Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht
wodurch sämtliche Summen auf Null endeten. Sie schrieb den Scheck aus, nahm ihn heraus und gab ihn mir, bevor sie sich Schecknummer und Summe notierte. Dann kritzelte sie ihren Namen unten auf den Vertrag und reichte ihn Mace. Er nahm den Stift und setzte seine Unterschrift dazu, ohne sich die Bedingungen durchzulesen. Allein die Geste strahlte eine Einstellung aus, die an Gleichgültigkeit grenzte. Ich bin schon lange genug im Geschäft, um Schwierigkeiten vorauszuahnen, und beschloß, mich von Janice immer wieder zwischendurch bezahlen zu lassen. Wenn ich eine Gesamtrechnung stellte, würde Mace vermutlich seine Kröten zusammenhalten und die Bezahlung verweigern.
Ich sah auf die Uhr. »Ich muß jetzt gehen«, sagte ich. »Ich habe in einer Viertelstunde einen Termin am anderen Ende der Stadt.« Das war natürlich gelogen, aber diese Leute schlugen mir langsam auf den Magen. »Könnten Sie mich hinausbegleiten?« fragte ich.
Janice erhob sich mit mir. »Aber gern«, sagte sie.
»Nett, Sie kennengelernt zu haben«, murmelte ich beim Gehen Mace zu.
»Ja, ganz meinerseits.«
Weder Berlyn noch Trinny waren zu sehen, als wir auf unserem Weg zur Haustür durchs Wohnzimmer gingen. An der vorderen Veranda angekommen, fragte ich: »Janice, was geht hier vor? Haben Sie ihm von dem Videoband erzählt? Er verhält sich nicht gerade so, als ob er davon wüßte, und Sie haben doch versprochen, es ihm zu sagen.«
»Ja, ich weiß, aber ich bin noch nicht dazu gekommen. Er war schon zur Arbeit gefahren, als ich heute morgen nach Hause gekommen bin. Ich habe erst jetzt Gelegenheit dazu. Ich wollte es nicht vor Berlyn oder Trinny erwähnen...«
»Warum nicht? Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, was sie getrieben hat. Stellen Sie sich nur vor, die beiden wissen etwas Wichtiges. Vielleicht verschweigen sie etwas, weil sie Sie und Ihren Mann schützen wollen.«
»Oh, daran hatte ich gar nicht gedacht. Glauben Sie wirklich?«
»Möglich wäre es«, sagte ich.
»Ich könnte es ihnen schon sagen, aber ich möchte ihr Andenken nicht beschmutzen, wo es doch alles ist, was wir haben.«
»Meine Ermittlungen könnten noch Schlimmeres zutage fördern.«
»O Gott, das will ich nicht hoffen. Wie kommen Sie darauf?«
»Moment mal. Lassen wir das. Ich kann nicht effektiv arbeiten, wenn Sie Spielchen spielen.«
»Ich spiele keine Spielchen«, erwiderte sie indigniert.
»Doch, das tun Sie. Vor allem könnten Sie endlich aufhören, Märchen über Lorna zu erzählen. Der Polizist, mit dem ich gesprochen habe, sagt, Sie hätten gewußt, was sie getrieben hat, weil er es Ihnen selbst erzählt hat.«
»Das hat er nicht!«
»Ich lasse mich nicht auf dieses >er hat, er hat nicht< ein. Ich erzähle Ihnen nur, was er gesagt hat.«
»Tja, er ist ein gemeiner Lügner, und Sie können ihm ruhig erzählen, daß ich das gesagt habe.«
»Ich werde Ihre Stellungnahme weiterleiten. Der Punkt ist allerdings, daß Sie versprochen haben, Mace von dem Video zu erzählen. Sie können von Glück sagen, daß ich den Mund gehalten habe und nicht ins Fettnäpfchen getreten bin. Ich war kurz davor, es zu erwähnen.«
»Das würde mir nichts ausmachen«, sagte sie vorsichtig und verwechselte meine Äußerung offenbar mit einem Angebot.
»Ich kann mir durchaus vorstellen, daß Ihnen das nichts ausmachen würde. Sie denken sich, da er ja ohnehin bereits eine Abneigung gegen mich hat, wäre es auch schon egal. Ich kann mir seine Reaktion lebhaft vorstellen. Nein, danke. Das ist Ihre Aufgabe, und Sie sollten sie lieber schnell erledigen.«
»Ich werde das Thema beim Abendessen anschneiden.«
»Je früher, desto besser. Aber lassen Sie mich bitte nicht weiterhin in der Position, daß ich mehr weiß als er. Er meint sowieso schon, man würde ihn lächerlich machen.«
»Ich habe doch gesagt, daß ich mich darum kümmern werde«, sagte sie. Sie gab sich eisig, aber das scherte mich nicht.
In leicht gereizter Stimmung verabschiedeten wir uns voneinander.
Auf dem Weg durch die Stadt hielt ich bei der Bank und reichte den Scheck ein. Ich war nicht restlos davon überzeugt, daß er gedeckt war, und es wäre im Grunde vernünftig gewesen, abzuwarten, bis das geklärt war, bevor ich den Fall weiterbearbeitete. Eigentlich wollte ich nach Hause fahren. Im Dämmerlicht des Februars sammelte sich der Schatten unter den Bäumen. Ich freute mich auf ein frühes Abendessen und ausreichenden Schlaf. Weil ich gerade in der Gegend war, machte ich einen Umweg über die
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