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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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in irgendeiner Beziehung zu Nahrungsmitteln stehen. Nudelmaschinen, Cappuccino-Automaten, Kaffeemühlen, Eismaschinen. Die Luft duftete nach Schokolade und weckte in mir den Wunsch nach einer Mutter. Ich entdeckte drei Verkäuferinnen, alle in Schürzen aus Drillich, auf deren Latz in kastanienfarbenen Lettern der Name des Geschäfts gestickt war.
    Ich fragte nach Ramona Westfall und wurde nach hinten verwiesen. Sie war offensichtlich mit einer Inventur beschäftigt. Ich fand sie auf einem kleinen Holzschemel hockend, ein Klemmbrett in der Hand, auf dem sie einzelne Posten auf einer Liste abhakte, die den größten Teil der nicht elektrischen Gegenstände aufzuführen schien. Sie sah eine Kiste durch, die offensichtlich mit kleinen Schneidebrettern aus rostfreiem Stahl mit einer Klinge in der Mitte gefüllt war, die scharf genug schien, um einem den Zarten abzuschneiden.
    »Was ist das denn?« erkundigte ich mich.
    Sie schaute mit einem angenehmen Lächeln zu mir auf. Sie schien Ende Vierzig zu sein, mit kurzem, hellbraunem Haar mit grauen Strähnen und haselnußbraunen Augen, die mich über die Gläser einer Halbbrille hinweg ansahen, die sie auf der Nasenspitze trug. Sie benutzte wenig, wenn überhaupt Make-up, und selbst im Sitzen konnte ich erkennen, daß sie klein und schlank war. Unter der Schürze trug sie eine weiße, langärmelige Bluse mit einem Peter-Pan-Kragen, einen grauen Tweedrock, Strumpfhose und flache Schuhe.
    »Das ist eine Mandoline. Wird in Westdeutschland hergestellt.«
    »Ich dachte, eine Mandoline wäre ein Musikinstrument.«
    »Nein, nein. Das Gerät hier dient zum Schneiden von rohem Gemüse.«
    »Tatsächlich?« Ich hatte plötzlich Visionen von selbstgemachten Pommes frites, die ich noch nie zubereitet hatte. »Wieviel kostet so was?«
    »Einhundertundzehn Dollar. Mit dem Schneideschutz einhundertachtunddreißig. Soll ich es Ihnen vorführen?«
    Ich schüttelte den Kopf, da ich nicht bereit war, wegen einer Kartoffel soviel Geld auszugeben. Sie stand auf und strich die Schürze glatt. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich und roch wie die Duftprobe eines Parfüms, die ich eine Woche zuvor mit der Post bekommen hatte. Lavendel und Jasmin. Mich hatte der Preis des Zeugs beeindruckt, nicht der Duft. Ich hatte es in eine Schublade gestopft, und jetzt schlägt mir der Duft jedesmal entgegen, wenn ich frische Unterwäsche nehme.
    »Sie sind Ramona Westfall?«
    Ihr Lächeln veränderte sich zu einem Ausdruck der Erwartung. »Richtig. Kennen wir uns?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin Kinsey Millhone. Ich bin Privatdetektiv hier in der Stadt.«
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Ich suche Tony Gahan. Soviel ich weiß, sind Sie seine Tante.«
    »Tony? Du lieber Himmel, warum denn?«
    »Ich wurde gebeten, ihn in einer persönlichen Angelegenheit ausfindig zu machen. Ich wußte nicht, wie ich sonst mit ihm in Verbindung treten kann.«
    »Welche persönliche Angelegenheit? Das verstehe ich nicht.«
    »Ich wurde gebeten, ihm etwas zuzustellen. Einen Scheck von einem Mann, der kürzlich verstorben ist.«
    Einen Moment starrte sie mich verständnislos an. Dann dämmerte es in ihren Augen. »Sie sprechen von John Daggett, nicht wahr? Jemand hat mir erzählt, daß es gestern abend in den Nachrichten gekommen ist. Ich dachte, er wäre noch im Gefängnis.«
    »Er ist vor sechs Wochen entlassen worden.«
    Röte stieg ihr ins Gesicht. »Das ist doch wieder typisch«, schimpfte sie. »Fünf Menschen tot, und der läuft wieder frei herum.«
    »Nicht ganz«, berichtigte ich. »Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?«
    »Worüber? Über meine Schwester? Sie war achtunddreißig, eine schöne Frau. Sie wurde verstümmelt, als er eine Ampel überfuhr und in sie hineinraste. Ihr Ehemann wurde getötet. Tonys Schwester zerschmettert. Sie war sechs, fast noch ein Baby...« Sie brach abrupt ab, merkte plötzlich, daß sie mit lauter Stimme gesprochen hatte. Mehrere Leute in der Nähe blieben stehen und starrten zu uns herüber.
    »Wer waren die anderen? Kannten Sie sie?« fragte ich.
    »Sie sind doch Detektiv. Finden Sie es heraus.«
    Eine dunkelhaarige Frau im Nachbargang fing ihren Blick auf. Sie machte nicht den Mund auf, aber ihre Miene fragte: »Ist alles in Ordnung?«
    »Ich mache eine Pause«, erklärte Ramona ihr. »Ich bin hinten, wenn Tricia mich braucht.«
    Die dunkelhaarige Frau warf mir einen kurzen Blick zu und schlug dann die Augen nieder. Ramona ging auf eine Tür am anderen Ende des

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