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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Stuhl und hängte ihre wieder hin.
    Berlyn kam mit dem massigen Typen im Schlepptau näher. Ihr Stuhl wackelte gefährlich. Ich griff nach ihm, jedoch nicht schnell genug, um zu verhindern, daß ihre Tasche und ihre Lederjacke in einem Haufen auf den Boden fielen.

19

    Mein Blick fiel auf Berlyns Mund, der sich verärgert öffnete, als sie bemerkte, daß der Stuhl umgekippt war. Sie sah verschwitzt und zornig aus, ihr Dauerzustand, wie ich annahm. Ich drehte mich auf der Stelle um, so daß ich auf die Bar blickte. Mit Herzklopfen trank ich an meinem Bier. Ich hörte ihren erstaunten Ausruf. »Schau dir das an. Mein Goooott...« Sie dehnte den Fluch auf drei verschiedene Töne aus, während sie ihre Habseligkeiten zusammensammelte und sich offenbar die Zeit nahm, den Inhalt ihrer Handtasche zu überprüfen. »Da hat jemand drin herumgewühlt.«
    »In deiner Tasche?« fragte der Typ.
    »Ja, Gary, in meiner Tasche«, sagte sie mit von Sarkasmus triefender Stimme.
    »Fehlt irgend etwas?« Er schien betroffen, verlor aber nicht gerade die Fassung. Vielleicht war er an ihren Ton gewöhnt.
    Sie sagte: »He.«
    Ich wußte genau, daß sie in meine Richtung sprach.
    Sie stieß mich an die Schulter. »Ich rede mit Ihnen.«
    Ich wandte mich mit gespielter Unschuld um. »Wie bitte?«
    »O mein Gott. Was zum Teufel tun Sie denn hier?«
    »Ach, hallo Berlyn. Ich dachte mir schon, daß Sie es sind«, sagte ich. »Vor einer Minute habe ich Trinny getroffen, und sie hat gesagt, Sie seien hier irgendwo. Was liegt denn an?«
    Sie schüttelte die Tasche, als wäre es ein ungezogenes Hündchen. »Kommen Sie mir nicht mit diesem Stuß. Waren Sie an meiner Tasche?«
    Ich legte mir eine Hand auf die Brust und sah mich verwirrt um. »Ich war auf der Toilette. Ich habe mich eben erst hingesetzt«, sagte ich.
    »Haha. Sehr witzig.«
    Ich sah ihren Begleiter an. »Ist sie auf Drogen?«
    Er rollte mit den Augen. »Komm schon, Berl, beruhig dich, ja? Sie hat dir nichts getan. Laß die Frau in Ruhe.«
    »Halt’s Maul.« Ihr blondes Haar sah in dem flackernden Licht von oben beinahe weiß aus. Ihre Augen waren schwarz umrandet, und die Wimperntusche machte aus ihren Wimpern zwei winzige Reihen Spikes. Sie fixierte mich mit einem seltsam eindringlichen Blick und plusterte sich auf wie eine Katze, wenn sie Gefahr wittert.
    Ich ließ meinen Blick über ihr Gesicht gleiten und stoppte bei den Diamantreifen, die sachte an ihren Ohren schaukelten. Das freundliche Lächeln behielt ich bei. »Haben Sie vielleicht etwas zu verbergen?«
    Aggressiv beugte sie sich vor, und einen Moment lang dachte ich, sie wollte mich am Kragen meines Pullovers packen. Sie schob ihr Gesicht ganz nah an meines heran, so daß ich ihren Bieratem riechen konnte, was keine so große Bedrohung war. »Was haben Sie gesagt?«
    Ich sprach klar und überdeutlich. »Ich sagte, Sie haben hübsche Ohrringe. Würde mich interessieren, wo Sie die herhaben.«
    Ihr Gesicht versteinerte sich. »Ich brauche nicht mit Ihnen zu sprechen.«
    Ich warf ihrem Begleiter einen Blick zu, um einzuschätzen, wie er das Ganze aufnahm. Er schien nicht im geringsten interessiert. Bereits jetzt war er mir sympathischer als sie. »Was halten Sie von folgendem Vorschlag: Sie erzählen mir, wie Sie zu soviel Geld auf Ihren Sparbüchern gekommen sind.«
    Der bullige Typ sah von mir zu ihr und wieder zurück. Offenbar war er verwirrt. »Sprechen Sie mit mir oder mit ihr?«
    »Eigentlich mit ihr. Ich bin Privatdetektivin und bearbeite einen Auftrag«, erklärte ich. »Ich glaube nicht, daß Sie in die Sache verwickelt werden möchten, Gary. Im Moment ist zwar alles in Ordnung, aber es wird gleich äußerst ungemütlich.«
    Er hielt die Hände hoch. »He, wenn ihr zwei ein Hühnchen miteinander zu rupfen habt, könnt ihr das ohne mich erledigen. Bis dann, Berl. Ich bin weg.«
    Ich sagte »bye-bye« zu ihm und wandte mich dann an Berlyn. »Mein Wagen steht vor der Tür. Möchten Sie reden?«

    Wir setzten uns in meinen Wagen. Auf dem Parkplatz vor Neptune’s Palace schien ebensoviel los zu sein wie drinnen. Zwei Streifenpolizisten hatten eine ernste Unterredung mit einem Jungen, der sich kaum noch aufrecht halten konnte. In der Reihe vor uns klammerte sich zwei Autos weiter ein Mädchen an einen Kotflügel, während sie den Inhalt ihres Magens von sich gab. Die Temperaturen sanken, und der Himmel über uns wirkte glasklar. Berlyn sah mich nicht an.
    »Möchten Sie mit den Ohrringen anfangen?«
    »Nein.« Mürrisch.

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