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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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akzeptieren, daß wir das Band nicht noch einmal zurückspulen und die letzten fünfzehn Minuten anders spielen konnten. Ich würde früher kommen. Ich würde ihn warnen, und er könnte unverletzt davongehen. Er würde mir seine Theorie erzählen, und dann könnte ich ihm das Bier kaufen, das ich ihm an diesem ersten Abend im Hub versprochen hatte.
    Feldman tauchte auf. Ich ertappte mich dabei, daß ich auf seine Hosenbeine starrte, unfähig, aufzublicken. Er zündete eine Zigarette an und begab sich auf meine Höhe hinunter, hockte ebenfalls am Straßenrand. Ich umklammerte meine Knie, fühlte mich wie betäubt. Ich kenne den Mann kaum, aber das, was ich von ihm gesehen habe, hat mir immer gefallen. Er sieht aus wie eine Kreuzung zwischen Jude und Indianer — ein großes, flaches Gesicht, hohe Wangenknochen, eine große gebogene Nase. Er ist ein großer Mann, ungefähr fünfundvierzig, mit dem Haarschnitt eines Cops, den Kleidern eines Cops und einer tiefen, rollenden Stimme. »Weihen Sie mich schnell ein?« bat er.
    Es war die Bewegung, als ich meinen Mund öffnete, die die Tränen hervorrief. Ich riß mich zusammen, wollte sie unterdrücken. Ich schüttelte den Kopf, kämpfte mit dem fast überwältigenden Druck des Bedauerns. Er reichte mir ein Taschentuch, und ich drückte es an meine Augen, faltete es dann und richtete meine Bemerkungen an dieses Rechteck aus weißer Baumwolle. In eine Ecke war ein »F« gestickt, bei dem sich ein Faden löste.
    »Tut mir leid«, murmelte ich.
    »Das ist schon in Ordnung. Lassen Sie sich Zeit.«
    »Er war so ein Versager«, sagte ich. »Ich glaube, das ist es auch, was mich so fertigmacht. Er dachte, er wäre so schlau und so hart.«
    Ich machte eine Pause. »Ich schätze, man weiß nie vorher, welche Menschen einem im Leben berühren.«
    »Hat er nicht gesagt, wer auf ihn geschossen hat?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich hab nicht gefragt. Ich wollte die letzten Minuten seines Lebens nicht mit solchem Zeug vertun. Es tut mir leid.«
    »Nun, er hätte es vielleicht ohnehin nicht verraten. Um was ging es?«
    Ich fing an zu reden, erzählte alles, was mir in den Sinn kam. Er ließ mich plappern, bis ich schließlich die Beherrschung wiederfand und anfing, es systematisch auszubreiten. Nach Hunderten von Berichten kannte ich den Weg. Ich ging alles der Reihe nach durch, während er nickte und sich Notizen in einem abgegriffenen, schwarzen Büchlein machte.
    Als ich fertig war, steckte er seinen Kuli fort und schob das Notizbuch zurück in die Innentasche seines Jacketts. Dann stand er auf, und automatisch erhob ich mich mit ihm.
    »Was nun?« fragte ich.
    »Ehrlich gesagt, Daggetts Akte liegt bei mir auf dem Tisch«, erzählte er. »Robb hat mir erzählt, Sie würden es für einen Mord halten, und ich dachte, ich schaue es mir mal an. Wir hatten einen Doppelmord, einen von diesen Exekutionskommandos, im Bluffs, gestern nacht, und da haben wir alle unsere Leute hingeschickt, deshalb hatte ich bislang noch keine Zeit für Daggett. Es wäre schon gut, wenn Sie aufs Revier kommen und selbst mit Lieutenant Dolan sprechen würden.«
    »Ich möchte erst Billys Schwester aufsuchen«, bat ich. »Das ist schon der zweite Bruder, den sie im Zusammenhang mit Daggett verloren hat.«
    »Sie glauben nicht, daß sie es war, die ihn umgebracht hat?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich dachte, sie hätte mit Daggetts Tod zu tun, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß sie hierin verwickelt ist. Es sei denn, mir ist etwas Wesentliches entgangen. Erstens hätte er sie nicht hier draußen treffen müssen. Ich bin sicher, daß es jemand war, den er bei der Beerdigung gesehen hat.«
    »Machen Sie eine Liste, und die gehen wir dann durch«, meinte er.
    Ich nickte. »Ich kann auch am Büro vorbeifahren und meine Berichte kopieren. Und Lovella weiß vielleicht auch mehr, als sie uns bislang erzählt hat.« Es war ein gutes Gefühl, alles ihm zu überlassen. Er konnte es haben. Essie und Lovella und die Smith’.
    Pettigrew näherte sich, eine kleine Plastiktüte in der Hand, die er an einer Ecke festhielt. Darin lagen drei leere Hülsen. »Die haben wir drüben bei dem Lieferwagen gefunden. Wir riegeln den gesamten Parkplatz ab, bis die Jungs Gelegenheit haben, ihn durchzukämmen.«
    »Versuchen Sie es mit den Abfalleimern. Da habe ich den Rock und die Schuhe gefunden, nachdem Daggett ermordet wurde«, schlug ich vor.
    Feldman nickte und warf dann einen Blick auf die Hülsen. ».32er«, bemerkte er.
    Ich

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