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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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recht zu machen, aber wenn ich jetzt so zurückblicke, es war wirklich für den Arsch.«
    Sie schaute zu mir hoch, um zu sehen, ob ich mich an der Ausdrucksweise stieß, aber ich lächelte einfach.
    »Folglich höre ich mich jetzt an wie all die anderen Frauen, deren Ehedasein in dieser Epoche zu Ende ging. Verstehen Sie, wir sind alle ein bißchen grantig deswegen, weil wir meinen, man hat uns reingelegt.«
    »Sie sagten, Sie sähen es jetzt etwas heiterer«, sagte ich. »Wie ist das denn gekommen?«
    »Sechstausend Dollar Therapie«, antwortete sie rundheraus.
    Ich lächelte. »Woran ging die Ehe kaputt?«
    Ihre Wangen färbten sich leicht, aber ihr Blick blieb unverändert offen. »Das würde ich lieber für später aufheben, wenn Sie’s wirklich interessiert.«
    »Sicher, gern«, sagte ich. »Ich wollte Sie ohnehin nicht unterbrechen.«
    »Na ja. Es war nicht nur seine Schuld«, sagte sie. »Aber es war auch nicht nur meine, und mit dieser Scheidung hat er mich geschafft. Ich sage Ihnen, das war ein Tiefschlag.«
    »Wieso?«
    »Wie viele Möglichkeiten gibt es denn? Ich hatte Angst, und außerdem war ich naiv. Ich wollte Laurence aus meinem Leben heraushaben, und was das kostete, war mir ziemlich egal. Bis auf die Kinder. Um sie habe ich mit Zähnen und Krallen gekämpft, aber was soll ich Ihnen sagen? Ich verlor sie. Das habe ich nie so ganz verwunden.«
    Ich wollte sie nach den Gründen für die Schlacht um das Sorgerecht fragen, aber ich hatte das Gefühl, es war ein heikles Thema. Am besten ging ich vorerst darüber hinweg und griff es später auf, wenn ich konnte. »Die Kinder müssen nach seinem Tod aber doch wieder zu Ihnen gekommen sein. Zumal seine zweite Frau ins Gefängnis kam.«
    Gwen zupfte mit kundiger Hand an einer grauen Fellsträhne. »Zu der Zeit waren sie ja fast im College-Alter. Gregory war sogar im selben Herbst schon weggegangen, und Diane ging im Jahr darauf. Aber es waren sehr verkorkste Kinder. Laurence ist ein strenger Zuchtmeister gewesen. Nicht, daß ich was daran auszusetzen hätte — ich denke, Kinder brauchen Erziehung -, aber er war ein sehr einengender Mensch, letztlich ohne Gespür für Gefühlsdinge, ziemlich aggressiv im Umgang mit anderen, besonders mit den Kindern. Nach fünf Jahren unter diesem Regiment waren sie beide entsprechend in sich gekehrt und still. Defensiv, verschlossen. Soweit ich es einschätzen konnte, beruhte seine Beziehung zu ihnen auf Angriffen, auf dauernder Rechenschaftspflicht, ähnlich wie er es mit mir gehalten hatte. Natürlich kriegte ich sie jedes zweite Wochenende zu sehen und dergleichen, und es gab auch den üblichen Sommerbesuch. Ich hatte bloß keine Ahnung, wie weit es mit ihnen gekommen war. Und sein Tod war obendrein noch ein Schlag vor den Kopf für sie. Ich bin sicher, sie hatten beide eine Menge Gefühle, die nie geklärt worden waren. Diane ging sofort in therapeutische Behandlung. Und Gregory war später auch bei jemandem, wenn auch nicht regelmäßig.« Sie zögerte einen Moment. »Es kommt mir vor, als ob ich Ihnen hier eine Krankengeschichte erzähle.«
    »Aber nein, ich bin dankbar für Ihre Offenheit«, sagte ich. »Sind die Kinder auch in der Stadt?«
    »Greg lebt südlich von Palm Springs. Am Saltonsee. Er hat ein Boot da unten.«
    »Was arbeitet er?«
    »Na ja, er braucht eigentlich nichts zu tun. Finanziell hat Laurence für sie vorgesorgt. Ich weiß nicht, ob Sie schon die Versicherung überprüft haben, aber sein Vermögen wurde zu gleichen Teilen zwischen den drei Kindern aufgeteilt — Greg, Diane und Nikkis Sohn Colin.«
    »Apropos Diane. Wo ist sie?«
    »Sie geht in Claremont zur Schule. Will noch einen Grad erwerben. Sie interessiert sich für den Unterricht mit schwerhörigen Kindern und kommt anscheinend gut damit zurecht. Erst war ich darüber beunruhigt, weil das in ihrem Kopf vermutlich alles zusammenging — meine Scheidung, Nikki, Colin und ihre Verantwortung —, obwohl es gar nichts mit ihr zu tun hatte.«
    »Moment. Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    Gwen blickte erstaunt zu mir auf. »Ich denke, Sie haben bereits mit Nikki gesprochen.«
    »Na ja, einmal schon«, sagte ich.
    »Hat Sie Ihnen nicht erzählt, daß Colin hörgeschädigt ist? Er war taub von Geburt an. Ich weiß nicht mehr genau die Ursache, aber anscheinend konnten sie nichts dagegen tun. Diane war ganz außer sich. Sie war dreizehn, glaube ich, als das Kind geboren wurde, und vielleicht hatte sie ihm sein Eindringen verübelt. Ich will ja

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