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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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helfen? Hast du genug Geld?«
    Joleen war überwältigt. Ihre Nase wurde rosarot, und ihre Stimme klang heiser, als sie sagte: »Danke, ich komme zurecht. Heute Abend kommen meine Eltern aus Los Angeles. Wenn sie hier sind, geht’s mir gleich besser.«
    »Na, sag Bescheid, wenn wir irgendetwas für dich tun können. Morgen Nachmittag könnte jemand aus der Oberstufe auf die Kinder aufpassen. Bob Haws sagt, dass die Trauerfeier um zwei Uhr beginnt.«
    »Das Angebot nehme ich gern an. Ich hab noch gar nicht daran gedacht, wer auf die Kinder aufpasst. Kommen Sie zur Beerdigung? Tap hätte das schrecklich gefreut.«
    »Natürlich komme ich. Er war ein guter Mensch, und wir waren alle stolz auf ihn.«
    Ich folgte Shales auf die Straße, wo er den Wagen geparkt hatte. »Ich habe die Schulakte von Jean Timberlake besorgt«, sagte er. »Wenn Sie mit in mein Büro kommen, können Sie sie einsehen. Sind Sie mit dem Wagen da? Sonst nehme ich Sie gern mit.«
    »Ich nehme lieber meinen Wagen. Er steht vor dem Motel.«
    »Dann steigen Sie ein. Ich setze Sie dort ab. Ich fahre sowieso in die Richtung.«
    Er hielt die Tür für mich auf, und wir unterhielten uns während der kurzen Fahrt über Belanglosigkeiten. Lieber wäre ich zu Fuß gegangen, doch ich wollte sein Angebot nicht zurückweisen; immerhin hoffte ich, dass er den Daten in Jeans Akte möglicherweise persönliche Erinnerungen hinzufügen konnte.
    Ann war aus dem Krankenhaus zurück, und ich sah, wie sie aus dem Bürofenster schaute, als wir vorfuhren. Sie und Shales lächelten sich zu, winkten, und dann war sie verschwunden.
    Ich stieg aus und beugte mich durchs geöffnete Fenster. »Ich muss noch kurz was erledigen, dann komme ich zu Ihnen.«
    »Gut. Bis dahin versuche ich herauszukriegen, ob irgendeiner der Lehrer noch eine nützliche Information beisteuern kann.«
    »Danke«, murmelte ich.
    Als er davonfuhr und ich mich umdrehte, stand ich plötzlich Ann gegenüber.
    »Wollte er nicht reinkommen?«
    »Ich glaube, er musste in die Schule zurück. Ich habe ihn gerade bei Joleen Granger getroffen. Wie geht’s Ihrem Vater?«
    »Den Umständen entsprechend. Der Krebs hat mittlerweile Lunge, Leber und Milz befallen. Sie geben ihm nicht mal mehr einen Monat.«
    »Und wie hat er das aufgenommen?«
    »Schlecht. Ich dachte, er habe sich bereits damit abgefunden, aber er war ziemlich aufgebracht. Er möchte mit Ihnen sprechen.«
    Ich erschrak. Das war das Letzte, was ich brauchte. Ein Gespräch am Sterbebett. »Gut, vielleicht kann ich heute Nachmittag bei ihm vorbeifahren.«

1 5

    Ich saß in Dwight Shales’ Vorzimmer und sah Jean Timberlakes Schulakte durch. Unfreiwillig bekam ich dabei das Telefongespräch einer empörten Oberstufenschülerin mit, die sich in der Pause auf der Toilette die Haare gewaschen hatte. Offenbar verlangte es die Schuldisziplin, dass Missetäter ihre Eltern von solchen Verstößen gegen die Hausordnung über das öffentliche Münztelefon im Sekretariat informierten.
    »Oh, Mammi... Woher hätte ich das denn wissen sollen? Ich meine... verdammte Scheiße, weil ich einfach keine Zeit hatte... Himmel! Das hat mir hier niemand gesagt... Wir leben in einem freien Land, verdammt. Ich hab mir nur die Haare gewaschen! ... Habe ich nicht... Nein, ich krieche nicht zu Kreuze... Ja, du redest auch schlau daher.« Tonartwechsel, jetzt spielte sie die Märtyrerin. »In Ordnung! ... Ja, ich habe gesagt, in Ordnung... Sicher, Mammi. Großer Gott... Warum lässt du mich nicht in Ruhe? ... Ganz recht... Wirklich? ... Na, klar. Du kannst mich mal, ja? Du bist ein solches Arschloch. Ich hasse dich.« Damit warf sie den Hörer auf die Gabel, dass es krachte, und brach in Tränen aus.
    Ich widerstand der Versuchung, um die Ecke zu spähen, und hörte das leise Gemurmel einer Komplizin: »Herrje, Jennifer, das ist wirklich unfair.«
    Jennifer schluchzte verzweifelt. »Sie ist eine Hexe. Ich hasse sie...«
    Ich versuchte mir vorzustellen, was passiert wäre, wenn ich in ihrem Alter damals mit meiner Tante so gesprochen hätte. Wahrscheinlich hätte ich einen Kredit aufnehmen müssen für die fällige Zahnarztbehandlung.
    Ich blätterte weiter in Jeans Akte, las die Eignungstests, die Zeugnisse, die Anmerkungen ihrer Lehrer. Mit dem Schluchzen im Hintergrund war mir fast, als sähe Jean Timberlakes Geist mir über die Schulter. Sie schien ziemlich viel Ärger gehabt zu haben in der Schule. Rügen wegen Zuspätkommens und sonstigen Fehlverhaltens, Nachsitzen und

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