen. Inge hat Ihnen vielleicht die Vormundschaft übertragen, nicht das Sorgerecht.«
    »Ihr Name war Inken.« Niklas folgte dem Kobold, der mit kleinen schnellen Schritten und wehender Robe das Gerichtsgebäude verließ. »Aber was bringt mir so eine Vormundschaft?«
    »Ein Vormund oder Tutor, wie man früher dazu sagte, ist der gesetzliche Vertreter der Eltern, entweder weil sie tot sind oder sich tot stellen, sprich: Sie wollen mit dem kleinen süßen Fratz nichts zu tun haben.«
    Tita Parese winkte ein Taxi heran. »Nun leben sie aber bei ihrem Vater, man könnte sagen, das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Niemand wird die kleinen Pflänzchen schon wieder umtopfen wollen.«
    »Was ist mit dem Kreidekreis, von dem Sie uns erzählt haben? Ich habe losgelassen, als Wolframs Frau anfing zu zerren.«
    »Brecht hat große Literatur verfasst, Herr Tiedemann. Aber leider nicht das BGB.«
    Ein Taxi fuhr heran, und Niklas hielt Tita Parese die Beifahrertür auf.
    »Sind Sie auf meiner Seite?«, fragte er zum Abschied.
    »Warten wir den Schriftvergleich ab. Ich melde mich bei Ihnen.«
    Dann kletterte sie durch die Hintertür und versank im großen ledernen Rücksitz.

14 : Freunde und Helfer
    Einsam blinkte der Cursor vorm weißen Hintergrund. Niklas hatte die Schlagzahl mit seiner Armbanduhr abgeglichen, weil er den schwarzen Balken in Verdacht hatte, ein verkappter Sekundenanzeiger zu sein, und musste feststellen, dass der Cursor langsamer war. Er zeigte sich nur 57-mal pro Minute.
    Sein Gehirn war leer. Oder vielmehr war es voll, übervoll, nur mit den falschen Gedanken. Er vermisste die Kinder, und seit einer Woche schon ließ ihn seine Anwältin zappeln. Damit ließ sich umgehen, solange er aktiv etwas unternahm, das ihn seinem Ziel näher brachte. Die Kampagne für den Frauenversteher aber, wie der zu bewerbende Kleinwagen in der Agentur abfällig genannt wurde, lenkte ihn nicht einmal ab.
    Unter dem Motto Der erste Frauenversteher auf vier Rädern: Ein Auto zum Verlieben hatte er verschiedene Motive geplant, die eine junge Frau zusammen mit ihrem Freund dem Kleinwagen mal im Bett, mal in der Disko oder im Autokino zeigte. Der Urlaub am Meer war sein Lieblingsmotiv, weil Niklas hier zugleich gelungen war, die Sparsamkeit des Autos herauszuarbeiten. Während die Frau sich an der Strandbar einen leckeren Cocktail gönnte, sagte sie zu einer Bikini-Schönheit: Und das Tolle an ihm: Er trinkt fast nie.
    Am Wochenende hatte Oliver seine Sachen abgeholt; nun erinnerte nur noch das Klingelschild an ihn. Niklas brachte es nicht übers Herz, den Namen ›Heinze‹ zu streichen. Er vermisste seinen Freund, aber sein Stolz ließ es nicht zu, erneuten Kontakt aufzunehmen.
    Frustriert rief er in Nadjas Büro an und ließ sich Schweinereien von ihrem aktuellen Freund erzählen, aber ihre Geschichten von Fesselspielen, Federn und Franzosen deprimierten ihn noch mehr. Er versuchte Jay kommen zu lassen, unter irgendeinem Vorwand, damit er ihn vom Fenster aus beobachten konnte, wie er in seinen engen Latexhosen aufs Fahrrad stieg, aber der Kurier hatte gerade am anderen Ende der Stadt zu tun.
    Niklas schaltete den Computer aus und beschloss, für heute Feierabend zu machen. Eine Stunde später überfuhr er die Düsseldorfer Stadtgrenze Richtung Mettmann. Er hatte Überraschungen für die Kinder dabei. Das Paket für Hannes war aufwendig verpackt und lag neben ihm auf dem Fahrersitz. Lottes Geschenk saß im Fond des Autos und wackelte mit dem Kopf zur Musik, die aus den Lautsprechern kam, eine Art japanischer Punkrock. Mit einem fordernden »Spiel das mal!« hatte ihm Maki die CD in die Hand gedrückt, nachdem sie es sich auf dem Rücksitz bequem gemacht hatte; den Platz an seiner Seite hatte er ihr nur mit viel Überzeugungsarbeit ausreden können. Nach

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