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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ihm, für mich übersetzend.
    Colin trat langsam durch die gläserne Schiebetür und schob das Fliegengitter vor.
    »Entschuldigen Sie die Unterbrechung«, sagte sie knapp.
    »Macht doch nichts, ich muß sowieso wieder los«, sagte ich.
    »Sie können zum Abendessen bleiben, wenn Sie möchten. Ich habe einen großen Topf Beef Bourguignon fertig. Das schmeckt ausgezeichnet mit Colins Brot.«
    »Danke, aber ich habe noch allerhand zu erledigen«, sagte ich.
    Nikki begleitete mich zur Tür und übertrug dabei unser Abschiedsgeplauder in die Zeichensprache, ohne es überhaupt zu merken.
    Ich stieg ins Auto und saß da erst mal einen Moment, verwirrt über Colins Verwirrung wegen Gwen. Das war doch komisch. Sehr komisch.

19

    Als ich zurück zu meiner Wohnung kam, saß Charlie Scorsoni vor der Tür. Ich fühlte mich schmuddelig und unvorbereitet, und zu meiner Bestürzung erkannte ich, daß ich eine Wunschvorstellung darüber gehegt hatte, wie wir uns wiedersehen würden und daß es nicht so war.
    »Gott, fallen Sie nicht aus allen Wolken, Millhone«, sagte er, als er den Ausdruck auf meinen Gesicht sah.
    Ich holte meinen Schlüssel heraus. »Tut mir leid«, sagte ich, »aber Sie erwischen mich zur unmöglichsten Zeit.«
    »Sie haben eine Verabredung«, sagte er.
    »Nein, ich habe keine Verabredung. Ich sehe beschissen aus.« Ich schloß die Tür auf, knipste die Schreibtischlampe an und ließ ihn hinter mir herein.
    »Wenigstens habe ich Sie bei guter Laune erwischt«, meinte er und tat auch schon, als ob er zu Hause wäre. Er schlenderte in die Küche und holte das letzte Bier heraus. Die Vertraulichkeit in seinem Auftreten ärgerte mich.
    »Hören Sie, ich habe Wäsche zu erledigen. Ich war seit einer Woche nicht einkaufen. Meine Post türmt sich, die ganze Wohnung ist verstaubt. Ich hab noch nicht mal meine Beine rasiert, seit ich Sie zuletzt gesehen habe.«
    »Zum Friseur müssen Sie auch.«
    »Muß ich nicht. Ich laufe immer so rum.«
    Er lächelte kopfschüttelnd. »Ziehen Sie sich was an. Wir gehen aus.«
    »Ich möchte nicht ausgehen. Ich möchte Ordnung in mein Leben bringen.«
    »Das können Sie auch morgen noch. Dann ist Sonntag. Ich wette, Sie machen solchen Mist sowieso immer sonntags.«
    Ich starrte ihn an. Es stimmte. »Einen Moment mal. Hier ist mein Vorschlag«, sagte ich geduldig. »Ich bin grad nach Haus gekommen. Ich erledige alle meine Pflichten, schlafe mich gut aus, was ich bitter nötig habe, morgen rufe ich Sie dann an und wir sehen uns morgen abend.«
    »Ich muß morgen abend ins Büro. Ich bin mit einem Klienten verabredet.«
    »Am Sonntagabend?«
    »Wir müssen Montag in aller Frühe vor Gericht erscheinen und konnten es nicht anders legen. Ich bin selber erst seit Donnerstag abend wieder hier, und ich stecke bis zum Hals drin.«
    Ich starrte ihn noch etwas länger an, geriet aber ins Wanken. »Wohin würden wir denn gehen? Müßte ich mich in Schale werfen?«
    »Na ja, so nehme ich Sie nirgends mit hin«, sagte er.
    Ich schaute an mir hinunter. Ich trug immer noch Jeans und das Hemd, in dem ich geschlafen hatte, aber ich war noch nicht bereit, klein beizugeben. »Was ist denn daran verkehrt?« fragte ich zänkisch.
    »Duschen Sie und ziehen Sie sich um. Ich hole was im Lebensmittelladen, wenn Sie mir einen Zettel schreiben. Bis ich das erledigt habe, sind Sie soweit, ja?«
    »Ich kaufe ganz gern selber ein. Aber ich brauche sowieso nur Milch und Bier.«
    »Dann fahre ich mit Ihnen zu einem Supermarkt, wenn wir gegessen haben«, sagte er und betonte jedes einzelne Wort.

    Wir fuhren hinunter zum Ranch House in Ojai, einem jener eleganten Restaurants, wo sich der Kellner an den Tisch stellt und die Speisekarte vorträgt wie eine Ballade.
    »Soll ich für uns bestellen, oder würde das Ihre emanzipierten Gefühle verletzen?«
    »Machen Sie nur«, sagte ich seltsam erleichtert. »Das wäre mir lieb.« Während er und der Kellner konferierten, musterte ich heimlich Charlies Gesicht. Es war kräftig und breit, gute Kinnbacken, sichtbar gespaltenes Kinn, voller Mund. Eine kaum erkennbare Narbe unterhalb des Nasenrückens ließ vermuten, daß seine Nase einmal gebrochen, aber geschickt wieder zusammengeflickt worden war. Seine Brille hatte große, blaugrau getönte Gläser, und hinter ihnen waren seine blauen Augen klar wie der Himmel. Blonde Wimpern, blonde Brauen, sein dichtes sandfarbenes Haar fing erst an, aus der Stirn zurückzuweichen. Er hatte große Hände, starke Knochen an den

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