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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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da ist auch eine Menge seines Geldes geblieben. Warum die Kreditkartenfirmen ihm immer wieder ihre Plastikkarten geschickt haben, ist mir ein Rätsel. Er mußte zweimal den Offenbarungseid leisten. Na, vielleicht hatte er Freunde. Hatte er eigentlich immer. Wie gesagt, er war ein reizender Mensch. Wissen Sie, geil, aber nett.«
    »Muß ein sympathischer Mann gewesen sein«, murmelte ich und hoffte, Gott würde mich nicht auf der Stelle tot umfallen lassen. »Tja, war er auch. Er war nicht streitsüchtig, und man konnte gut mit ihm auskommen. Er ist nie in Kneipenschlägereien geraten oder hat jemanden beleidigt. Er war nichts als ein großer, dummer Junge mit einem Steifen«, sagte sie mit bebender Stimme. »Anscheinend wird man heutzutage nicht mehr aus einem bestimmten Grund ermordet. Es passiert einfach. Alfie war ein Trottel, und er hat nicht immer besonders klug gehandelt. Womöglich hat ihn jemand aus Jux und Tollerei umgebracht.«
    Ich fuhr nach Santa Teresa zurück und versuchte, nicht allzu intensiv über die Informationen nachzudenken, die ich erhalten hatte. Ich ließ meine Gedanken einfach fließen, ohne zu versuchen, sie zu ordnen oder zu verarbeiten.
    Langsam tastete ich mich an etwas heran. Ich wußte nur nicht, was es war. Eines schien sicher: Tom Newquist war auf derselben Spur gewesen, und vielleicht hatte ihn das, was er herausgefunden hatte, in unsägliche Bedrängnis gestürzt. Kurz nach drei Uhr kam ich an meiner Wohnung an. Der Regen hatte sich fürs erste gelegt, doch der Himmel war mit dunklen Wolken bedeckt, und die Straßen waren immer noch naß. Ich wich den Pfützen aus, meinen zusammengeklappten Schirm unterm Arm, und schritt mit einem Gefühl der Erleichterung darüber, wieder zu Hause zu sein, durch das Tor. Ich schloß meine Tür auf und schaltete das Licht ein. Mittlerweile hatte meine Hand leicht zu schmerzen begonnen, und ich hatte es satt, mich mit der Schiene herumzuschlagen. Ich schüttelte die Jacke ab, holte mir in der Küche ein Glas Wasser und nahm ein Schmerzmittel. Dann setzte ich mich auf einen Hocker und nahm den Gazeverband von den Fingern. Ich warf die Schiene beiseite, ließ aber das Pflaster an Ort und Stelle. Die Geste war zwar rein symbolisch, aber dennoch heiterte sie mich auf.
    Ich sah nach dem Anrufbeantworter, der eine Nachricht aufwies. Ich drückte die Taste und hörte Toms Kontaktperson aus dem Sheriffbüro, die mir einen Satz hinterlassen hatte. »Hier ist Colleen Seilers, ich bin bis fünf Uhr zu Hause, falls Sie noch interessiert sind.«
    Ich wählte ihre Nummer. Schnell nahm sie ab, fast als hätte sie auf den Anruf gewartet. Ihr »Hallo« war vorsichtig. Ohne jeden Beiklang von Wärme oder Freundlichkeit. »Hier ist Kinsey Millhone. Sie haben bei mir angerufen«, sagte ich. »Spreche ich mit Colleen?«
    »Ja. Sie haben mir auf Band gesprochen, dass Sie mich wegen Tom Newquist etwas fragen wollten.«
    »Genau. Danke, dass Sie sich gemeldet haben. Ehrlich gesagt, ist es ein bißchen heikel. Ich nehme an, Sie haben gehört, dass er verstorben ist.« Ich hasse das Wort »verstorben«, wenn man in Wirklichkeit »tot« meint, aber ich hielt etwas Zartgefühl für angebracht.
    »Ich hab's gehört.«
    Weiter verriet sie mir nichts, also war ich gezwungen, weiterzubaggern. »Also, weshalb ich Sie anrufe... Ich bin Privatdetektivin hier am Ort...«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Ich habe es überprüft.«
    »Aha, gut. Das erspart mir lange Vorreden. Jedenfalls bin ich aus Gründen, die zu kompliziert zu erklären sind, von seiner Witwe engagiert worden, um herauszufinden, was sich in den letzten zwei Monaten seines Lebens abgespielt hat.«
    »Warum?«
    »Warum?«
    »Warum ist es zu kompliziert zu erklären?«
    »Wäre es irgendwie möglich, das unter vier Augen zu besprechen?« fragte ich.
    Ihre Antwort ließ eine Weile auf sich warten, während deren ich ein Einatmen hörte. Ich vermutete, dass sie rauchte. »Wir könnten uns irgendwo treffen«, sagte sie.
    »Das wäre gut. Wohnen Sie in Perdido? Ich kann gerne rüberfahren, wenn Sie möchten, oder...«
    »Ich wohne in Santa Teresa, gar nicht mal weit von Ihnen.«
    »Wunderbar. Noch besser. Sagen Sie mir einfach, wann und wo.«
    Wieder trat eine Pause ein, während sie nachdachte. »Wie war's mit dem Spielplatz gegenüber von Emile's in fünf Minuten?« »Dann bis gleich«, sagte ich, doch sie hatte schon aufgelegt. Ich sah sie schon aus der Ferne, wie sie in einem gelben Regenmantel mit übergezogener Kapuze auf

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