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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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die Art Mann, dessen Äußeres mich störrisch und unzugänglich macht. Mein zweiter Mann war schön gewesen, und unsere Beziehung hatte äußerst niederschmetternd geendet... zumindest aus meiner Sicht. Daniel schien der Meinung gewesen zu sein, alles sei ganz wunderbar, herzlichen Dank. Mittlerweile neige ich dazu, mich von bestimmten Männertypen fernzuhalten. Mir gefallen Gesichter, die der Reifeprozeß weicher gemacht hat. Irgendwie finde ich ein paar schlaffe Stellen und Tränensäcke ganz beruhigend. Bonney sah mich und blieb höflich an Melindas Tisch stehen, um unser Gespräch nicht zu unterbrechen.
    Sie zeigte ihm meine Karte. »Sie möchte Sie gern sprechen. Es geht um Lorna Kepler.«
    Rasch sah er zu mir her. Mit den braunen Augen hatte ich nicht gerechnet. Bei seinem silbergrauen Haar hätte ich auf blau getippt.
    »Ich kann gerne einen Termin für später ausmachen, wenn es Ihnen jetzt ungelegen kommt.«
    Er sah auf die Uhr. »Ich erwarte in fünfzehn Minuten die Jahresinspektion der Gesundheitsbehörde, aber Sie können gerne mitkommen, während ich die Anlage abgehe. Es sollte nicht lange dauern. Ich möchte mich gern davon überzeugen, daß alles in Ordnung ist, bevor sie kommen.«
    »Das wäre wunderbar.«
    Ich folgte ihm nach links einen kurzen Korridor entlang und wartete, während er in sein Büro ging und den Umschlag auf den Schreibtisch warf. Er trug ein hellblaues Sporthemd mit offenem Kragen und schiefsitzender Krawatte, stonewashed Blue Jeans und schwere Arbeitsstiefel. Mit Helm und Klemmbrett versehen, hätte man ihn auf eine Baustelle plazieren und mit dem Ingenieur verwechseln können. Er war knapp 1,80 groß und hatte sich das stattliche Aussehen eines Mannes Mitte Fünfzig angeeignet. Er war ganz und gar nicht dick, hatte aber breite Schultern und einen massigen Brustkorb. Ich vermutete, daß er inzwischen sein Gewicht durch regelmäßiges Training kontrollierte, vermutlich Tennis und Golf und dazwischen gelegentlich ein schnelles Squash-Match. Er besaß nicht die drahtigen Muskeln eines Langstreckenläufers, und irgendwie schätzte ich ihn so ein, daß er gern seine Kräfte mit anderen maß, während er sich in Form hielt. Ich stellte ihn mir vor, wie er Football spielte, was in zehn Jahren seinen Gelenken zu schaffen machen würde.
    Beim Weitergehen folgte ich ihm dichtauf. »Danke, daß Sie so kurzfristig bereit sind, mit mir zu sprechen.«
    »Das ist kein Problem«, sagte er. »Haben Sie schon einmal eine Führung durch die Wasseraufbereitungsanlage mitgemacht?«
    »Ich wußte nicht einmal, daß es sie gibt.«
    »Wir klären die Öffentlichkeit gerne auf.«
    »Wohl für den Fall, daß die Preise wieder steigen.«
    Er lächelte gutmütig, und wir drängten uns durch eine schwere Tür. »Wollen Sie den Sermon hören oder nicht?«
    »Unbedingt.«
    »Das dachte ich mir«, sagte er. »Das Wasser aus dem Staubecken auf der anderen Straßenseite fließt durch das Einlaufwerk, das unterhalb der Empfangshalle verläuft. Vielleicht wäre es Ihnen aufgefallen, wenn Sie gewußt hätten, auf was Sie horchen müssen. Fischzäune und Müllrechen verringern das Eindringen von Fremdkörpern bis auf ein Minimum. Das Wasser kommt hier durch. Der große Kanal verläuft unter diesem Teil des Gebäudes. Wir werden in den nächsten Tagen wegen einer Wartungsinspektion vorübergehend schließen.«
    Dort, wo wir entlanggingen, vollzog eine Reihe von Pegeln und Meßuhren den Weg des Wassers nach, das mit leisem Rauschen durch die Anlage floß. Die Fußböden waren aus Beton, und die in einem verwirrenden Netz über die Wand verlaufenden Rohre waren rosa, dunkelgrün, braun und blau gestrichen, und auf ihnen zeigten Pfeile in vier Richtungen. Ein Fußbodenelement war entfernt worden, und Bonney wies wortlos nach unten. Ich spähte in das Loch. Gut einen Meter weiter unten konnte ich schwarzes Wasser sehen, das sich blind durch den Kanal bewegte wie ein Maulwurf. Die Haare auf meinen Armen schienen sich als Reaktion darauf zu sträuben. Es ließ sich unmöglich sagen, wie tief es war oder was wohl in seinem Innersten wallte. Ich trat einen Schritt von dem Loch zurück und malte mir ein langes, mit Saugnäpfen bewehrtes Tentakel vor, das ausholte, um meinen Fuß zu umschlingen und mich hinabzureißen. Ich bin schrecklich leicht beeinflußbar. Hinter uns fiel mit metallischem Klirren eine Tür ins Schloß, und ich mußte mit aller Kraft einen Schrei unterdrücken. Bonney schien nichts zu bemerken.
    »Wann haben

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