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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Mädchen... unersättlich... aber Lust am Sex war nicht der Grund dafür. Es war... ich weiß nicht... vielleicht Selbstverachtung oder der Drang, andere zu beherrschen. Wir waren ihr ausgeliefert, weil wir sie so sehr wollten. Und aus Rache haben wir ihr vermutlich nie das gegeben, wonach sie sich gesehnt hat... nämlich ganz einfach und altmodischerweise Selbstachtung.«
    »Und was war ihre...?«
    »...Rache, meinen Sie? Keine Ahnung. Uns geil zu machen. Uns ständig daran zu erinnern, dass nur sie uns geben konnte, was wir wollten, dass wir nie genug von ihr kriegen oder je in unserem Leben wieder eine wie sie bekommen konnten. Sie brauchte unsere Bewunderung, einen Jungen, der nett zu ihr war. Alles, was wir je gewagt haben, war, hinter ihrem Rücken über sie zu reden... und das muss sie gewusst haben.«
    »War sie in Sie verliebt?«
    »Vermutlich. Allerdings kaum für lange.«
    »Es würde mir schon helfen, wenn Sie mir sagen könnten, wer sonst noch was mit ihr hatte.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Ich verpfeife niemanden. Schließlich bin ich mit ein paar dieser Jungen noch immer befreundet.«
    »Wie wär’s, wenn ich Ihnen einfach ein paar Namen auf dieser Liste vorlese?«
    »Nein, das will ich nicht. Ehrlich nicht. Was meine Person betrifft, ist das was anderes. Aber ich will da niemanden mit hineinziehen. Es verbindet uns da was Merkwürdiges... etwas, worüber wir nicht reden. Eines kann ich Ihnen sagen... wenn ihr Name fällt, spricht keiner ein Wort, aber wir denken alle dasselbe.«
    »Was ist mit Burschen, mit denen Sie nicht befreundet waren?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Zum Zeitpunkt des Mordes hatte sie offenbar eine Affäre und war schwanger.«
    »Keine Ahnung.«
    »Haben Sie keinen Verdacht? Bestimmt ist darüber geredet worden.«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Könnten Sie sich nicht umhören? Jemand muss davon gewusst haben.«
    »Ich würde ja gern helfen, aber vermutlich habe ich schon mehr gesagt, als gut ist.«
    »Was ist mit den Mädchen aus Ihrer Klasse? Jemand muss damals informiert gewesen sein.«
    Er räusperte sich erneut. »Tja... Vielleicht weiß Barb was. Ich kann sie ja mal fragen.«
    »Welche Barbara?«
    »Meine Frau. Wir waren in derselben Klasse.«
    Ich warf einen Blick auf das Foto auf seinem Schreibtisch und erinnerte mich. »Die Ballkönigin?«
    »Woher wissen Sie denn das?«
    »Ich habe ihre Fotos im Jahrbuch gesehen. Würden Sie sie bitte fragen, ob sie uns helfen kann?«
    »Ich bezweifle es zwar, aber ich will’s versuchen.«
    »Das wäre großartig. Sie soll mich bitte anrufen. Falls sie nichts weiß, hat sie ja vielleicht eine Idee, an wen ich mich noch wenden könnte.«
    »Ich möchte nicht, dass herauskommt...«
    »Ich verstehe«, versicherte ich ihm.
    Ich gab ihm meine Visitenkarte. Auf die Rückseite hatte ich meine Telefonnummer im Ocean Street Motel geschrieben. In leicht optimistischer Stimmung verließ ich die Praxis. Trotzdem beunruhigte mich der Gedanke, dass erwachsene Männer noch immer von der Erinnerung an die Sexualität einer Siebzehnjährigen geplagt wurden, die sowohl bemitleidenswert als auch pervers gewesen zu sein schien. Irgendwie fühlte ich mich nach dem Einblick, den Dr. Poletti mir in seine Vergangenheit gegeben hatte, wie ein Voyeur.

11

    Gegen zwei Uhr schlich ich mich auf leisen Sohlen die Außentreppe des Motels hinauf in mein Zimmer, wo ich die Straßenkleidung gegen die Jogging-Klamotten tauschte. Ich hatte nichts zu Mittag gegessen, war jedoch viel zu überdreht und aufgekratzt, um etwas zu mir nehmen zu können. Seit den tumultartigen, blutigen Szenen im Gerichtssaal hatte ich Stunden in engem Kontakt mit anderen Menschen verbracht, und all meine Energie hatte sich zu innerer Erregtheit gesteigert. Ich zog mein Sweatshirt über die Jogginghose, schnürte die Laufschuhe zu und rannte hinaus. Den Zimmerschlüssel hatte ich in die Schuhbänder gebunden. Es war ein kühler Nachmittag, und die Luft war dunstig. Meer und Himmel gingen am Horizont konturlos ineinander über. Der Wechsel der Jahreszeiten geht in Süd-Kalifornien gelegentlich kaum merklich vor sich, ein Phänomen, das Menschen, die im Osten oder Mittleren Westen aufgewachsen sind, als ausgesprochen unangenehm empfinden. Jeder Tag ist eine Jahreszeit für sich. Die Stimmungen des Meeres ändern sich ständig. Das Licht wechselt, und die Landschaft nimmt feinste farbliche Veränderungen auf, sodass sich das satte, winterliche Grün ganz allmählich in das

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