Kinsey Millhone 02- In aller Stille
geöffneten Wasserhahn. Dann warf er sie in den Abfall. Er holte eine Bratpfanne und nahm eine Packung Speck aus dem Kühlschrank. »Ich würde Ihnen Frühstück anbieten, aber ich habe nicht genug da, es sei denn, Sie wollten einen Proteindrink mit mir trinken. Ich werde gleich einen fertigmachen, egal, wie ekelhaft er ist. Dieses Essen hier ist für einen Freund von mir.«
»Ich muß jetzt sowieso gehen«, sagte ich und stand auf.
Ungeduldig winkte er mir zu. »Setzen Sie sich, setzen Sie sich. Trinken Sie auf jeden Fall erst mal Ihren Kaffee aus. Und solange Sie hier sind, können Sie fragen, was Sie wollen.«
»Was ist mit einem Tierarzt für den Kater? Hatte sie einen hier in der Nachbarschaft?«
Wim zog drei Streifen Speck ab, legte sie in die Pfanne und zündete das Gas an. Er beugte sich vor und kontrollierte die kleine blaue Flamme. Er hätte seinen Mantel hinten etwas tiefer ziehen müssen.
Er meinte: »Es gibt hier eine Katzenklinik an der Ecke Serenata Street. Da hat sie Ming immer in einem dieser Katzenkörbe hingebracht, während er wie ein Kojote heulte. Er haßte den Tierarzt.«
»Haben Sie irgendwelche Vermutungen, wo Elaine sein könnte?«
»Was ist mit ihrer Schwester? Vielleicht ist sie nach L. A. gefahren, um sie zu besuchen.«
»Die Schwester war diejenige, die mich zuerst angestellt hatte«, erwiderte ich. »Sie hat Elaine seit Jahren nicht mehr gesehen.«
Wim sah scharf von der Speckpfanne auf und lachte. »Das ist ja kompletter Schwachsinn! Wer hat Ihnen das gesagt? Ich habe sie selbst vor noch nicht ganz sechs Monaten hier gesehen.«
»Sie haben Beverly gesehen?«
»Klar«, meinte er. Er nahm eine Gabel und wendete die Speckstreifen in der Pfanne. Er ging zum Kühlschrank zurück und nahm drei Eier heraus. Beim bloßen Zusehen starb ich schon fast vor Hunger.
Er fuhr beredt fort. »Sie war vielleicht vier Jahre jünger als Elaine. Schwarze Haare, superkurz geschnitten, exquisite Haut.« Er schaute mich an. »Habe ich recht oder nicht?«
»Klingt nach der Frau, die ich getroffen habe«, sagte ich. »Aber ich frage mich, warum sie mich belogen hat.«
»Das kann ich vielleicht erraten«, bot er an. Er riß einige Papiertücher von der Rolle, faltete sie und legte sie neben die Bratpfanne. »Sie hatten einen üblen Krach, wissen Sie, zu Weihnachten. Beverly wollte das wahrscheinlich nicht zugeben. Sie haben auf jeden Fall geschrien, mit Gegenständen geworfen und Türen geknallt. Oh, mein Gott! Und erst die Sprache, die sie gebrauchten. Obszön. Ich hätte nie gedacht, daß Elaine so fluchen kann, obwohl ich sagen muß, daß die andere noch schlimmer war.«
»Worum ging es?«
»Um einen Mann natürlich. Worum sollte einer von uns sonst so ein Theater machen?«
»Haben Sie eine Ahnung, wer es war?«
»Nee. Offen gestanden, ich nehme an, Elaine ist eine der Frauen, die ihr Witwendasein insgeheim genießen. Ihr wird eine Menge Sympathie entgegengebracht, und sie genießt tonnenweise Freiheit. Sie hat das ganze Geld und keinen, mit dem sie sich streiten muß. Warum sollte sie einen Typen an diesem Geschäft beteiligen? Sie ist alleine besser dran.«
»Wenn das der Fall ist, warum legt sie sich dann mit Beverly an?«
»Wer weiß? Vielleicht fanden sie es lustig.«
Ich trank meinen Kaffee aus und stand auf. »Ich hau jetzt besser ab. Ich will Sie nicht beim Frühstück stören, aber ich komme eventuell nochmal vorbei. Stehen Sie im Telefonbuch?«
»Natürlich. Ich arbeite... als Barkeeper im Edgewood Hotel am Strand. Kennen Sie den Laden?«
»Den kann ich mir nicht leisten, aber ich weiß, welchen Sie meinen.«
»Schauen Sie gelegentlich doch mal rein. Ich bin jeden Abend außer montags von sechs Uhr bis zum Schluß da. Ich lade Sie ein.«
»Danke, Wim. Das werde ich machen. Für Ihre Hilfe bin ich Ihnen sehr dankbar. Der Kaffee war ein Hochgenuß.«
»Stets zu Diensten«, sagte er.
Ich ging allein zur Tür und erhaschte noch einen Blick auf Wims Frühstücksgefährten. Er sah aus wie jemand aus dem Gentlemen’s Quarterly: feuriger Blick, eine perfekte Kinnform, kragenloses Hemd, einen italienischen Kaschmirpullover um die Schultern geworfen und vorn an den Ärmeln geknotet.
In der Küche hatte Wim begonnen, eine Version von The Man I Love zu singen. Seine Singstimme klang genau wie die von Marlene Dietrich.
Als ich in die Eingangshalle kam, traf ich Tillie, die einen Einkaufswagen vor sich her schob. Er war mit braunen Papiertüten vollgepackt.
»Ich glaube, ich muß
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