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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Wäldchens zu. Zwei Minuten später hatte ich die Kammhöhe erreicht. Unter mir auf der anderen Seite lag, durch das Eukalyptuswäldchen halb verdeckt, das Thermalhotel.
    Die Tennisplätze waren verlassen. Der Swimmingpool war von hier aus nicht zu sehen, aber dafür hatte ich einen freien Blick auf das Arbeitsteam: drei Männer und eine Baumsäge. Im Schatten einiger Felsen fand ich ein natürliches Versteck und richtete mich aufs Warten ein. Allein, ohne Lektüre und klingelnde Telefone, übermannte mich die Müdigkeit, und ich schlief ein.
    Gegen vier Uhr ging die Sonne unter. Klimatisch gesehen hatten wir Winter, was in Kalifornien bedeutet, dass die Sonne nicht vierzehn, sondern nur zehn Stunden scheint. In den vergangenen Jahren hatte es im Februar meistens geregnet, aber das schien sich in letzter Zeit zu ändern. Unter mir am Hang war es ruhig geworden. Das Waldarbeiterteam hatte offenbar Feierabend gemacht. Ich kroch aus meinem Versteck. Ich überzeugte mich, dass ich auch wirklich allein war, und pinkelte im Schutz einiger Büsche, sorgfältig darauf achtend, dass meine Joggingschuhe nicht nass wurden. Das einzige, was mich daran stört, eine Frau zu sein, ist, nicht im Stehen pinkeln zu können.
    Dann suchte ich mir eine Stelle, von der aus ich das Hotel beobachten konnte. Plötzlich bog ein Polizeiwagen auf den Parkplatz ein: Quintana und sein Kollege auf dem Kriegspfad. Oder hatte Elva doch Anzeige erstattet? Das wäre ein dicker Hund, dachte ich. Eine Viertelstunde später tauchten die Bullen wieder auf und fuhren davon. Als sich die Dämmerung über die Baumwipfel senkte, gingen einige Lichter an. Gegen sieben Uhr schließlich begann ich meinen Abstieg in Richtung der Brandschutzschneise. Auf diesem Weg konnte ich mich dem Hotel von der Rückseite nähern. Die Taschenlampe benutzte ich nur selten. Vorsichtig bahnte ich mir einen Weg durch Buschwerk und Unterholz. Zweige knackten unter meinen Schritten. Eigentlich hatte ich gehofft, dass die Waldarbeiter mir einen bequemen Pfad freigeschnitten hätten, doch die Jungs hatten offenbar an einer anderen Stelle gewirkt. Endlich erreichte ich die Schneise, einen Trampelpfad aus nackter Erde, der gerade breit genug war für ein Fahrzeug. Ich hielt mich links und bemühte mich, die Orientierung nicht zu verlieren. Die Rückseite des Hotels lag im Dunkeln, sodass es schwierig war, meinen Standort exakt zu bestimmen. Ich riskierte es, die Taschenlampe anzuknipsen. Der schmale Lichtkegel erfasste ein Objekt, das mir den Weg zu versperren schien. Mir stockte der Atem. Direkt vor mir, fast vollständig von überhängenden Zweigen verdeckt, stand Shanas verbeulter Plymouth.

24

    Ich ging um den Wagen herum, der hier seltsam bedrohlich wirkte, wie das Skelett eines unbekannten Tieres. Aus allen vier Reifen war die Luft herausgelassen. Shana hatte offenbar nirgendwo mehr hinfahren sollen. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass sie tot war, dass sie zu ihrer Verabredung mit Dr. Dunne erschienen war und danach das Grundstück nicht mehr verlassen hatte. Ich hob den Kopf. Unter den Bäumen war es kühl. Es roch nach fauligen Blättern, feuchtem Moos und Schwefel. Die Dunkelheit war undurchdringlich, die Geräusche der Nacht auf unheimliche Weise verstummt, so als wäre meine Gegenwart allein bedrohlich genug für die Zikaden und Frösche, um das Zirpen und Quaken einzustellen. Ich wollte sie nicht finden. Ich wollte nicht suchen. Jede Faser in mir sagte mir mit schmerzlicher Sicherheit, dass hier irgendwo ihre Leiche liegen musste.
    Ich fühlte, wie sich mein Magen zusammenzog, als ich den Schein meiner Taschenlampe über die Vordersitze des Plymouth gleiten ließ. Nichts. Ich wiederholte die Prozedur auf der Rückbank. Wieder nichts. Ich starrte auf den Kofferraumdeckel. Mit meinem Dietrich würde ich an diesem Schloss nichts ausrichten können. Vermutlich blieb mir nichts anderes übrig, als in das Hotelbüro einzubrechen, Shanas Schlüssel aus dem Karton für »Fundsachen« zu entwenden und damit hierher zurückzukommen. Ich drückte auf den Knopf, und der Deckel klappte auf. Der Kofferraum war leer. Erleichtert atmete ich aus, ich hatte automatisch die Luft angehalten. Ich ließ den Kofferraum offen, um nicht unnötig Krach zu machen. Das »Sanctuary« musste irgendwo in der Nähe sein.
    Ich versuchte mich an den Lageplan zu erinnern. Auf der Suche nach einem Weg ließ ich den Lichtkegel der Taschenlampe über die Büsche gleiten. Blattwerk, das bei Tag in frischem

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