Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
Traubengeleeverzierung hinterlassen.
    J. D. beugte sich über den Herd und entzündete die Flamme unter seiner Kasserolle. Sein Haar war hellbraun, wurde oben etwas schütter und sah um die Ohren ein wenig struppig aus. Er trug ein Arbeitshemd aus blauem Drillich, ausgebleichte Blue Jeans und staubige Stiefel. Auf der Arbeitsfläche lag ein weißes Päckchen, auf dem der Metzger etwas vermerkt hatte, und daneben ein Häufchen gewürfelte Zwiebeln und Knoblauch. Er goß Olivenöl in die Pfanne. Ich liebe es, Männern beim Kochen zuzusehen.
    »J. D.?« Aus dem vorderen Teil des Hauses drang eine Frauenstimme zu uns herein.
    »Ja?«
    »Wer war das?«
    Er blickte in den Flur hinter mir, und ich drehte mich um, während sie näher kam. »Die Dame ist Privatdetektivin und untersucht Lornas Tod. Das ist meine Frau Leda. Es tut mir leid, aber ich habe Ihren Namen wieder vergessen.« Als das Öl heiß war, gab er die Zwiebeln und den zerdrückten Knoblauch in die Pfanne.
    Ich streckte ihr die Hand entgegen. »Kinsey Millhone. Erfreut, Sie kennenzulernen.«
    Wir schüttelten uns die Hände. Leda war eine außergewöhnliche Erscheinung, eine Kindfrau, die nicht einmal halb so groß und wahrscheinlich halb so alt war wie Burke. Sie konnte kaum älter sein als zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig und wirkte mit ihrer dunklen Koboldfrisur zart und zerbrechlich. Die Finger, die sie mir reichte, waren kalt und ihr Händedruck teilnahmslos.
    Burke sagte: »Vielleicht kennen Sie ja Ledas Vater. Er ist auch Privatdetektiv.«
    »Wirklich? Wie heißt er denn?«
    »Kurt Selkirk. Er ist schon halb im Ruhestand, aber er war jahrelang aktiv. Leda ist seine Jüngste. Er hat noch fünf von ihrer Sorte, einen ganzen Stall voller Mädchen.«
    »Natürlich kenne ich Kurt«, sagte ich. »Wenn Sie ihn das nächste Mal sprechen, grüßen Sie ihn schön von mir.« Kurt Selkirk hatte jahrelang von elektronischen Abhöraktionen gelebt und genoß einen ziemlich schlechten Ruf. Seit der Verabschiedung von Gesetz 90-351 im Juni 1968 wurde »jeder, der absichtlich irgendeine elektronische, mechanische oder anders geartete Apparatur zum Abhören von Gesprächen verwendet, zu verwenden plant oder einen anderen zur Verwendung oder geplanten Verwendung einer solchen verleitet«, mit einer Geldstrafe von nicht mehr als 10 000 Dollar oder Haft nicht über fünf Jahren bestraft. Ich wußte genau, daß Selkirk mit schöner Regelmäßigkeit beide Strafen riskiert hatte. Die meisten Privatdetektive seiner Generation hatten sich in grauer Vorzeit ihren Lebensunterhalt damit verdient, untreuen Ehegatten nachzuspionieren. Nun hatten die neuen Scheidungsgesetze ohne Schuldzuweisung andere Grundlagen geschaffen. Wahrscheinlich war die Entscheidung, in den Ruhestand zu gehen, in seinem Fall die Folge von Prozessen und Drohungen von seiten der Bundesregierung gewesen. Ich war froh, daß er der Branche nicht mehr angehörte, behielt das aber für mich. »Was sind Sie von Beruf?« fragte ich J. D.
    »Elektriker«, sagte er.
    Unterdessen schwebte Leda mit einem zarten Lächeln in einer Wolke von Moschusparfüm an mir vorüber. Jedes Rind in nächster Umgebung wäre für sie entbrannt. Ihr Augen-Make-up war äußerst gekonnt: rauchgrauer Lidschatten, schwarzer Eyeliner und zu anmutigen Bögen zurechtgezupfte Brauen. Ihre Haut war auffallend blaß und ihre Knochen so zart wie die eines Vogels. Sie trug einen langen, weißen Kasack ohne Ärmel mit weitem Ausschnitt, der viel von ihrem knochigen Brustkorb zeigte, und durchscheinende weiße Pumphosen, durch die man ihre dünnen Beine deutlich sehen konnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie nicht fror. Ihre Sandalen gehörten zu der Sorte, die mich mit ihren dünnen Lederriemchen zwischen den Zehen regelmäßig zum Wahnsinn trieb.
    Sie ging auf die verglaste Veranda hinaus, wo sie sich an einem Säugling zu schaffen machte, den sie aus einer Korbwiege nahm. Sie brachte das Kind zum Küchentisch und setzte sich auf die Fensterbank. Dort entblößte sie ihre winzige Brust und legte das Kind so geschickt an wie an eine Art Melkmaschine. Soweit ich mitbekommen hatte, hatte das Kind keinen Laut von sich gegeben, aber vielleicht hatte es ja ein Zeichen gemacht, das nur seine Mutter wahrnehmen konnte. Jack, das Kleinkind, war vermutlich irgendwo auf Achse und benutzte den Inhalt seiner Windeln als Fingerfarben.
    »Ich wollte eigentlich gern Lornas Hütte sehen, aber ich wußte nicht, ob Sie sie momentan vermietet haben.« Mir fiel

Weitere Kostenlose Bücher