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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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einer halben Stunde akustischer Folter mittels nervtötender Gitarren und leierndem Gesang – Musik, die den stärksten Neandertaler umgehauen hätte – war Niklas froh, als sie am Ziel waren. Er parkte den Wagen in einer Seitenstraße und ging mit Lottes Freundin noch einmal den Plan durch, um sicherzugehen, dass sie ihre Rolle verstanden hatte.
    »Bin ja nicht blöde!«, stöhnte sie und blies unter ihren blondierten Pony.
    »Hast du sie dabei?«
    Die kleine Japanerin klopfte auf ihre Hosentasche und erhielt eine metallisch klickende Antwort.
    »Sollen wir’s nochmal üben?«
    »Ich schaff das schon.«
    »Auf in den Kampf!«
    Es war ein wenig voreilig von Petra, den Türöffner zu betätigen, ohne eine namentliche Identifikation der Besucher zu verlangen. Die Wohnungstür stand offen, als sie oben ankamen. Niklas glaubte schon, leichtes Spiel zu haben, als die Neandertalerin vor ihrer Höhle auftauchte.
    »Du gibst wohl nie auf.« Mit verschränkten Armen baute sie sich in der Tür auf. Vor lauter Erstaunen hatte sie vergessen, ihr falsches Lächeln aufzusetzen.
    »Keine Angst, ich fahre gleich wieder. Aber ich habe Lottes beste Freundin mitgebracht.« Er deutete auf Maki, die sich wie verabredet ein kleines Stück hinter ihm hielt. »Ich dachte, die Kleine würde sich vielleicht über einen Besuch freuen.«
    Petra holte tief Luft, als wollte sie die Besucher in die Flucht brüllen, ein zigtausend Jahre alter Reflex, mit dem sich die Neandertaler der Angriffe wilder Tiere erwehrt hatten. Stattdessen schnaufte sie, ging etwas in die Knie und streckte ihre Hand zum Gruß aus.
    »Hallo, junges Fräulein! Ich bin die Petra.« Ihr falsches Lächeln legte das gesamte Gesicht in unschöne Falten.
    Das junge Fräulein näherte sich zunächst mit kleinen Schritten. Als Maki dann unmittelbar vor ihr stand, schlug sie einen Haken und verschwand durch die angelehnte Wohnungstür.
    »Charlie!!! Wo bist du?«
    »Ganz. Große. Klasse.« Petras Mund wurde so spitz, dass kaum noch Lippen zu erkennen waren.
    Niklas warf demonstrativ seine Hände in die Luft. Er hatte niemanden gegen seinen Willen angefasst, hatte keine verbotenen Schwellen übertreten und würde dies auch nicht tun, es sei denn, man bäte ihn darum. So blieb er an seinem Platz, während die Neandertalerin dem kleinen japanischen Marder hinterherjagte.
    »Die Chinesin sagt, du hast den Schlüssel«, sagte sie bei ihrer Rückkehr.
    »Sie kommt nicht aus China.«
    »Dann eben Vietnam.«
    »Kalt.«
    »Korea!« Petra sagte es wie ein Schimpfwort.
    »Süden oder Norden?«
    »Der Schlüssel, Niklas!«
    Er tastete unschuldig seine Hosen ab. Dabei vergaß er auch die Gesäßtaschen nicht und zog schließlich einen kleinen silbernen Schlüssel hervor. Petra wollte danach greifen, doch er war schneller.
    »Wollen wir mal sehen, ob er passt?«
    Petra schnaufte ihr Schnaufen. Dann trat sie ein Stück zurück und winkte ihn in ihre Höhle.
    Niklas versuchte, sich beim Eintreten einen schnellen Überblick zu verschaffen. Das Neandertalerheim war ohne viel Geschmack eingerichtet. Überall wimmelte es von einfachen Kiefernregalen. Aus dem Wohnzimmer strahlte ihn ein blaues Sofa an, das vielleicht ein wenig zu breit war für den schlauchförmig geschnittenen Raum. Immerhin waren die Wände frei von Wischtechnik.
    Es war auffallend frisch in der Wohnung, fast ein wenig kühl, und Niklas zog den Reißverschluss seiner Jacke etwas höher.
    »Ist Ihre Heizung ausgefallen?«
    Die Wohnung war etwas kleiner als seine, aber sie wirkte durchaus sauber und aufgeräumt. In der Garderobe standen diverse Schuhpaare ordentlich in einer Reihe, auf der Hutablage lag ein schwarz eingebundenes Gesangbuch mit goldener Kordel.
    Niklas fand die Mädchen im Kinderzimmer. Sie saßen grinsend neben einem Stockbett aus einfachem Holz und versuchten, Luzie der Zweiten einen Bikini überzuziehen, ohne ihr die letzten Haare auszureißen. Das gestaltete sich jedoch schwierig, da Lotte durch ein paar Handschellen an Maki gekettet war.
    »Eine Verkettung unglücklicher Umstände!« Niklas zwinkerte Maki zu, dann wandte er sich wieder an Petra.
    »Es ist kalt hier!«
    Mit einem dumpfen Knall schloss sie das Fenster. Niklas setzte sich zu den giggelnden Mädchen und ergriff Lottes freie Hand. »Wo steckt eigentlich dein Bruder?«
    »Er ist bei den Nachbarn spielen«, erklärte Lotte.
    »Warum bist du nicht mitgegangen?«, wollte Niklas wissen. Die Kleine zuckte mit den Schultern.
    »Stimmt ja!« Er schlug sich

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