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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Körpers so zu zwirbeln, dass jeder in die Knie geht. Ich sah, wie Bibianna sich versteifte und das Gesicht verzerrte, als ihre Gegnerin jetzt einen einschlägigen Nerv malträtierte. Officer Janofsky drehte Bibianna mit einem Ruck die Arme auf den Rücken und ließ die Handschellen zuschnappen. Ich fühlte, wie mich Verzweiflung packte. Sie würden sie ins Gefängnis bringen und für den Rest ihres Lebens dort behalten. Ich begriff in einem Moment plötzlicher Klarheit, dass es nur eine Möglichkeit gab, den Kontakt zu ihr zu erhalten. Ich packte Officer Janofsky am Arm. »He, lassen Sie sie los! So können Sie nicht mit ihr umspringen!«
    Officer Janofsky durchbohrte mich mit einem Blick. Sie war auf hundertachtzig und nicht in der Stimmung, sich von jemandem wie mir irgendwelche Frechheiten gefallen zu lassen. »Weg da!«, fauchte sie.
    »Weg da !«, fauchte ich zurück. Aus dem Augenwinkel sah ich zwei ihrer Kollegen von rechts auf uns zukommen. Auf geht’s, dachte ich, hier kommt der »Widerstand gegen die Staatsgewalt«. Ich holte aus und pflanzte Officer Janofsky meine Faust ins Gesicht. Als ich mich wiederfand, lag ich bäuchlings auf dem Boden, die Arme in Handschellen auf dem Rücken, die rechte Gesichtshälfte gegen den Asphalt gequetscht. Ein Polizistenknie bohrte sich in meinen Rücken. Ich konnte kaum atmen und fürchtete einen Augenblick lang, der Kerl würde mir alle Rippen brechen. Es tat höllisch weh, aber ich bekam noch nicht mal einen Protestlaut heraus. Ich war wirksam außer Gefecht gesetzt, nicht völlig hinüber, aber doch zweifellos reumütig. Nachdem das sichergestellt war, stieg der Typ von mir herunter. Ich blieb ganz still liegen, weil ich keine Lust hatte, mir einen Schlagstockhieb auf den Schädel einzuhandeln. Um meine Lage noch misslicher zu gestalten, wuchs sich das Geniesel plötzlich zu einem ordentlichen Platzregen aus. Ich fing unwillkürlich an zu stöhnen. Ich hörte Bibianna schreien. Es klang eher nach Empörung als nach Schmerz. Ich hob im Zeitlupentempo den Kopf und sah gerade noch, wie sie Officer Janofsky vor die Kniescheibe trat. Der Adrenalinspiegel der Polizistin hatte ohnehin schon ein ziemliches Niveau erreicht, und ich fürchtete, sie würde mit der Taschenlampe auf Bibianna losgehen. Sie packte sie am Hals und versuchte, einen Würgegriff anzusetzen. Zum Glück intervenierte an diesem Punkt einer ihrer Kollegen. Ich legte die Backe wieder auf den Asphalt und wartete, dass das Melodram zum Schlusspunkt kam. Die aufschlagenden Tropfen spritzten mir ins Gesicht. Ich starrte auf die kleinen Steinchen im Teer und versuchte, aus den akustischen Anhaltspunkten zu erschließen, was um mich herum vor sich ging. Es war wie eine Sportreportage im Radio. Ich wurde es bald leid, mir den Ablauf des Geschehens auszumalen. Wassertropfen kullerten mir quer übers Gesicht und sammelten sich zu einer kleinen Pfütze neben meiner Backe. Ich kam mir vor wie einer dieser Demonstranten, die man immer auf Zeitungsfotos sieht. Ich drehte meinen Kopf um neunzig Grad und stützte das Kinn auf den Boden.
    »Ah, Entschuldigung«, sagte ich. »He, hallo!« Es war mühsam, den Kopf so zu halten, also legte ich ihn wieder hin. Mehrere Paar Polizei-Dienstschuhe erschienen in meinem Gesichtsfeld. Ich hoffte, dass keines davon Lieutenant Dolan gehörte. Plötzlich waren je ein Beamter rechts und links von mir. Ich fühlte, wie ich unter den Achseln gepackt wurde. Dann wurde ich angehoben und ohne mein Zutun in die Senkrechte geliftet. Nachdem mich ein paar Hände kurz abgetastet hatten, wurde ich zu einem Polizeiwagen bugsiert und auf den Rücksitz verfrachtet. Die Tür wurde zugeknallt.
    Ein Zivilwagen kam aus der Gegenrichtung und vollführte auf dem glitschigen Asphalt eine halbe Schleuderkehre. Ich sah Bill Blair vom gerichtsmedizinischen Institut auf der Fahrerseite aussteigen und einen Moment stehenbleiben, um sich mit ruckenden Schulterbewegungen in seinen Regenmantel zu wursteln. Mit eingezogenem Kopf marschierte er zu dem Toten hinüber, ohne in meine Richtung zu gucken. Allmählich war die ganze Truppe versammelt: zwei Leute von der Baustellensicherung, die Absperrgitter aufstellten und ein Plastikband zogen, die Spurensicherung und der Einsatzleiter in einem eigenen Fahrzeug. Es war wie der Auftakt zu einem Theaterstück. Die Schauspieler betraten die Bühne, jeder mit den nötigen Requisiten, jeder mit seiner kleinen Rolle. Wieder einmal wurde das Drama Mord gegeben.
    Ich saß leicht

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