King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
fühlte sich plötzlich an, als würde sie jeden Moment platzen, und er zitterte am ganzen Körper. Er wusste nicht, ob vor Kälte oder vor Angst.
Doch im Gegensatz zu Wade wirkte sein Vater vollkommen entspannt.
Glenn zuckte mit keiner Wimper und spannte sich nicht mal an. Er seufzte nur und legte eine Hand auf den Griff seines Gummiknüppels.
»Mag ja sein, aber ich werde es euch nicht leicht machen. Ihr werdet einiges abbekommen. Und morgen früh, wenn ihr kotzend über der Toilette hängt und mit eurem einen Auge, das noch nicht zugeschwollen ist, eure Zähne zählt, die in eurem Erbrochenen schwimmen, werdet ihr euch immer noch für das verantworten müssen, was ihr heute Abend hier getan habt. Seid ihr dazu bereit?«
Glenns Worte klangen geradezu beiläufig, ohne auch nur den kleinsten Hinweis darauf erkennen zu lassen, dass er vielleicht aufgeregt war oder sich fürchtete. Es klang, als würde er darüber plaudern, ob die Fische im See gut bissen, aber ganz bestimmt nicht darüber, dass er gleich brutal zusammengeschlagen werden sollte.
Der große Mann blickte Glenn in die Augen. Und Glenn blickte unbeeindruckt zurück.
Der einzige Laut, der im Gastraum zu hören war, stammte von Clete, der beim Atmen ein feuchtes Gurgeln von sich gab, während er seine zertrümmerte Nase festhielt und ihm das Blut zwischen den Fingern hindurchlief.
Nach einem Moment, der Wade wie eine Ewigkeit vorkam, schien der große Mann in sich zusammenzusinken wie ein Ballon, in den man ein Loch gebohrt hatte. Auch die anderen ließen auf einmal die Schultern hängen und ihre Köpfe schienen zu schwer für ihre Hälse zu werden.
Glenn nickte. »Das dachte ich mir.«
Wade ließ die Waffe los und wischte sich seine verschwitzten Hände an der Hose ab. Sein Herz schlug ihm immer noch im Hals. Es verblüffte ihn, dass er derart schwitzen konnte, obwohl ihm so kalt war. Der Druck auf seine Blase war verschwunden. Voller Entsetzen warf er einen Blick nach unten, um nachzusehen, ob er sich vielleicht in die Hosen gemacht hatte. Zu seiner tiefen Erleichterung war das nicht der Fall.
»Ihr habt euch heute euren Lohn auszahlen lassen«, sagte Glenn zu den Männern. »Was davon noch übrig ist, möchte ich auf dem Tresen sehen. Jetzt.«
Die Männer gruben in ihren Taschen und ließen zerknüllte Geldscheine und Kleingeld auf die Theke fallen. Einige der Münzen landeten auf dem Boden.
Glenn warf einen kurzen Blick auf das Geld. »Ich denke, das reicht für den angerichteten Schaden. Was meinst du, Phyllis?«
Sie nickte heftig. Wade dachte, sie hätte in jedem Fall genickt, ob das Geld nun reichte oder nicht.
Glenn deutete zur Tür. »Gute Nacht, Jungs.«
Die Männer schlurften zur Tür. Clete starrte Glenn wütend an, als er an ihm vorbeiwankte.
Wade zog den Kopf ein und presste sich gegen die Wand der Raststätte, als die vier herauskamen, in ihre Pick-ups kletterten und mit durchdrehenden Reifen und ausbrechendem Heck davonrasten, dass der Schotter nur so durch die Gegend flog. Dann spähte Wade wieder über das Fensterbrett ins Innere des Gastraumes.
Sein Vater wandte sich an Phyllis. »Was deinen Hintern angeht, hat er recht, Phyllis. Vielleicht solltest du nicht ganz so enge Jeans tragen, dann bekommst du auch weniger Probleme.«
Schnell lief Wade zurück zum Auto und war gerade hineingesprungen, als sein Vater aus der Raststätte kam. Im selben Moment merkte er, dass er bei all der Aufregung die Waffe vergessen hatte. Sie lag noch unter dem Fenster am Boden. Doch jetzt war es zu spät, um sie zu holen.
Dann sah er, wie sein Vater zu dem Fenster ging, die Waffe aufhob und sie mit einer Selbstverständlichkeit in sein Holster schob, als habe er sie selbst dort hingelegt.
Glenn kam zurück zum Auto und stieg ein. Ein Wort über die Angelegenheit verlor er nie.
Wade vermutete, dass der Rat seines Vaters und die Erinnerung an jenen Abend ihm an diesem ersten Tag in Darwin Gardens das Leben gerettet hatte. Doch diesmal reichte das, wofür Wade stand, nicht aus. Er brauchte seine Waffe.
Die Auseinandersetzung mit dem Indianer hatte mehr in ihm ausgelöst als nur alte Erinnerungen. Er hatte jetzt noch mehr Hunger als zuvor. Während er sich seine lauwarmen Pfannkuchen mitSchinken schmecken ließ, stand Mandy ihm gegenüber, trank einen Eistee und sorgte dafür, dass sein Becher immer mit heißem Kaffee gefüllt war.
»War das legal?«, wollte sie wissen.
»Ich hätte sie wahrscheinlich verhaften sollen«, meinte Wade. »Aber
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