King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
hoffe, meine Pfannkuchen sind jetzt nicht völlig kalt.«
Dann ging Wade an Mandy und ihrem Vater vorbei ins Restaurant.
SIEBEN
Während seiner Konfrontation mit dem Indianer hatte Wade sich eigentlich keine großen Gedanken über die Situation selbst gemacht. Stattdessen hatte er an seinen Vater gedacht.
Glenn Wade war kein imposanter Mann gewesen, aber er hatte Stärke besessen. Nicht unbedingt, was seine Muskeln betraf. Sie hatte in seinem Blick gelegen und in seiner Haltung. Ein Leben voller Arbeit und viel Zeit an der frischen Luft hatten seine dunkle Haut gegerbt. Er war ein Mann, auf dessen Kopf ein Cowboyhut ganz natürlich gewirkt hätte, doch wohlgefühlt hätte er sich damit nicht. Eher lächerlich.
Im Frühling und Sommer hatte Glenn den Granite Cove Park geleitet, ein Feriendorf und Campingplatz am Loon Lake, den sein Großvater fünfzig Meilen nördlich von King City und zwei Meilen westlich des Highways nach Kanada gebaut hatte.
Granite Cove bestand aus vier roten Hütten, einem kleinen Laden, einem Bootssteg, einem Campingbereich und einem einstöckigen Haus, in dem die Familie Wade das ganze Jahr über wohnte.
Wades Eltern hatten immer den ganzen Frühling und Sommer in dem Feriendorf gearbeitet. Nach der Schule und während der Sommerferien hatten dann auch er und seine jüngere Schwester Elizabeth mitgeholfen.
Im Spätherbst und Winter, während die Anlage geschlossen war, hatte Glenn Wade hauptberuflich als Hilfssheriff gearbeitet. Er gehörte zu lediglich einer Handvoll Männern, die sich um dieEinhaltung der Gesetze am See und in den umliegenden Gemeinden kümmerten. Auch im Sommer hatte er den Job gemacht, dann allerdings nur in Teilzeit. Da das Feriendorf und der Bootsverleih viel zum örtlichen Wirtschaftsaufkommen beitrug, war es für die Gemeinschaft wichtiger, dass er den Park betrieb, als ihn Patrouille fahren zu lassen. Doch falls etwas passierte, war er rund um die Uhr in Bereitschaft.
Hin und wieder begleitete Wade seinen Vater im Streifenwagen oder im Patrouillenboot, bei dem es sich eigentlich um ihr eigenes Boot handelte, mit dem sie auch zum Fischen fuhren und das lediglich mit einer Flagge ihres Bundesstaates am Heck ausgestattet war. Außerdem lag unter der Bank ein Megafon. Während solcher Fahrten redeten sie nicht viel miteinander, und das war Wade auch ganz recht. So konnte er einfach etwas Zeit mit seinem Dad verbringen, ohne Boote waschen zu müssen, Dächer zu flicken, Toiletten zu reinigen oder den Strand zu harken.
In einer dieser Nächte, Wade war gerade zwölf Jahre alt, fuhren sie über die stockdunklen Straßen, die um den See herumführten, und kontrollierten die leeren Häuser am Wasser, um sicherzugehen, dass niemand im Winter dort eingebrochen war, obwohl das, trotz aller Patrouillenfahrten, ziemlich oft passierte. Der See war einfach zu groß und es gab zu viele Häuser, als dass Glenn sie alle hätte im Auge behalten können.
Noch hatte es nicht angefangen zu schneien, aber es war draußen schon so kalt, dass ein Milchshake nicht geschmolzen wäre. Wade und seine Schwester hatten es ausprobiert. Je dunkler es nachts wurde, desto kälter schien es auch zu sein. Er konnte die Temperatur fast spüren, indem er in die Dunkelheit starrte.
Aus der Zentrale in Silverton kam ein Notruf über Funk. Der Koch in der Raststätte am Highway 99, wo es auch Anglerbedarf zu kaufen gab, hatte völlig verzweifelt angerufen. Vier Kerle von der Sägemühle versoffen dort gerade ihren Lohn, schlugen die Kellnerin und randalierten.
Knapp fünf Minuten später war Glenn dort. Sie hielten gerade vor der mit Schindeln verkleideten Raststätte, als ein Stuhl durchein Fenster geflogen kam und vor den beiden Pick-ups landete, die auf dem mit Schotter befestigten Parkplatz standen.
Durch das zersplitterte Fenster konnte Wade die vier Männer im Restaurant sehen. Sie waren betrunken und suchten ganz offensichtlich Streit. Falls sich an diesem Abend noch andere Gäste in der Raststätte aufgehalten hatten, waren sie längst weitergefahren.
Sein Vater stellte das Auto neben den beiden Pick-ups ab, zog seine Waffe aus dem Holster, schob sie ins Handschuhfach und schlug die Klappe zu.
»Egal, was passiert, du rührst dich nicht von der Stelle«, sagte sein Vater zu ihm.
»Du willst es ohne deine Waffe mit denen aufnehmen?«
»Ich will nicht, dass heute Abend jemand stirbt«, erwiderte Glenn. »Waffen neigen dazu, Menschen zu töten.«
»Aber die sind zu viert«, wandte Wade
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