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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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es für ein Beweismittel gehalten hätte. Außerdem — wenn es Lornas Geld war, würde es zu ihrem Nachlaß gehören, und wir müßten es versteuern. Ich betrüge den Staat nicht, nicht um einen Cent. Das habe ich auch ihr beigebracht. Mit dem Finanzamt treibt man keine Faxen.«
    »Könnte sie es versteckt haben?« fragte ich.
    »Warum sollte sie das tun?«
    »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht hat sie das Sparkonto aufgelöst und dann das Geld irgendwo verstaut, bis sie es brauchte.«
    »Glauben Sie, daß es jemand gestohlen hat?«
    »Ich weiß nicht einmal, ob das Geld überhaupt vorhanden war. Es sieht danach aus, aber ich bin nicht sicher. Möglich ist auch, daß es ihr Vermieter genommen hat. Auf jeden Fall ist es eine Angelegenheit, die ich klären muß.«
    »Also, ich habe es jedenfalls nicht gesehen.«
    »War sie sicherheitsbewußt? Ich habe nicht viele Schlösser und Riegel an ihrer Hütte gesehen.«
    »Ach, da war sie furchtbar. Die Hälfte der Zeit ließ sie die Tür halb offen stehen. Ich habe sogar oft gedacht, daß jemand hätte hineingehen können, wenn sie beim Joggen war, und deshalb fanden sich auch keinerlei Anzeichen für ein gewaltsames Eindringen. Die Polizisten waren der gleichen Ansicht, weil sie mich das mehrmals gefragt haben.«
    »Hat sie jemals einen Safe im Haus erwähnt?«
    Ihre Stimme klang skeptisch. »Oh, ich glaube nicht, daß sie einen Safe hatte. Das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich. In dieser windigen, kleinen Hütte? Das wäre doch sinnlos. Sie glaubte an Banken. Überall hatte sie Konten.«
    »Was war mit ihrem Schmuck? Wo hat sie den aufbewahrt? Hatte sie einen Banksafe?«
    »Nichts dergleichen. Sie hatte eine einfache, alte Schmuckschatulle, die sie in ihrer Kommode aufbewahrte, aber wir haben nichts Teures gefunden. Nur Modeschmuck.«
    »Aber sie muß ein paar schöne Stücke besessen haben, wenn sie schon die Mühe und die Kosten auf sich genommen hat, sie zu versichern. Sie hat ihren Schmuck sogar im Testament extra erwähnt.«
    »Ich kann Ihnen gerne zeigen, was wir gefunden haben, dann können Sie es selbst sehen«, sagte Janice.
    »Wie steht es mit diesen Sicherheitsvorrichtungen für zu Hause, in denen die Leute ihre Wertsachen verwahren — Sie wissen schon, falsche Steine oder Pepsidosen oder falsche Salatköpfe im Gemüsefach? Hatte sie so etwas?«
    »Das bezweifle ich. Die Polizei hat meines Wissens im Haus nichts dergleichen gefunden. Ob draußen etwas war, weiß ich nicht. Sie haben jedenfalls den Garten um die Hütte herum abgesucht. Wenn sie so etwas besaß, hätten sie es doch gefunden, oder?«
    »Da haben Sie wahrscheinlich recht, aber vielleicht gehe ich morgen noch einmal vorbei und sehe mich um. Sieht zwar nach Zeitverschwendung aus, aber ich mag keine offenen Fragen. Außerdem fällt mir ohnehin nichts Besseres ein.«
    Ich ging nach Hause und ins Bett und sank in einen unruhigen Schlaf, da mich das Bewußtsein plagte, daß ich noch etwas zu erledigen hatte. Während mein Körper auf die völlige Erschöpfung zuwankte, feuerten meine Gehirnsynapsen aufs Geratewohl los. Ideen stiegen wie Raketen empor und explodierten mitten in der Luft, ein Feuerwerk an Eindrücken. Durch eine merkwürdige Verwandlung wurde ich in die düsteren Nachtstunden gezogen, die Lorna Keplers Leben bestimmt hatten. Die nächtlichen Gefilde und die Dunkelheit wirkten auf mich exotisch und vertraut zugleich, und ich spürte, wie ich empfänglich für ihre Angebote wurde. In der Zwischenzeit arbeitete mein System jenseits der Belastungsgrenze, und ich schloß mich eher kurz, als daß ich schlief.
    Um fünf vor halb sechs abends, als ich endlich die Augen aufschlug, fühlte ich mich derart am Bett festgewachsen, daß ich mich kaum rühren konnte. Ich schloß die Augen erneut und fragte mich, ob ich im Schlaf drei Zentner Übergewicht angesetzt hatte. Ich untersuchte meine Gliedmaßen, konnte aber keine Anzeichen für eine plötzliche massive Gewichtszunahme entdecken. Wimmernd rollte ich mich aus dem Bett, riß mich, nachdem ich nur die allernötigsten Verrichtungen hinter mich gebracht hatte, zusammen und verließ das Haus. Beim ersten Schnellimbiß, an dem ich vorbeikam, holte ich mir einen überdimensionalen Behälter heißen Kaffee und nuckelte daran wie ein Baby, wobei ich mir gründlich die Lippen verbrannte.
    Gegen sechs, als die normalen Leute von der Arbeit nach Hause gingen, rumpelte ich die schmale, ungepflasterte Gasse hinunter, die zu Lornas Hütte führte. Ich war mit

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