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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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gleich schnellte er in die Höhe und hechtete mit schmerzverzerrtem Gesicht hinüber zu der mittleren der grauen, feinkörnigen Sandflächen – und somit exakt zu der Stelle, an der die kleine Emma am Sonntagmorgen von einem Unbekannten entführt worden war. Wie ein Wahnsinniger stürzte er sich zu Boden und begann, mit bloßen Händen in dem warmen Sand herumzuscharren.
    »Schwachsinn«, schimpfte er völlig außer Atem. Er richtete sich auf, setzte sich auf ein Klettergerüst und betrachtete schnaubend die kraterartigen Löcher, die er in den Sand gegraben hatte. Ich muss mit System an die Sache herangehen!
    Mit flackerndem Blick schaute er sich um. Neben einer alten Platane entdeckte er einen abgebrochenen Ast. Als er sich ruckartig erhob, fuhr ihm ein höllischer Schmerz in die Kniekehle. Er biss die Zähne zusammen und humpelte zu dem mächtigen Baum. Er brach den Ast auf Stocklänge und schleppte sich wieder hinüber zu der schon einmal beackerten Sandfläche.
    Entsprechend seines Vorsatzes ging er nun systematischer vor. Er funktionierte den Stock zu einem spitzen Pflug um und zog im Abstand von circa 30 Zentimetern parallele Furchen in den Sand. Er hatte etwa die Hälfte der Fläche auf diese Weise beackert, als er plötzlich vor sich den Schattenwurf menschlicher Gestalten auftauchen sah. Erschrocken wandte er sich um. Hinter ihm standen zwei Jugendliche, die wie Mitglieder einer Straßengang aussahen. Kaugummi kauend und die Hände in die Hüften gestützt, grinsten sie ihn herausfordernd an. Tannenberg war sofort klar, dass es mit ihnen Ärger geben würde.
    »Ey, Alder, suchste Gold oder was?«, fragte der Kleinere der beiden.
    »Oder Erdöl«, ergänzte der andere.
    Tannenberg antwortete nicht, sondern arbeitete unverdrossen weiter. Der Größere stellte sich ihm in den Weg und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ey, Alder, wenn de jetzt bald reich bist, kannste uns ja schon mal’n paar Euro abdrücken, oder etwa nich?«
    »Nee, Leute, keinen Bock«, gestattete sich Tannenberg einen Ausflug in die Jugendsprache. »Los, verschwindet!«
    Die Mienen der beiden nahmen noch bedrohlichere Züge an. »Willste Zoff, Alder?«, krakelte der Kleinere und stieß ihm dabei mit der Hand an die Schulter.
    Tannenberg ließ den Stock fallen, machte einen Schritt zurück, zog mit der einen Hand seine Dienstwaffe, mit der anderen zückte er seinen Dienstausweis. »Kriminalpolizei. Verpisst euch oder ich lasse euch einbuchten!«
    Dieser martialische Auftritt zeitigte umgehend die beabsichtigte Wirkung. Die beiden provokativen Jugendlichen räumten wie geprügelte Hunde das Feld. Tannenberg konnte nun in Ruhe weiterarbeiten. Nachdem er die erste Sandfläche erfolglos durchpflügt hatte, eilte er zur nächsten. Auf dem Weg dorthin blickte er auf seine Armbanduhr: Sie zeigte bereits Viertel nach elf.
    Ziemlich genau in der Mitte der ovalen Sandfläche spürte er einen weichen Widerstand. Er ließ sich auf die Knie fallen und buddelte im Sand. Er fand zwar eine Plastiktüte, aber sie war leer. Verzweifelt arbeitete er weiter. Seine Kehle war ausgetrocknet, und er hatte großen Durst. Doch er kratzte alle Energiereserven zusammen und kämpfte weiter gegen die schnell verrinnende Zeit.
    Im dritten Sandfeld stieß er endlich auf eine weitere Plastiktüte. Sie enthielt ein mit Geschenkpapier umhülltes Päckchen. ›Ein lieber Gruß von Simon‹ stand darauf zu lesen. Mit zitternder Hand riss er das Papier entzwei. Als er die rote Aufschrift ›Emma‹ auf dem Pappdeckel las, blieb ihm fast das Herz stehen.
    Bitte, lieber Gott, mach, dass nichts von Emma da drin ist, peitschte ein greller Kugelblitz durch sein Hirn.
    Er nahm allen Mut zusammen und klappte den Deckel hoch. Zuerst sah er ein schwarzes Seidentüchlein. Er schlug es auseinander und entdeckte ein betriebsbereites Handy. Darunter befand sich ein zusammengefaltetes Kreuzworträtsel. Mit fahrigen Fingern breitete er es vor sich aus. Mehrere der leeren Felder waren mit rotem Filzstift umrahmt, mit Zahlen versehen und sollten offenbar ein Lösungswort ergeben.
    Tannenberg schaltete sofort. Er tastete sein dünnes Leinensakko und die Jeans ab, doch er hatte nichts zu schreiben dabei.
    »Verdammt, wo krieg ich denn jetzt auf die Schnelle einen Kuli her?«, grummelte er.
    Mit einem hektischen Rundblick sondierte er die Umgebung. Doch um diese Uhrzeit war der von der prallen Mittagssonne aufgeheizte Stadtpark wie ausgestorben.
    Krehbiel!, zündete eine Leuchtrakete in

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