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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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meine Privatnummer in Santa Teresa sowie die Nummer des Motels darauf.
    Alice lächelte. »Cecilia Boden. An der kann man sich die Zähne ausbeißen. Wenn Ihnen das Motel zu sehr an die Nieren geht, können Sie jederzeit zu mir ziehen. Ich habe massenhaft Platz.« Ich erwiderte ihr Lächeln. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Ich ging in die Nachtluft hinaus. Die Temperatur war gefallen, und ich konnte meinen Atem sehen. Nach den Rauchwolken in der Bar fragte ich mich allerdings, ob ich lediglich den gespeicherten Qualm wieder ausstieß. Der Parkplatz war nur halb voll und die Beleuchtung gerade düster genug, um Unbehagen hervorzurufen. Ich blickte mich kurz um. Es war niemand zu sehen; allerdings hätten die Kiefern im Umkreis des Platzes auch jeden verborgen. Ich nahm die Autoschlüssel in die rechte Hand und hängte mir die Handtasche über die linke Schulter, während ich zu meinem Mietwagen ging und ihn aufschloß.
    Ich ließ mich hinters Lenkrad gleiten, schlug die Tür zu und versperrte sie, so schnell ich konnte. Voller Befriedigung lauschte ich, wie die Schlösser einrasteten. Die Windschutzscheibe war milchig beschlagen, und ich wischte mir mit der nackten Hand einen Fleck frei. Als ich den Zündschlüssel im Schloß umdrehte, schreckte mich das dumpfe Mahlen auf, das eine zu schwache Ladung der Batterie anzeigte. Nach einer Reihe von Fehlzündungen starb er wieder ab. Ich saß da und ließ vor meinem geistigen Auge einen Film ablaufen, in dem ich gezwungenermaßen wieder zum Lokal zurückging, Hilfe holte und schließlich nach weiß Gott was für Unannehmlichkeiten zu einer absurden Uhrzeit ins Bett kroch.
    Auf einmal sah ich auf dem Weg hinter mir Scheinwerfer aufleuchten und blickte mich im Rückspiegel danach um. Ein dunkler Lieferwagen fuhr langsam vorüber. Der Fahrer, der eine schwarze Kapuzenmütze trug, drehte sich zur Seite und starrte mich an. Die Augenlöcher in der Strickmütze waren weiß eingefaßt, während die Mundöffnung einen breiten roten Rand hatte. Der Blick des Fahrers verschmolz mit meinem, und beide trafen sich im rechteckigen Bildausschnitt des Rückspiegels. Ich spürte, wie ich eine Gänsehaut bekam und meine Poren sich vor Angst zusammenzogen. M ännlich, dachte ich. Weiß, dachte ich. Aber ich hätte mich auch in beiden Punkten täuschen können.

9
    Ich hörte den Kies knirschen, ein dumpfes Knallen wie Schüsse aus der Ferne. Der Lieferwagen fuhr langsamer und kam schließlich zum Stehen. Der Leerlauf des Motors durchdrang die nächtliche Stille. Ich merkte, wie ich den Atem anhielt. Ich wußte nicht, was ich tun würde, wenn der Fahrer ausstiege und auf mein Auto zukäme. Nach endlosen dreißig Sekunden fuhr der andere Wagen weiter, während ich ihm im Rückspiegel nachsah. Er trug keine Aufschrift auf den Seiten, woraus ich schloß, dass er nicht geschäftlich genutzt wurde. Ich wandte den Kopf zur Seite und beobachtete, wie der Lieferwagen am Ende der Durchfahrt ankam und nach links abbog. Es war unangenehm, das Objekt einer so penetranten Musterung zu sein. Ich versuchte erneut, mein Auto anzulassen. »Na los«, sagte ich. Der Motor machte eher einen noch matteren Eindruck. Mittlerweile fuhr der Lieferwagen den Weg vor mir von rechts nach links entlang, so dass wir durch die frontal zu meinem Wagen geparkten Autos getrennt waren. Ich sah, wie sich der Fahrer vorbeugte, das maskierte Gesicht jetzt in meine Richtung gedreht. Es war diese Ausdruckslosigkeit, die mich aus der Ruhe brachte, diese formlose Kopfbedeckung, die sämtliche Gesichtszüge auslöschte, außer Augen und Mund, welche in frappierendem Kontrast hervortraten. Terroristen und Bankräuber trugen solche Mützen, nicht normale Bürger, die Angst vor Erfrierungen haben. Der Lieferwagen blieb stehen. Die schwarze Kapuzenmütze war mir jetzt zugewandt, und ein anhaltender Blick fixierte mich eindringlich. Ich konnte sehen, dass die Öffnungen für Augen und Nase durch große Stiche mit weißem Faden verengt worden waren, ohne dass man versucht hätte, diese Änderung zu verbergen. Der Fahrer streckte seine be handschuhte rechte Hand aus und zielte mit dem Zeigefinger auf mich wie mit einem Pistolenlauf. Zwei imaginäre Kugeln wurden auf mich abgefeuert, einschließlich Rückstoß. Ich zeigte ihm im Gegenzug den Vogel. Dieser kurze Austausch von Gesten war seinerseits von Aggression und meinerseits von Verachtung geprägt. Der andere Fahrer schien zu erstarren, und ich fragte mich, ob ich meine schnippische

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