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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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habe jemanden, der sie gesehen hat, und das sollte doch wohl helfen, meinen Sie nicht? Hier handelt es sich nur um die Vorarbeit, das Eingrenzen«, erklärte ich. Das war natürlich Quatsch. Ich war mir nicht sicher, ob der Motel-Angestellte irgend jemanden erkennen würde.
    Ihr Lächeln wurde um ein Watt blasser. »Ich will nicht mehr mit Ihnen reden«, hauchte sie.
    Ich hob die Hände, als hätte sie mit einer Waffe auf mich gezielt. »Bin schon weg«, sagte ich. »Aber ich muß Sie warnen, ich bin hartnäckig. Ich vermute, daß Sie das beunruhigend finden werden.«
    Ich hielt den Blick auf sie geheftet, als ich fortging. Die schlammbedeckte Hacke, die sie benutzte, war mir nicht entgangen, und ich hielt es für besser, ihr nicht den Rücken zuzuwenden.
    Auf dem Weg in die Stadt fuhr ich bei den Westfalls vorbei. Ich mußte irgendwann auch Barbara Daggett den Rock zeigen, aber The Close lag auf meinem Weg. Die niedrige Feldsteinmauer, die das Grundstück umgab, war noch dunkelgrau vom Regen. Ich fuhr durchs Tor und parkte unten in dem dichten Regen an der Straße, wie ich es schon einmal getan hatte. Am Tage lagen die acht viktorianischen Häuser im Schatten, der Sonnenschein durchdrang kaum die Zweige der Bäume. Ich verschloß den Wagen und ging den Weg zum Eingang empor. Die Stämme der Eichen im Hof waren von einem Pilz überzogen, der so grün war wie das oxydierte Kupfer eines Daches. Hohe Palmen markierten die Ecken des Hauses. Die Luft war kühl und feucht nach dem Sturm.
    Die Haustür stand offen. Von der Halle konnte man direkt durch die Küche sehen, und ich stellte fest, daß auch die Hintertür offenstand, die Schutztür mit dem Fliegengitter unverriegelt war. Ein Kofferradio stand auf der Anrichte und Musik dröhnte heraus. Ich klingelte, aber das Geräusch ging in den letzten Tönen der Musik unter.
    Ich verließ die Veranda auf der Vorderseite des Hauses und ging nach hinten, schaute von dort ins Haus. Wie auch der Rest des Hauses war die Küche erneuert worden. Die Besitzer hatten sie modernisiert, dabei aber den viktorianischen Charakter beibehalten. Die Wände schmückte eine kleinbedruckte Blumentapete mit vielen Weiden, Eichen und Farnen. Die Türen des Küchenschrankes waren durch Bleiglas ersetzt worden, aber die Geräte waren alle vom Modernsten.
    Niemand war im Zimmer. Eine Tür zur Linken stand offen, der Schatten dahinter ließ vermuten, daß sich dort die Treppe in den Keller befand. Es sah aus, als wäre jemand unterbrochen worden, als er sie gerade ausräumte. Eine elektrische Kaffeemaschine war neben dem Herd eingestöpselt. Als ich noch hinschaute, ging das rote Licht an. Mit Verspätung stieg mir jetzt auch der Duft von heißem Kaffee in die Nase.
    Die Musik endete, und der Sprecher machte seine abschließenden Bemerkungen über das Stück und sagte dann ein Konzert von Brahms in e-Moll an. Ich klopfte an den Rahmen der Schutztür, hoffte, daß mich jemand hören würde, ehe die Musik wieder erklang. Ramona tauchte aus den Tiefen des Kellers auf. Sie trug einen Wollrock aus gedämpftem, grauem Karo, mit dunkelbraunen Streifen darin. Ihr Pullover war dunkelbraun, mit einer weißen Bluse darunter, deren Kragen am Hals züchtig von einer antiken Brosche zusammengehalten wurde. Ich beschloß, die Schuhe und den Rock, den ich mitgebracht hatte, nicht zu erwähnen.
    »Tony?« fragte sie. »Oh, Sie sind es.«
    Sie hatte den Arm voll mit blauen Badehandtüchern, die sie auf einen Stuhl fallen ließ. »Ich dachte, ich hätte jemanden klopfen gehört. Durch das Fliegengitter konnte ich nicht sehen, wer es war.« Im Vorbeigehen stellte sie das Radio ab und öffnete dann die Tür, um mich einzulassen.
    »Tony bringt die Einkäufe aus der Garage herein. Wir sind gerade vom Markt zurückgekommen. Nehmen Sie doch Platz. Möchten Sie eine Tasse Kaffee? Ich habe ihn gerade frisch gemacht.«
    »Ja, gern, sehr freundlich.« Ich nahm den Stapel Handtücher vom Stuhl und setzte mich, legte Rock und Schuhe vor mir auf den Tisch. Ich sah, wie ihr Blick hinüberwanderte, aber sie gab keinen Kommentar ab.
    »Hat er heute keine Schule?« erkundigte ich mich.
    »Sie mußten heute eine Arbeit schreiben, und da er früh fertig war, haben sie ihn gehen lassen. Er hat ohnehin schon bald einen Termin bei seinem Therapeuten.«
    Ich sah ihr zu, wie sie durch die Küche ging und Tassen und Teller holte. Sie hatte eine dieser Frisuren, die nach einem Kopfschütteln perfekt sitzen. Ich bearbeite meine eigene alle sechs

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