Kinsey Millhone 04 - Ruhelos
und wir wußten, wenn wir uns nicht beeilten, würde er alles ausgeben.«
»War Ihnen nicht klar, daß er beabsichtigte, das restliche Geld Tony Gahan zu geben?«
»Natürlich nicht«, erklärte sie energisch. »Billy konnte es einfach nicht glauben, als Sie ihm das erzählt haben. Wir dachten, der größte Teil wäre noch irgendwo in der Nähe. Wir dachten, wir könnten es immer noch bekommen.«
Ich beobachtete ihr Gesicht, versuchte, die Information zu verarbeiten, die sie mir da gab. »Heißt das, Sie haben Daggett mit Lovella zusammengebracht, damit sie ihn um die fünfundzwanzigtausend Dollar erleichtern konnte?«
»Richtig«, antwortete sie.
»Sie wollten es durch drei teilen! Das ist knapp über achttausend pro Person.«
»Und?«
»Coral, achttausend sind nichts!«
»Blödsinn, nichts! Wissen Sie, was ich mit acht Riesen machen könnte? Wieviel haben Sie? Haben Sie acht Riesen?«
»Nein.«
»Na also. Erzählen Sie mir bloß nicht, das wäre nichts!«
»Also schön. Es ist ein Vermögen. Und was ging dann schief?«
»Zuerst gar nichts. Billy rief ihn an und erzählte ihm, daß die Jungs in San Luis von dem Geld erfahren hätten und es zurückhaben wollten. Er erzählte Daggett, daß sie hinter ihm her wären, und da drehte der durch.«
»Woher wußten Sie, daß er ausgerechnet hierher fliehen würde?«
»Billy hatte Daggett erzählt, er würde ihm aus der Patsche helfen«, antwortete sie achselzuckend. »Und als Daggett dann in die Stadt kam, fing Billy an, ihn zu bearbeiten, versuchte ihn dazu zu bringen, es uns zu übergeben. Er sagte, er würde den Vermittler spielen, die Wogen glätten und ihn von der Angel holen.«
»Damals hatte er mir den Scheck schon gegeben, oder?«
»Klar, aber das wußten wir nicht. Er hat so getan, als hätte er das Geld noch griffbereit. Hat sich verhalten, als würde er es Billy geben, aber das war alles nur Theater. Natürlich war er da auch schon die meiste Zeit betrunken.«
»Dann hat er also Sie betrogen, während Sie ihn betrogen haben.«
»Er hat uns einfach an der Nase herumgeführt!« empörte sie sich. »Billy hat ihn Dienstag abend getroffen, und Daggett war wirklich reserviert. Erklärte, er brauchte Zeit, um es wieder in die Hände zu bekommen. Versprach, er würde es Donnerstag abend bringen. Also hat Billy ihn wieder im Hub getroffen, bloß hat Daggett gesagt, er brauchte noch einen Tag mehr. Billy hat ihn wirklich bearbeitet. Hat gesagt, diese Knaben wären ausgesprochen sauer und würden Daggett vielleicht sowieso umbringen, ob er ihnen das Geld nun gab oder nicht. Daggett wurde richtig nervös und schwor, er würde es am nächsten Abend haben. Das wäre Freitag gewesen.«
»Der Abend, an dem er starb.«
»Richtig. Ich habe an dem Abend gearbeitet, und ich sollte ihn im Auge behalten, was ich auch tat. Billy beschloß, später zu kommen, damit er richtig schwitzte, und ehe ich wußte, was los war, tauchte diese Frau auf und fing an, ihm Drinks zu kaufen. Den Rest kennen Sie ja.«
»Billy hat mir erzählt, sie hätten ‘nen Erkältungsschluck genommen und wären im Hinterzimmer zusammengebrochen. Ist das wahr?«
»Ich hab mich nur hingelegt. Als ich sah, daß Daggett ging, wußte ich, daß Billy ‘nen Anfall haben würde. Ich fühlte mich auch so schon schlecht genug, ohne noch mit diesem Mist fertigwerden zu müssen.«
»Und Billy ist schließlich dahintergekommen, wer sie war?«
»Ich weiß nicht. Ich schätze. Ich war heute morgen nicht hier, deshalb weiß ich auch nicht, was er vorhatte.«
»Hören Sie. Ich muß aufs Polizeirevier und Lieutenant Dolan erzählen, was passiert ist. Wenn Lovella zurückkommt, sagen Sie ihr bitte, daß es dringend ist, daß sie sich mit mir in Verbindung setzt. Tun Sie das?«
Coral schob den letzten sauberen Teller ins Gestell. Sie füllte ein Glas mit Wasser und goß es über das Geschirr, spülte damit den restlichen Schaum ab. Dann wandte sie sich um und starrte mich mit einem Blick an, der mir kalte Schauer den Rücken hinabjagte. »Glauben Sie, sie hat Billy umgebracht?«
»Ich weiß nicht.«
»Sagen Sie es mir, wenn Sie herausfinden, daß sie es war?«
»Coral, wenn sie es war, dann ist sie gefährlich. Ich möchte nicht, daß Sie da hineingeraten.«
»Aber Sie sagen es mir?«
Ich zögerte. »Ja.«
»Danke.«
25
Ich sprach noch kurz mit dem Leiter der Wohnwagenstadt. Ich gab ihm meine Karte und bat ihn, mich anzurufen, wenn Lovella zurückkam. Ich traute Coral nicht so recht. Als ich ihn
Weitere Kostenlose Bücher