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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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stoßen. Dann nickte sie, stimmte einem zu, machte die richtigen Bemerkungen, und kaum hatte sie sich umgedreht, tat sie genau das, wofür sie gerügt worden war.«
    »Können Sie mir ein Beispiel nennen?«
    »Da gibt’s Tausende. Sie hat die Schule geschwänzt, ist zu spät zum Unterricht gekommen, hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht, Tests nicht mitgeschrieben und so weiter. Sie hat in der Schule verbotenermaßen geraucht und Alkohol in ihrem Schrankfach aufbewahrt. Jeden hat sie auf die Palme gebracht. Sie war absolut gewissenlos und hatte nicht die geringste Absicht, sich zu bessern. Was soll man mit einer solchen Schülerin anfangen? Sie hat alle Register gezogen, um sich herauszureden. Und Jean war eine perfekte Schauspielerin. Sie konnte einem jede Lüge verkaufen, aber der positive Eindruck war sofort verflogen, sobald sie das Zimmer verlassen hatte.«
    »Hatte sie Freundinnen?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Hatte sie zu irgendeinem Lehrer eine besondere Beziehung?«
    »Das möchte ich bezweifeln. Aber wenn Sie wollen, fragen Sie doch die Kollegen.«
    »Was wissen Sie über ihre sexuellen Kontakte?«
    Er rutschte verlegen auf dem Stuhl hin und her. »Davon habe ich gerüchtehalber gehört, aber keine konkreten Informationen. Würde mich jedoch nicht überraschen, wenn die Gerüchte zutreffend gewesen wären. Sie hatte nicht viel Selbstvertrauen.«
    »Ich habe mit einem Klassenkameraden gesprochen, der angedeutet hat, dass sie ziemlich entgegenkommend gewesen sein soll.«
    Shales schüttelte widerwillig den Kopf. »Wir konnten da nichts tun. Wir haben sie mehrmals zu einem Psychotherapeuten geschickt, aber natürlich ist sie dort nie aufgekreuzt.«
    »Ich nehme an, dass die Schulpsychologen bei ihr auch kaum Erfolg hatten?«
    »Leider nicht. Ich glaube nicht, dass man uns in diesem Punkt vorwerfen kann, dass wir uns nicht gekümmert hätten, aber wir konnten sie schließlich nicht zwingen. Und ihre Mutter war uns keine Hilfe. Ich wünschte, ich hätte für jeden Brief, den wir nach Hause geschickt haben, fünf Cents bekommen. Wir mochten Jean und dachten eigentlich, dass sie trotz allem eine Chance hatte. Aber Mrs. Timberlake hat schließlich aufgegeben. Und wir vielleicht auch. Ich weiß es nicht. Rückblickend habe ich kein gutes Gefühl, aber ich habe keine Ahnung, was wir hätten besser machen können. Sie war einfach eines jener Kinder, die durchs Raster gefallen sind. Es ist jammerschade, aber nicht zu ändern.«
    »Wie gut kennen Sie Mrs. Timberlake heute?«
    »Weshalb fragen Sie?«
    »Fürs Fragen werde ich bezahlt.«
    »Sie ist eine gute Bekannte«, antwortete er nach kaum merklichem Zögern.
    Ich wartete, doch es kam nichts weiter. »Was wissen Sie über den Mann, mit dem Jean sich angeblich eingelassen hatte?«
    »Da muss ich passen. Nach ihrem Tod kursierten eine Menge Geschichten, aber ein Name ist nie gefallen.«
    »Könnte mir vielleicht sonst noch jemand helfen? Jemand, dem sie sich möglicherweise anvertraut hat?«
    »Nicht, dass ich wüsste.« Plötzlich schien ihm etwas einzufallen. »Hm, eines ist mir allerdings immer merkwürdig vorgekommen. Ich habe sie in jenem Herbst mehrmals in der Kirche gesehen, was überhaupt nicht zu ihr passte.«
    »In der Kirche?«
    »Ja, in Bob Haws’ Gemeinde. Ich habe vergessen, wer’s mir erzählt hat, aber offenbar war sie ganz scharf auf den Jungen, der dort die Jugendgruppe geleitet hat. Wie heißt er doch gleich? Warten Sie!« Er stand auf und ging ins Sekretariat hinüber. »Kathy, wie hieß doch der Junge, der Klassensprecher der Abschlussklasse in dem Jahr war, in dem Jean Timberlake ermordet worden ist? Erinnern Sie sich noch an ihn?«
    Es folgte eine Pause, dann murmelte jemand eine Erwiderung, die ich nicht verstand.
    »Ja, natürlich. Danke.« Dwight Shales wandte sich wieder mir zu. »John Clemson. Sein Vater ist doch der Verteidiger von Fowler, oder?«

    Ich parkte meinen Käfer auf dem kleinen Parkplatz hinter Jack Clemsons Kanzlei und ging den Plattenweg entlang zum Vordereingang. Die Sonne schien, doch vom Meer her wehte ein kühler Wind. Ein Mann in Gärtnerkleidung schnitt die Hecke. Die elektrische Heckenschere in seinen Händen summte wie ein Bienenschwarm, während er das Gerät über die Hecke gleiten und Blätter regnen ließ.
    Ich ging zur Veranda hinauf und blieb einen Augenblick auf der Schwelle stehen, bevor ich eintrat. Die ganze Zeit über hatte ich mir überlegt, was ich sagen würde. Ich war ziemlich verärgert, dass

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