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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Geber nahm ihren Platz ein, und sie strebte durch das Kasino zum Fiestaraum, wo sie ein Coke bestellte und sich eine Zigarette ansteckte. Ich folgte ihr.
    »Sind Sie Sharon Napier?« fragte ich.
    Sie blickte auf. Ihre Augen waren von dunklen Wimpern umrandet. Unter dem fluoreszierenden Licht nahm das Grün fast einen Türkiston an.
    »Ich glaube nicht, daß wir uns kennen«, sagte sie.
    »Ich bin Kinsey Millhone«, sagte ich. »Darf ich mich setzen?«
    Sie zuckte als Zustimmung mit den Schultern. Dann nahm sie eine Puderdose aus ihrer Tasche, prüfte ihr Augen-Make-up und entfernte einen kleinen Schattenfleck vom oberen Lid. Ihre Wimpern waren eindeutig falsch, aber von aufregender Wirkung, denn sie gaben ihren Augen eine exotische Schräge. Sie legte frischen Lippenglanz auf, indem sie den kleinen Finger in ein winziges Töpfchen mit Rosa tauchte. »Was kann ich für Sie tun?« fragte sie, kurz von ihrem Spiegel aufblickend.
    »Ich untersuche den Tod von Laurence Fife.«
    Das saß. Sie hielt inne, ihr ganzer Körper wurde steif. Es wäre die perfekte Pose für ein Foto gewesen. Eine Sekunde verstrich, und sie war wieder in Bewegung. Sie ließ die Puderdose zuschnappen, verstaute sie und griff zu ihrer Zigarette. Sie nahm einen tiefen Zug, während sie mich im Auge behielt. Sie schnickte Asche weg. »Er war ein echter Dreckskerl«, sagte sie und blies mit jedem Wort Rauch von sich.
    »Das hörte ich schon«, erwiderte ich. »Haben Sie lange für ihn gearbeitet?«
    Sie lächelte. »Na, Ihre Hausaufgaben haben Sie immerhin gemacht. Ich wette, Sie kennen auch die Antwort darauf.«
    »Mehr oder weniger«, sagte ich. »Aber es gibt eine Menge, was ich nicht weiß. Geben Sie mir Auskunft?«
    »Worüber?«
    Ich zuckte die Achseln. »Wie es gewesen ist, für ihn zu arbeiten. Was Sie bei seinem Tod empfunden haben...«
    »Als Chef war er ein Stinker. Seinen Tod fand ich großartig«, sagte sie. »Ich hasse Tippsenarbeit, falls Sie’s noch nicht erraten haben.«
    »Das hier muß Ihnen eher liegen«, meinte ich.
    »Also, ich habe nichts mit Ihnen zu besprechen«, sagte sie rundheraus. »Wer hat Sie überhaupt hergeschickt?«
    Darauf wagte ich einen Kopfsprung: »Nikki.«
    Sie schien verblüfft. »Die ist doch noch in Haft. Oder nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie ist draußen.«
    Sie überlegte einen Moment, und dann wurde ihre Haltung etwas freundlicher. »Sie hat Moneten, ja?«
    »Zu leiden braucht sie nicht, falls Sie das meinen.«
    Sie stippte ihre Zigarette aus, knickte die Glut drunter und quetschte sie platt. »Ich höre um sieben auf. Kommen Sie doch zu mir nach Hause, da können wir plaudern.«
    »Irgendwas, das Sie vorwegnehmen möchten?«
    »Nicht hier«, sagte sie.
    Sie rasselte ihre Adresse herunter, und ich schrieb sie brav in mein Notizbuch. Sie warf einen Blick nach links hinüber, und zuerst dachte ich, sie hebe die Hand, um einen Bekannten zu grüßen. Ihr Lächeln blitzte auf und erlosch, und sie blickte unsicher wieder zu mir, wobei sie sich leicht drehte, so daß mein Gesichtsfeld blockiert war. Ich guckte ihr unwillkürlich über die Schulter, aber sie lenkte meine Aufmerksamkeit ab, indem sie mit dem Fingernagel meinen Handrücken berührte. Ich sah sie an. Ihre Miene verriet nichts.
    »Das war der Aufseher. Meine Pause ist um.«
    Sie log auf die gleiche Art wie ich, mit einer ziemlichen Dreistigkeit, die keinen Widerspruch und keinen Einwand zuließ.
    »Dann bis um sieben«, sagte ich.
    »Kommen Sie Viertel vor acht«, meinte sie leichthin. »Ich brauche Zeit, um mich von der Arbeit zu erholen.«
    Ich schrieb meinen Namen und den meines Motels auf ein Blatt, das ich aus meinem Notizbuch riß. Sie falzte den Zettel scharf und verstaute ihn in ihrer Zigarettenpackung, unter der Zellophanhülse. Sie ging mit anmutig wiegenden Hüften weg, ohne sich noch einmal umzublicken.
    Die zerdrückte Kippe ihrer Zigarette entsandte immer noch einen Rauchfaden, und mein Magen meldete leisen Protest an. Ich war versucht herumzulungern, nur um sie im Auge zu behalten, aber meine Hände fühlte sich klamm an, und ich sehnte mich danach, mich hinzulegen. Es ging mir überhaupt nicht gut, so daß ich allmählich schon dachte, meine Grippesymptome könnten eher echt sein als eingebildet. Das Kopfweh kroch wieder den Nacken herauf. Ich ging durch die Lobby nach draußen. Die frische Luft half zwar, aber nur vorübergehend.
    Ich fuhr zurück zum Bagdad und zog mir eine 7Up aus dem Automaten. Ich hätte was essen

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