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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Mission Run Road. Wenn Lornas ehemaliger Vermieter da war, wollte ich kurz mit ihm sprechen. Wenn nicht, würde ich meine Karte mit der Bitte hinterlassen, sich bei mir zu melden.
    Das Haus war ein zweistöckiges viktorianisches Gebäude: weißes Mauerwerk mit grünen Fensterläden und einer Veranda ringsum. Wie viele solcher Wohnhäuser in Santa Teresa war es vermutlich früher das Haupthaus eines landwirtschaftlichen Anwesens von beträchtlichen Ausmaßen gewesen. Es gab einmal eine Zeit, da es am Stadtrand gelegen hatte und nicht nahe am Zentrum. Ich malte mir aus, wie die Obstplantagen und Felder aufgeteilt wurden und andere Häuser immer näher rückten, während ein Eigner nach dem anderen Geld auf die Bank trug. Was heute noch übrig war, belief sich vermutlich auf weniger als fünfundzwanzigtausend Quadratmeter Grund mit altem Baumbestand und Nebengebäuden.
    Als ich auf das Haus zuging, hörte ich eine männliche und eine weibliche Stimme erbost streiten, verstand jedoch nicht, worüber. Eine Tür knallte. Der Mann schrie noch etwas hinterher, aber ich verstand nicht, was. Ich stieg hölzerne Stufen hinauf, die von abblätternder, grauer Farbe ganz rauh waren. Die Vordertür stand offen, nur die Fliegentür war eingeklinkt. Ich klingelte. Im Flur war Linoleum verlegt, und zur Rechten konnte ich eine Treppe sehen, die zum Obergeschoß führte. Ein Teil des Flurs war mit zwei Scherengittern abgetrennt, eines in der Nähe der Treppe und ein zweites auf halbem Weg zur Küche. Burke mußte entweder einen jungen Hund oder ein Kleinkind haben. Hinten im Haus brannte Licht. Ich klingelte erneut. Ein Mann rief etwas aus der Küche, trat schließlich hervor und kam mit einem Geschirrtuch im Gürtel auf mich zu. Er schaltete das Licht auf der Veranda an und musterte mich.
    »Sind Sie J. D. Burke?« fragte ich.
    »Genau.« Er lächelte zögerlich. Er war Mitte bis Ende Vierzig, hatte ein schmales Gesicht und gute Zähne, obwohl an einem vorn ein Stück abgebrochen war. Auf beiden Seiten seines Mundes zogen sich tiefe Furchen nach unten, und in den Augenwinkeln hatte er einen ganzen Fächer von Falten.
    »Mein Name ist Kinsey Millhone. Ich bin Privatdetektivin. Lorna Keplers Mutter hat mich engagiert, um ihren Tod zu untersuchen. Haben Sie ein paar Minuten Zeit?«
    Er warf einen Blick über die Schulter und zuckte dann mit den Achseln. »Klar, wenn es Ihnen nichts ausmacht, mir beim Kochen zuzusehen.« Er öffnete die Fliegentür und hielt sie mir auf. »Die Küche ist dort hinten. Passen Sie auf, wo Sie hintreten«, sagte er. Er wich einer Ansammlung von Plastikklötzen aus und ging den Flur entlang. »Meine Frau findet, Laufställe seien zu einengend für Kinder, und deshalb läßt sie Jack hier spielen, wo er alles beobachten kann, was vor sich geht.« Ich sah, daß Jack Erdnußbutter auf sämtliche Sprossen des Treppengeländers geschmiert hatte, die in seiner Reichweite waren.
    Ich folgte J. D. einen zugigen Flur entlang, der durch die Mahagonitäfelung und die vom Alter dunkel gewordene Tapete noch düsterer wirkte. Ich fragte mich, ob Restaurateure die Oberfläche wieder aufhellen könnten, wenn sie den ganzen Ruß entfernten, und ob sie all die Farben wie bei einem alten Meister wieder wie früher zum Leuchten bringen könnten. Andererseits — wie farbenprächtig konnten blaßbraune Rosenranken schon werden?
    Die Küche entpuppte sich als der deprimierende Versuch, einen Raum zu »modernisieren«, der ursprünglich wohl ein Abstellraum gewesen war. Die Arbeitsflächen waren mit Linoleum bedeckt und mit einem Metallband eingefaßt, vor dem sich ein dunkelbrauner Schmutzstreifen gebildet hatte. Die hölzernen Wandschränke waren dick mit limonengrüner Farbe gestrichen. Herd und Kühlschrank schienen neu zu sein, überdimensionierte, weiße Geräte, die in den Raum ragten. Einen Eichentisch mit zwei Stühlen hatte man in eine Nische gezwängt, in der unter den Erkerfenstern, die auf einen unordentlichen Hof hinausgingen, in die Wand eingelassene Bänke verliefen. Wenigstens war es hier wärmer als im Flur.
    »Setzen Sie sich.«
    »Danke, nicht nötig. Ich kann sowieso nicht lange bleiben«, sagte ich. Ehrlich gesagt widerstrebte es mir, mich auf einen Stuhl zu setzen, der mit klebrigen Fingerabdrücken übersät war. Ein kleiner Mensch, aller Wahrscheinlichkeit nach Jack, hatte in der Küche eine Runde gedreht und bis zur Hintertür, die auf eine kleine verglaste Veranda hinausging, auf Sitzhöhe eine

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