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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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sie schon mit dem Hund am Plaudern. Ich fragte mich, was sie sonst noch wußte und wieviel davon sie preiszugeben bereit war. Ich hoffte außerdem wie der Teufel, daß ich in zehn Jahren noch derart gut aussehen könnte.

6

    Ich hielt an einer Telefonzelle und rief Nikki an. Sie nahm beim dritten Läuten ab.
    »Nikki? Hier ist Kinsey. Ich habe eine Bitte. Gibt es irgendeine Möglichkeit für mich, in das Haus zu kommen, wo Sie und Laurence gewohnt haben?«
    »Klar. Das gehört noch mir. Ich will gerade wegfahren, rauf nach Monterey, um Colin herzuholen, aber es liegt auf dem Weg. Ich kann mich da mit Ihnen treffen, wenn Sie möchten.«
    Sie gab mir die Adresse und sagte, sie würde in etwa einer Viertelstunde dort sein. Ich hängte ein und ging zu meinem Wagen. Ich wußte nicht genau, hinter was ich her war, aber ich wollte in dem Haus herumlaufen, ein Gefühl dafür bekommen, wie es war, auf ihre Art und Weise zu leben. Das Haus stand in Montebello, einem Stadtteil, in dem angeblich mehr Millionäre pro Quadratmeile wohnen als in irgendeinem anderen Teil des Landes. Die meisten Häuser sind von der Straße aus noch nicht einmal zu sehen. Gelegentlich erhascht man einen Blick auf ein Ziegeldach, versteckt in einem Geflecht aus Olivenbäumen und immergrüner Eiche. Viele Parzellen haben gewundene Einfriedungsmauern aus behauenem Stein, die von wilden Rosen und Kapuzinerkresse überwachsen sind. Hochaufragende Eukalyptusbäume säumen die Straßen, mit Palmen dazwischen, die wie spanische Ausrufungszeichen wirken.
    Das Haus der Fifes lag am Schnittpunkt zweier Wege, gegen Sicht abgeschirmt durch drei Meter hohe Hecken, die sich an einer Stelle teilten, um einer schmalen, mit Ziegeln gepflasterten Zufahrt Platz zu geben. Das Haus war beachtlich: zwei Stockwerke aus hellgrauem Stuck mit weißen Fensterumrandungen. Die Fassade war schlicht, und auf der einen Seite gab es einen Säulengang. Der Garten war ebenso schlicht, bis auf Inseln mit kalifornischem Mohn in Pfirsichtönen und sattem Gelb, Gold und Rosa. Hinter dem Haus erkannte ich eine Doppelgarage mit vermutlich einer Verwalterwohnung darüber. Der Rasen war gut gepflegt, und das Haus sah zwar unbewohnt aus, wirkte aber nicht vernachlässigt. Ich parkte auf dem Abschnitt, wo die Zufahrt kreisförmig erweitert war, um ein bequemes Hinausfahren zu ermöglichen. Trotz des roten Ziegeldaches mutete das Haus eher französisch als spanisch an: Fenster ohne Sims, Eingangstür auf einer Ebene mit der Zufahrt.
    Ich stieg aus und ging auf die rechte Seite hinüber, fast lautlos auf den blaßrosa Ziegeln. Im Hintergrund konnte ich die Umrisse eines Swimmingpools sehen, und zum erstenmal spürte ich ein Befremden, einen Mißklang. Das Becken war bis zum Rand mit Dreck und Abfall zugeschüttet. Ein Liegestuhl aus Aluminium war halb in der Grasnarbe versunken, Unkraut wuchs zwischen den Querstäben. Das Sprungbrett ragte jetzt über eine unregelmäßige Fläche aus Grasmahd und welkem Laub hinaus, als ob das Wasser dick geworden und geronnen wäre. Eine Stufenleiter mit Handgriffen verschwand in der Tiefe, und der Beton ringsherum war übersät mit schmutzigdunklen Flecken.
    Ich merkte, wie ich voller Unbehagen darauf zuging, und wurde von einem bösartigen Zischen aus meiner Konzentration geschreckt. Zwei riesige Gänse kamen mit beachtlicher Geschwindigkeit auf mich zugewatschelt. Sie stießen die Hälse vor, rissen die Schnäbel auf, streckten wie Schlangen die Zunge raus und gaben ein furchterregendes Geräusch von sich. Ich stieß unwillkürlich einen leisen Schrei aus und trat den Rückzug zu meinem Wagen an, ohne sie aus den Augen zu lassen. Sie verkürzten den Abstand zwischen uns in einem Tempo, das mich zu laufen zwang. Ich erreichte gerade noch das Auto, bevor sie mich einholten. Ich riß die Tür auf und knallte sie mit einer Panik wieder zu, die ich seit Jahren nicht empfunden hatte. Ich verriegelte beide Türen und glaubte fast, die tückischen Vögel würden sich gegen meine Fensterscheiben werfen, bis sie nachgaben. Einen Augenblick lang balancierten sie halb in der Luft, mit flatternden Flügeln, ein böses Funkeln in den schwarzen Augen, ihre zischenden Gesichter auf einer Höhe mit dem meinen. Dann verloren sie das Interesse und watschelten schreiend und zischelnd davon, um wütend nach dem Gras zu picken. Bis zu diesem Moment war es mir nie in den Sinn gekommen, verrückte Gänse unter meine Phobien einzureihen, doch unversehens waren sie an die

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