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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Büro und eilte die Treppe hinab zu meinem Wagen.
    Es war jetzt fast Viertel vor fünf, wurde mit jeder Minute kälter, aber wenigstens war es vorübergehend trocken. Ich fuhr die Cabana entlang, schaute aus dem Autofenster. Es waren nicht viele Leute am Strand. Ein paar unerschütterliche Fußgänger. Ein Junge mit einem Hund. Der Boulevard schien verlassen. Ich machte kehrt, fuhr in die Richtung meiner Wohnung, kam an der Werft zu meiner Linken vorbei, an der Motelreihe auf der anderen Straßenseite. Gleich hinter dem Bootsslip und dem Kinderpool mußte ich bei einer Ampel halten, überflog den Park an der gegenüberliegenden Ecke. Ich konnte die Orchestermuschel sehen, wo Penner manchmal Schutz suchten, aber ich sah niemanden dort hocken. Wo waren die nur alle?
    Ich fuhr im Kreis, diesmal an der Haltestelle vorbei. Mir fiel ein, daß dies wahrscheinlich die Zeit war, in der die Penner zu Abend aßen. Ich fuhr noch anderthalb Block weiter, und siehe da, da waren sie — ungefähr fünfzig nach schneller Schätzung, aufgereiht vor der Inneren Mission. Der Mann, nach dem ich suchte, stand zusammen mit seinem Freund ziemlich am Ende der Schlange. Von ihren Einkaufswagen war nichts zu sehen. Ich verlangsamte das Tempo und suchte nach einem Platz zum Parken.
    Die Gegend besteht aus Leichtindustrie, Fabriken und Hütten, in denen Karosseriereparaturen vorgenommen werden. Ich fand einen Parkplatz vor einem Laden, in dem Surfbretter auf Bestellung hergestellt wurden. Ich parkte und beobachtete im Rückspiegel, wie die Gruppe vor der Mission ins Haus schlurfte. Dann versperrte ich den Wagen und überquerte die Straße.
    Die Mission sieht aus, als wäre sie aus Pappmaché hergestellt, ein zweistöckiges Rechteck aus unecht wirkenden Feldsteinen, mit Efeu am einen Ende. Das Dach ist mit Zinnen verziert wie eine Burg, der »Burggraben« ein breites Band aus Asphalt. Die feuerpolizeilichen Vorschriften machten es scheinbar notwendig, zusätzliche Feuerleitern anzubringen, die sich jetzt auf allen Seiten am Gebäude herabziehen. Irgendwie scheinen sie gefährlicher als die Möglichkeit eines Feuers. Der Besitz gilt als Grundstück erster Güte, und ich fragte mich, wer die Armen wohl unterbringen würde, wenn man das Haus verkaufen würde. Das Klima in diesem Teil Kaliforniens ist zwar meistens so mild, daß sie draußen schlafen können, was sie ohnehin vorzuziehen scheinen. Aber es gibt saisonbedingte Regenwochen — und manchmal sogar jemanden mit einem Schlachtermesser, der es darauf abgesehen hat, ihnen die Kehle durchzuschneiden. Die Mission bietet eine sichere Schlafstelle für die Nacht, drei heiße Mahlzeiten am Tag und einen Platz, an dem man in Ruhe seine Zigaretten drehen kann.
    Essensdünste stiegen mir in die Nase, als ich näher kam - Hamburger mit Chili. Wie üblich konnte ich mich nicht erinnern, zu Mittag gegessen zu haben, und jetzt war es schon fast wieder Zeit zum Abendessen. Das Schild draußen gab Gottesdienste allabendlich um sieben Uhr, warme Duschen montags, mittwochs und samstags bekannt. Ich trat ein. Die Wände waren oben glänzend beige und unten braun gestrichen. Handgeschriebene Schilder wiesen mir die Richtung zum Speisesaal und der Kapelle auf der linken Seite. Ich folgte dem Gemurmel von Stimmen und dem Klappern von Besteck.
    Rechts, durch eine Tür, konnte ich den Speisesaal ausmachen — lange metallene Klapptische mit Papierdecken, Stühle mit Männern darauf. Niemand kümmerte sich um mich. Ich konnte Teller sehen, auf denen sich Weißbrot stapelte, Schüsseln mit Apfelmus, zimtgesprenkelt, Eisbergsalat mit Fertigdressing. An den Tischen hatten zwanzig Personen Platz, die sich bereits über ihr Essen beugten, das aus Chili und Makkaroni bestand. Weitere fünfzehn oder zwanzig Männer saßen gehorsam in der »Kapelle« zu meiner Linken, die aus einem Chorpult, einem alten Klavier, orangefarbenen, aus Plastik gegossenen Stühlen und einem imposanten Kreuz an der Wand bestand.
    Der Trebegänger, den ich suchte, saß mit seinem Freund in der hinteren Reihe. Slogans überall versicherten mir, daß Jesus sich um uns sorgte, und hier war das sicherlich der Fall. Was mich am meisten beeindruckte, war die Tatsache, daß diese Mission (den Schildern an der Wand nach) aus privaten Mitteln gefördert wurde und nur wenig oder gar keine Verbindung zur Regierung hatte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Der Mann war über sechzig, glattrasiert, untersetzt. Er trug ein kurzärmeliges rotes Baumwollhemd und

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