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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hatte, aber er schien meinen Bericht zu akzeptieren, ohne meine Panik als dumm oder unbegründet abzutun. Meiner Schätzung nach war er Mitte Zwanzig, und ich vermutete, dass ich schon mehr handgreifliche Auseinandersetzungen mit angesehen hatte als er. Trotzdem war er ein uniformierter Beamter, und sein Anblick wirkte beruhigend. Er war ernst und höflich und besaß ein offenes, faltenloses Gesicht und die gesamte Unschuld der Jugend.
    »Tja, ich kann verstehen, was Sie beunruhigt. Mir kommt es auch unheimlich vor«, sagte er. »Vielleicht war es ein Typ, der in der Bar gesessen ist.
    Manchmal werden die Männer hier ein bißchen seltsam, wenn sie trinken. Klingt, als hätte er Sie abgepaßt, als Sie auf den Parkplatz herauskamen.«
    »Das habe ich mir auch gedacht.«
    »Ihnen ist niemand aufgefallen, der Sie im Tiny's angestarrt hätte?«
    »Überhaupt nicht«, antwortete ich.
    »Also, wahrscheinlich hatte er nichts Böses im Sinn, auch wenn er Sie ziemlich erschreckt hat.«
    »Was ist mit dem Lieferwagen? In einem so kleinen Ort kann es ja nicht besonders viele schwarze Lieferwagen geben.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen, weil ich die Landstraße südlich der Stadt abgefahren bin. Ich kam gerade an der Kreuzung vorbei, als ich Ihre Scheinwerfer entdeckt und gewendet habe. Ich dachte, Sie hätten vielleicht Probleme mit dem Auto, war mir aber nicht sicher.« Er neigte den Kopf in Richtung des Polizeireviers. »Da ist nachts geschlossen. Soll ich Sie nach Hause begleiten? Wäre mir ein Vergnügen.«
    »Bitte«, sagte ich.
    Er eskortierte mich die ganzen neun Kilometer zum Motel, wobei er vor mir herfuhr, damit ich seinen Streifenwagen im Blick behalten konnte. Der Lieferwagen war nirgends zu sehen. Bei Nota Lake Cabins angekommen, parkten wir nebeneinander, und er brachte mich zu meiner Hütte und wartete, während ich die Tür aufschloß und das Licht einschaltete. Ich wollte gerade die Räume durchsuchen, aber er streckte den Arm aus wie der Anführer der Sicherheitstruppe in der Grundschule. »Lassen Sie mich das machen.«
    »Aber sicher. Kommen Sie nur herein.«
    Ich mache bei so etwas kein großes Theater. Ich bin eine starke, unabhängige Frau, keine Idiotin. Ich weiß, wann es angebracht ist, eine Aufgabe einem Polizisten zu überlassen, jemandem mit einer Pistole, einem Gummiknüppel, Handschellen und einem festen Gehalt. Er sah sich zunächst oberflächlich um, während ich dicht hinter ihm blieb und mir mit meinen etwas weichen Knien wie eine Figur aus einem Comic vorkam. Wäre eine Maus herausgesprungen, hätte ich gekreischt wie eine dumme Gans. Er sah in den Wandschrank und hinter die Badezimmertür. Er zog den Duschvorhang beiseite, ließ sich auf alle viere herab und spähte unters Bett.
    Die Räumlichkeiten schienen ihn ebensowenig zu beeindrucken wie mich.
    »Bin noch nie in so einer Hütte drin gewesen. Ich glaube, ich würde im Zweifelsfall auch dankend ablehnen. Hält Mrs. Boden nichts von Wärme?«
    »Wohl nicht.«
    Er stand wieder auf und wischte sich den Staub von den Knien. »Wieviel Geld bekommt sie denn für diese Bude hier?« »Dreißig Dollar die Nacht.«
     »So viel?« Erstaunt schüttelte er den Kopf. Dann vergewisserte er sich, dass die Fenster fest geschlossen waren. Während ich in der Hütte wartete, machte er einen Rundgang außen herum und leuchtete mit seiner Taschenlampe in die Finsternis. Dann kam er wieder an die Tür. »Scheint mir alles in Ordnung zu sein.«
    »Hoffen wir's.«
    Er ließ seinen Blick auf meinem Gesicht ruhen. »Ich kann Sie auch woanders hinbringen, wenn Ihnen das lieber ist. Wir haben Motels mitten im Ort, wo Sie sich vielleicht sicherer fühlen würden. Wärmer hätten Sie es dort auch.« Ich dachte kurz darüber nach. Ich war aufgedreht und erschöpft zugleich. Um diese Uhrzeit umzuziehen wäre absolut nervig. »Ist schon gut«, erwiderte ich.
    »Ich habe den Lieferwagen auf dem Weg hierher nicht gesehen. Vielleicht war es nur ein dummer Scherz.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen. Die Welt ist voller Spinner. Nehmen Sie so etwas nicht auf die leichte Schulter. Vielleicht sprechen Sie ja morgen mit der Polizei und lassen einen Bericht aufnehmen. Kann nichts schaden, sich abzusichern, für den Fall, dass noch etwas passiert.«
    »Gute Idee. Das mache ich.«
    »Haben Sie eine Taschenlampe? Nehmen Sie doch über Nacht meine und bringen Sie sie mir morgen früh wieder. Ich habe noch eine zweite im Wagen. Sie fühlen sich besser, wenn Sie eine Waffe

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