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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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als ich das Bild machte, wußte ich, das Ding ist perfekt. Nur eines nicht. Auf der ersten Seite brachten sie eines von George Silks Kampffotos, meines erschien nur innen beim Artikel.«
    Ali wich schließlich von dem daliegenden Liston zurück und ließ sich von Walcott zur neutralen Ecke hinschieben. Doch da war schon alles aus den Fugen. Die Menge brüllte »Schiebung! Schiebung!« Liston wälzte sich am Boden, und Walcott war völlig durcheinander. »Ich bin bei Clay geblieben und hab ihn immer wieder weggestoßen, weil ich Angst hatte, daß er Liston gegen den Kopf tritt«, sagte Walcott zu Reportern. »Clay war wie ein Wilder. Er rannte im Ring umher und brüllte Liston an, er solle aufstehen. Können Sie sich vorstellen, was man über mich gesagt hätte, wenn Clay Liston gegen den Kopf getreten hätte? Und er hätte Sonny ja auch schlagen können, während er aufstand … Wie alle Ringrichter war ich dazu da, den Kämpfer auf der Matte zu schützen. Liston war ein geschlagener Mann. Das sah ich an dem glasigen Blick in seinen Augen. Es war egal, ob ich ihn anzählte oder nicht, ich hätte auch bis vierundzwanzig zählenkönnen, Liston war in einer Traumwelt, und das einzige, was hätte passieren können, war, daß er ernstlich verletzt war.« Walcott habe Liston nicht angezählt, sagte er, weil Ali ihm gar nicht die Chance dazu ließ. Auch vom Zeitnehmer bekam er kein Signal. »Die hätten einen Lautsprecher haben müssen«, beschwerte sich Walcott.
    Wer die Geistesgegenwart besaß, in historischen Dimensionen zu denken, dem fiel sogleich der Kampf zwischen Tunney und Dempsey 1924 ein, in dem Dempsey, als Tunney am Boden lag, nicht in die neutrale Ecke wollte; Tunney stand irgendwann auf, vermutlich bei vierzehn, und gewann den Kampf dann noch.
    Francis McDonough, der K.-o.-Zeitnehmer, wurde noch jahrelang von zweifelnden Reportern verfolgt, bis er schließlich gar nicht mehr mit ihnen redete. Er starb 1968. »Wenn diese Nulpe Clay in eine neutrale Ecke gegangen wäre, statt wie ein Verrückter rumzurennen, hätte es den ganzen Ärger nicht gegeben. Ich hab auf meine Stoppuhr gedrückt, als ich sah, wie Liston auf der Matte aufschlug, und dann wieder, als auf der Uhr zwölf Sekunden vorbei waren, dann hab ich sie ausgemacht. Als der Ringrichter zu mir kam, sagte ich ihm, ich hätte die Uhr nach zwölf Sekunden gestoppt und daß Liston da schon mindestens zwanzig Sekunden auf der Matte gelegen hat.«
    Und dennoch, nachdem Ali in der neutralen Ecke war, kam Liston wieder auf die Beine. Walcott wischte Liston die Handschuhe an seinem Hemd ab und rief die Kämpfer wieder zu sich, damit sie den Kampf wieder aufnehmen sollten. Ali ging auf Liston los, um ihm den Rest zu geben. Er schlug sogleich auf Liston ein, ohne weiter an eine Choreographie oder Deckung zu denken. Er ging auf den K. o.
    Doch während die beiden Kämpfer noch zugange waren, ging Walcott von ihnen
weg
zur Ringkante, und zwar auf dieRufe des Altmeisters der Boxpresse, Nat Fleischer, des Herausgebers der Zeitschrift
Ring
, der seinen Namen brüllte.
    »Joe! Joe, der Kampf ist aus! Der Kampf ist aus!«
    »Was?«
    »Der Kampf ist aus!« Fleischer saß neben McDonough, und der sagte zu Walcott, Liston sei weit über zehn Sekunden auf dem Boden gewesen. Solchermaßen belehrt, machte Walcott kehrt und winkte die Boxer auseinander. Es ist aus, sagte er zu ihnen und erklärte Ali zum Sieger und alten und neuen Weltmeister im Schwergewicht.
    Liston war verwirrt und groggy. Willie Reddish mußte ihn am Ellbogen zu seinem Hocker geleiten.
    Dundee schritt durch den Ring, um Liston und dessen Ecke zu trösten.
    »Ich sah zu Sonny hin und sagte: ›Harter Kampf, Sonny‹, und Sonny blickte einfach nur durch mich hindurch«, sagte Dundee.
    »Das Ganze war eine einzige Katastrophe«, sagte Ferdie Pacheco. »Wir waren in einem Staat, in dem sie nicht die geringste Ahnung vom Boxen hatten. Es ging aber auch alles daneben. Aber glauben Sie nur nicht, daß das Ergebnis anders ausgefallen wäre. Liston hatte eben wie die alten Kämpfer trainiert, und das auch ziemlich gut. Aber mehr ist bei alten Kämpfern nicht drin. Das ist so, wie wenn der Benzintank voll ist und nichts mehr reingeht. Nachdem Ali seinen Bruch gehabt hatte, konnte Sonny sein Niveau nicht mehr halten. Wenn du ein alter Mann bist, machen deine Muskeln das nicht mehr mit. Es sind keine jungen Muskeln mehr. Du trainierst zuviel, und sie sind tot. Währenddessen konnte Ali sich gut ausruhen. Das war

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