King of the World
Frank Martin, Jimmie the Wop (»der Itaker«) und Dago Frank. (Seine Auswahl an Spitznamen vergrößerte sich mit seiner Macht. In den fünfziger Jahren nannte man ihn auch, seinem Steckbrief zufolge, Mr. Fury und Mr. Gray.)
Um einer Verhaftung wegen Totschlags zu entgehen, zog Carbo nach Philadelphia, wurde dort aber bald nach einem Überfall verhaftet und nach New York zurückgebracht, wo er sich den Folgen von Webers Ableben stellen mußte. Er wurde wegen Totschlags verurteilt und in Sing Sing eingeliefert. Dort fand anscheinend keine Resozialisierung statt. Als Carbo 1930 auf Bewährung freikam, wurde er während der Prohibitionskriege zum ausgewachsenen Killer und arbeitete vor allem in der Brooklyner Filiale der Mord GmbH.
Durch die Leichtigkeit, mit der er sich der Strafverfolgung entzog, erwies sich Carbo als ein Mann mit unheimlichen Fähigkeiten. Am 12. April 1932 wurden Max Hassel und Max Greenberg, zwei Kumpane des Bierbarons Waxie Gordon, im Hotel Carteret in Elizabeth, New Jersey, erschossen aufgefunden. Mehrere Zeugen zeigten auf Carbo. Die Polizei verhörte Carbo und klagte ihn wegen Mordes an. Er wurde gegen 10 000 Dollar Kaution freigelassen, und danach verliefen auch diese Ermittlungen im Sande.
Der aufsehenerregendste Mord, der Carbo zur Last gelegt wurde (bei dem es für ihn auch am engsten wurde), ereignete sich am Abend vor Thanksgiving 1939 in Los Angeles. Das Opfer war Harry »Big Greenie« Greenberg, selbst ein Angehöriger der Mord GmbH sowie von Louis (Lepke) Buchalters Gang in Brooklyn. Big Greenie wurde von fünf Kugelngetroffen, als er in einer ruhigen Wohnstraße am Steuer seines Wagens saß. Das Große Geschworenengericht erhob Anklage gegen Carbo als den Killer, Bugsy Siegel als Fahrer des Fluchtwagens sowie gegen Emanuel »Mendy« Weiss und Louis Lepke, der damals wegen eines Rauschgiftdelikts einsaß, als Komplizen. Der Fall schien einigermaßen klar, vor allem die Anklage gegen Carbo. Albert »Tick Tock« Tannenbaum, ein Kumpan Lepkes, schwor, er habe gesehen, wie Carbo Greenie erschoß; ein anderer Gangster, Abe »Kid Twist« Reles, sagte aus, er habe Carbo zum Schauplatz des Verbrechens gehen und anschließend weglaufen sehen. Das erste Problem der Anklage entstand jedoch, als Kid Twist, während er unter Polizeibewachung im Half Moon Hotel in Coney Island stand, aus seinem Fenster fünf Stockwerke tief in den Tod flog. Bis zum heutigen Tag ist Kid Twists Fenstersturz ein Rätsel, wenn auch nur für die Polizei von New York City. Carbo jedenfalls erhob keinen Anspruch darauf. Der Fall kam 1942 vor Gericht (inzwischen war Carbo der einzige Angeklagte). Die Geschworenen kamen schließlich zu dem Schluß, daß sie ungeachtet ihrer Zweifel an den Unschuldsbeteuerungen Frankie Carbos auch Tick Tock Tannenbaum den unerschütterlichen Zeugen nicht abnehmen konnten. Nach dreiundfünfzig Stunden Beratung wurde Carbo freigesprochen.
Schließlich bekam Carbo, dem berühmten Mafiaverräter Jimmy Frattiano zufolge, 1947 den Auftrag, Bugsy Siegel zu ermorden, nachdem der seine Schulden beim italienischen Mob nicht bezahlt hatte. »Bugsy hatte das Flamingo Hotel in Las Vegas gebaut«, erzählte mir Jack Bonomi, »doch er beging den Fehler, seine Gläubiger zu verschaukeln. So etwas sollte man nicht tun. Also gaben sie Meyer Lansky den Auftrag, die Schulden bei Bugsy einzutreiben oder ihn zu töten. Und Frank Carbo führte ihn aus.«
Zwischen seinen Gerichtsterminen war Carbo zur größten Macht in der Boxwelt aufgestiegen. Mit dem Ende der Prohibition war Boxen frisches Fleisch, eine neue Gelegenheit. In den großen Städten wie New York, Chicago, Boston und Los Angeles gab es nahezu jeden Abend in der Woche Boxveranstaltungen, und mit dem Aufkommen des Fernsehens waren Sponsoren wie Gillette ganz versessen darauf, sich einen Kampfabend zu sichern, so wie eine Generation später ein Footballspiel. Der Mobster Gabe Genovese hatte Carbo seine erste echte Chance verschafft, indem er ihn als Partner ins Management von Babe Risko aufnahm, den Mittelgewichtsmeister von 1936. Carbo hatte die Art der Mafia, einen Boxer zu steuern, nicht erfunden, doch er verfeinerte die Details und brachte es auf dem Gebiet zu einer solchen Dominanz, daß er, besonders in den Jahren zwischen dem Zweiten Weltkrieg und seiner Verhaftung 1959, als der »
underworld commissioner
« bekannt war.
Carbos wichtigste Geschäftsverbindung war James Norris, der Chef der International Boxing Commission, die
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